Bekanntermaßen bin ich ja ein großer Fan von Indie-Künstlern. Als ich dann den wundervoll gezeichneten Comic "München 1945: Die Befreier", Auftakt einer ganzen Weltkriegs-Lovestory-Reihe, in die Hände bekam und für gut befand, wuchs in mir der Wunsch mehr über die Künstlerin zu erfahren. Tja, so schnell werden Wünsche wahr, jetzt hab ich sie hier zum Indie-Interview :-D Hallo Sabrina. Stell Dich zum Anfang doch bitte mal den Lesern vor.
"Servus! Ich heiße Sabrina aber die meisten nennen mich Sabu :-) Ich wohne und arbeite in München. Neben meinem Hobby Zeichnen, interessiere ich mich ebenso für Japan!  Für ca. 8 Jahre habe ich an der VHS japanisch gelernt und versuche nun privat auch dran zu bleiben. Wenn ich nicht gerade male, besuche ich unglaublich gerne Coffe Shops! Hauptberuflich arbeite ich als Service-­Technikerin bei der Deutschen Rentenversicherung."
Wie kamst Du zum Zeichnen und wie zu dem Künstlernamen Iru?
"Dieser stammt noch aus den alten "Sailor Moon"-Zeiten. Damals haben ich und eine Freundin intensiv an eigenen Charakteren zu der Serie gearbeitet und unzählige Doujis dazu fabriziert, hihi. Mein Charakter hieß Iruka. Daher hatte sich dann schnell mein Künstlername gefunden :) Wobei im Nachhinein gesehen "Sabu" vielleicht die bessere Wahl gewesen wäre, um Verwechslung mit einem Charakter aus "Naruto" zu vermeiden :D "
 Was hat Deinen Zeichenstil beeinflusst? Hast Du Vorbilder?
"Am Anfang habe ich mich doch sehr an vielen Shojo Mangas orientiert. Vor allem Naoko Takeuchi und Yuu Watase waren sehr große Vorbilder! Dann hatten sich aber meine Interessen an Genres doch etwas erweitert und ich entdeckte Takehiko Inoue ("Slam Dunk" / "Vagabond"). Ich fand diesen skizzenhaft­ realen Stil einfach Hammer. Und ich wusste, dass ich irgendwann auch mal so ein Niveau erreichen wollen würde (still trying..!). Mit den Jahren entdeckte ich ebenso den amerikanischen Comic-Markt für mich (dank Empfehlungen von Freunden!). Hier haben mich vor allem die Sachen von Adam Hughes und Sean Gordon Murphy begeistert!"
Bei "München 1945", über das wir gleich reden, warst auch Autorin. Hast Du in diese Richtung auch vorher schon Erfahrung sammeln können oder ist dies Dein Autoren­Erstling?
"Bis dato war ich bei meinen anderen Web-­Comics ebenso Autorin. Man sammelt über die Jahre doch einiges an Erfahrungen und findet mal heraus, wie man für sich Stories am besten anpackt :) "
Bevor wir zu Deinem aktuellen Projekt "München 1945" kommen, gib doch bitte mal einen Überblick über Deine bisherigen Werke.
"Das wohl bekannteste Werk vor "München 1945" ist "What's your weakness". Ein kleines BoysLove Spin­Off zu meinem Webcomic "When Worlds Collide". "What's your weakness" erschien beim Fireangels Verlag. Die Story war nicht sehr ausgereift und es ging da eher um die Beziehung zweier Rivalen, die sich doch ähnlicher waren als die zugeben wollten. Hier gings mir vor allem um Beziehungsdrama :D "When Worlds Collide" ist sozusagen mein Comic­-Baby. Die Geschichte spielt in New York und soll mal Thriller mit Mystery vereinen. Eine kleine große Cop Story gekoppelt mit dem Thema "Indigo-Kinder". Wobei es mehr um das Thema von Indigo-Personen an sich geht :)! Aber über die Jahre haben sich meine Ideen und vor allem die Charaktere doch sehr gewandelt, deshalb möchte ich unbedingt nochmal von vorne anfangen. Zwar kann man schon eine handvoll Seiten auf Animexx lesen, jedoch merkt man, dass ich irgendwie den roten Faden sehr verloren habe. Aber durch "München 1945" habe ich hoffentlich nun noch mehr Übung bekommen!"
Kommen wir zu "München 1945", Deiner neuen Comic­Reihe. Magst Du diese kurz vorstellen?
"Die Geschichte beginnt mit dem Einmarsch der Amerikaner in München am 30. April 1945. Daniel Stevens, welcher als Sanitäter bei den amerikanischen Soldaten dient, trifft hier auf die Müncherin Konstanze. Man merkt bald, das der junge G.I doch sehr von ihr angetan ist. Zunächst ist Konstanze noch etwas argwöhnisch aber dies legt sich, als ihr Cousin Roman aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrt und sie dadurch auch mehr Kontakt zu Daniel aufbaut. Die beiden erleben die Nachkriegszeit in München mit allen Höhen und Tiefen."
Mit einer Weltkriegs-­Lovestory wird ja ein eher ungewöhnliches Thema behandelt. Wie kamst Du zu diesem Szenario? Und kam erst der Gedanke, eine Liebesgeschichte schreiben zu wollen oder erst der historische Hintergrund der letzten Tage des 2. Weltkrieges?
"Begonnen hat eigentlich alles mit der Idee, eine Liebesgeschichte zu basteln. Ich hatte mich nie so ganz herangetraut weil es nicht zu kitschig werden sollte (wobei ich kitsch ja liebe...). Also wollte ich ein interessantes Setting haben, welches vielleicht eine breite Leserschaft anspricht. Aber dennoch wollte ich meine Romance-Gedanken ausleben... Also hatte ich zunächst ein Setting ala "Downton Abbey" im Kopf. Jedoch kam ich schnell auf keinen grünen Zweig. Durch eine Freundin wurde ich auf die HBO Mini Serie "Band of Brothers" aufmerksam. In der Schule habe ich das Thema des 2. Weltkriegs gescheut wie der Teufel was Weihwasser. Aber diese Serie erweckte mein Interesse. Eine Folge beinhaltete die Annäherung eines amerikanischen Sanis mit einer französischen Krankenschwester. Ich fand die Idee einer Liebesgeschichte in Kriegszeiten auf einmal gar nicht so schlecht. Also begann ich zu recherchieren und das ganze Setting nach München Ende des 2. Weltkriegs zu legen. Ich habe so viele Bücher und Dokus zu dem Thema verschlungen wodurch die interessantesten Szenen im Kopf entstanden. Und wenn man sich auf Szenen regelrecht freut, weil die Charaktere mit verschiedensten Dingen konfrontiert werden, weis man, dass man sich das richtige Setting ausgesucht hat!"
Hast Du viel Wert auf historische Authentizität gelegt? Und im gleichen Atemzug die Folgefrage: Wie viel künstlerische Freiheit hast Du Dir selber zugestanden?
"Zu anfangs war ich noch recht blauäugig und dachte mir "ach, so bisschen Fakten sind kein Thema". Jedoch wurde die ganze Sache komplexer je mehr ich recherchierte. Ich fühlte mich angespornt es so authentisch wie möglich zumachen, da die Suche nach Infos auch unglaublich viel Spaß machte. Und wenn man schon Bücher verschlingt und sich Wissen aneignet, will man das auch in die Geschichte mit einbinden :) Aber 100% Richtigkeit werde ich nicht erreichen, da ich für viele Szenen etwas rumbasteln muss, damit es passt. Zum Beispiel male ich sehr ungern die Helme der Soldaten und lasse sie daher manchmal weg. In Kriegszeiten hätte dies wohl schnell zu gefährlichen Situationen geführt (vor allem in den Rückblenden). Ich möchte nun nicht ganz in eine Geschichtsstunde abdriften was die Story angeht, daher habe ich mir doch einiges an Freiheiten zugestanden. Normalerweise würde Daniel schon mit Ärger rechnen müssen, weil er einen sehr intensiven Kontakt zu Konstanze aufbaut. Die Fraternisierung war vom Militär eigentlich streng verboten aber es gab natürlich dennoch Annäherungen beider Parteien :) Und damit bestimmte Szenen einfach harmonischer werden, drifte ich schon mal gern von Fakten ab :-D !"
"München 1945" ist ja ein Mehrteiler. Weißt Du schon, wie viele Bände es geben wird? Und hast Du einen festgelegten Handlungsbogen oder entwickelt sich die Geschichte weiter, während Du an ihr arbeitest?
"Im Moment können es gut 5 Bände werden. Es gibt natürlich einen roten Handlungsstrang und bestimmte Cliffhänger zu denen ich mich Kapitel für Kapitel vorarbeite. Viele Comiczeichner arbeiten erst am kompletten Layout für ein Kapitel inkl. Dialoge. Dies halte ich leider nicht so ganz durch... Es fällt mir schwer ein Kapitel komplett zu layouten. Daher entwickelt sich die Szenen oft anders während ich daran arbeite. Erst beim zeichnen merke ich was störend wirken könnte oder welches Panel besser zum Lesefluss passt! Daher entwickelt sich das ganze eher direkt beim arbeiten :) "
Vielleicht einen kleinen Spoiler, exklusiv für meine Leser?
"Konstanze's Cousin Roman wird noch für Aufsehen sorgen. Ich bin wirklich auf die Reaktionen der Leser gespannt :) "
Wie viel Zeit hast Du in dieses Projekt bisher investiert? Und was hat Dich am Meisten beschäftigt: Handlung? Zeichnungen? Recherche?
"Puh, das ist schwer einzuschätzen! Man arbeitet immer wieder mal hier und da für ein paar Stunden oder weniger. Aber am meisten nimmt die Recherche in Anspruch. Man hat Ideen und Szenen im Kopf, aber dann muss man natürlich die Umstände 1945 berücksichtigen. Der Abgleich mit Ideen und der Zeit an sich ist wohl das Schwierigste! Man muss darauf achten wie gesprochen wurde oder wie sich die Leute kleiden konnten nach dem Krieg. Nicht zu vergessen die geschichtlichen Hintergründe vor, während und nach dem Krieg. Durch das sammeln an Infos und Begebenheiten zur damaligen Zeit, fand sich eher rasch die Handlung. Die Zeichnungen gehen im Gegenzug recht gut von der Hand :) "
Mit dem "Schwarzer Turm"-Verlag (Link) konntest Du einen renommierten Comic-­Verlag für Deine Arbeit gewinnen. Wie kam es dazu und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?
"Ich hatte das seltene Glück, dass sich der Verlag von sich aus bei mir gemeldet hat! "München 1945" war erst rein als Webcomic gedacht. Ich hatte 2012 begonnen die Geschichte auf Animexx hochzuladen. Die ersten beiden Kapitel hatte ich auch auf mycomics.de veröffentlicht, wobei ich für Kapitel 1 zum "Comic des Monats" nominiert wurde und Platz 3 belegte. Hier begann dann der erste Kontakt zum Schwarzen Turm :) Die Zusammenarbeit ist wahnsinnig toll. Michael ist ein super Redakteur und kümmert sich wirklich wahnsinnig lieb um uns Verlagszeichner. Besser hätte ich es nie treffen können! Der Verlag ist ebenso bemüht, dass die Zufriedenheit von Zeichner und Verlag auf einem Level ist. Und das ist verdammt viel wert :) "
Ich war in meiner Rezension ja schon sehr angetan, hatte aber auch ein wenig Kritik. Wie war das Feedback von Lesern und Rezensenten sonst so?
"Das Feedback war durchweg positiv (schwebe immer noch auf Wolke 7). Und damit meine ich aber auch die verbundene Kritik! Auch wenn es an manchen stellen etwas zu meckern gab, waren die Leser im großen und ganzen begeistert (so toll ;_;). Aber es freut einen natürlich sehr, wenn die negativen Sachen nicht allzu schlimm ins Gewicht fallen und man trotzdem Spaß an dem Comic hat. Vor allem die Kritik, dass die Thematik noch etwas zu seicht angegangen wird kann ich gut verstehen! Ich hoffe, dass ich dies in den nächsten Bänden ein wenig aufbessern. Auf der Comicmesse Erlangen hatte ich zum ersten mal Gelegenheit meine Leser richtig kennenzulernen. Ich war so erstaunt über die unterschiedlichen Altersgruppen! Im großen und ganzen ist Feedback der Leser und diversen liebevollen Artikeln wirklich positiv und das hätte ich mir nie erträumt. Auch wird mein Stil oft gelobt und das wiederum erfreut mein Zeichnerherz :) "
Und konnte der Serienauftakt Deine persönlichen Erfolgserwartungen erreichen?
"Es hat die Erwartungen bei weitem übertroffen! Ich war so geflasht von dem grandiosen Start. Vor allem die Zeit auf der Comicmesse Erlangen 2016 wird für mich noch lange nachwirken. Ich hätte nicht gedacht, dass sich so viele Leser von jung bis alt dafür interessieren würden. Meine Ängste, dass sich nur weniger mit dem Comic anfreunden können wurden daher bald beseitigt :) "
Wenn diese Serie abgeschlossen ist, was kommt danach?
"Ich würde mich gerne wieder mehr mit "When Worlds Collide" auseinanderzusetzen. Schon jetzt nimmt die Geschichte neue Formen an und ich freue mich sehr darauf! Aber auch andere wie Ideen wie Stories im Wilden Westen oder Fantasy mit Rittern und Co wäre mal was :D "
Was würdest Du anderen JungautorInnen raten, die ebenfalls einen Comic zeichnen oder gar publizieren wollen? Vorab: Ich kann hier nur von Ratschlägen reden, die mir selbst geholfen haben ;__;!
- ­Seid nicht zu verbissen. Ich weis es fällt unglaublich schwer! Der Drang sich ständig zu verbessern zu wollen führt auch sehr schnell zu Aggressionen und Unzufriedenheit :D Eine zu lange Zeit habe ich mich stark mit anderen Zeichnern verglichen und war zu sehr damit beschäftigt eine gewissen Perfektion zu erreichen. Auch die ersten Absagen bei Bewerbungsversuchen, sorgten für ordentliche Dämpfer. - ­Lasst euch Zeit! Übt kontinuierlich. Malt, wenn es geht, jeden Tag ein bisschen. Habt Vorbilder, aber lasst euch nicht zu sehr von deren Qualitäten stressen. Holt euch ein Skizzenbuch, in das ihr einfach nur reinkrakelt ohne Stress. Und wenn es 10 Seiten nur Köpfe sind, dann malt ihr eben 10 Seiten nur Köpfe. Alles nicht schlimm! - ­Das Wichtigste: Malt für euch. Dies hatte ich für einige Zeit sehr aus den Augen verloren. Zieht euer Ding durch! Malt, was ihr schon immer malen und erzählt was ihr schon immer mal erzählen wolltet :) Webcomic Plattformen wie mycomics, animexx, smackjeeves, tapastic und co sind super geeignet um eure Comics / Mangas einer breiten Masse zugänglich zu machen und euch Feedback einzuholen Das sind alles so Dinge, dir mir immer gut geholfen haben :)
Die letzte Frage, an Dich als Spezialistin: Welche drei Comics muss ich Deiner Meinung nach unbedingt mal gelesen haben?
Ohhhhhh da gibt es viel :D Ich hoffe, ich kann mich mal auf 3 beschränken: ­ - "Airborne 44" von Philippe Jarbinet. Für alle die am zweiten Weltkriegs-Thema mehr Interesse haben :) ­- Ein MUSS: "Blacksad" von Juan Díaz Canales und dem Zeichner Juanjo Guarnido Traumhafte Aquarellzeichnungen, wahnsinnige Gesichtsmimik und spannende Krimi Stories. - "Muchacho" von Lepage. Nicaragua 1976 zu Zeiten des Bürgerkriegs. Sehr symphatischer Hauptcharakter, herausragende Story und wunderbare Zeichnungen! Zum Schluss sage ich vielen Dank für das Interview!! Hat Spaß gemacht :D
Und ich danke Dir und freue mich auf deine nächsten Werke :-) Vielleicht sieht man sich auch mal bei der einen oder anderen Comic-Messe.
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