Der „Mantikore Verlag“ (Link), eigentlich eher bekannt für zumeist großartige (Solo-)Rollenspielbücher, verlegt nun schon seit einiger Zeit auch Literatur. Dabei haben sie nicht nur zeitgenössische Autoren im Programm, sondern beispielsweise mit dem vielfach ausgezeichneten SciFi-Autoren Robert Anson Heinlein (auch wer sich nicht so für Science-Fiction interessiert, kann diesen Namen zumeist mit „Starship Troopers“ in Verbindung bringen) einen echten Klassiker. Der gehört nicht ohne Grund zu den großen Drei (zusammen mit Isaac Asimov und Arthur C. Clarke) der englischsprachigen SciFi-Literatur. Der 1948 erscheinende Jugendroman „SPACE CADET“ zählt noch zu seinen Frühwerken und zeigt, bei aller Kreativität, dass es noch ein langer Weg bis hin zu seinen Meisterwerken war... „SPACE CADET“ handelt von der Ausbildung des Jugendlichen Matt Dodson. In der futuristischen Zukunft des Jahres 2075 hat er sich bei der interplanetaren Patrouille eingeschrieben, DER Eliteeinheit der Menschheit. Diese fliegt nicht nur mit Raumschiffen durchs All und versucht den Frieden zwischen den Menschen und auch zwischen Außerirdischen mit Diplomatie zu bewahren; die Patrouille sitzt auch als Einzige am Knopf der Atombomben. So viel Verantwortung wird natürlich nur den Besten der Besten der Besten übertragen, sodass die Anzahl der Rekruten täglich schrumpft – Sowohl durch die harten Kriterien und durch freiwillige Ausscheidung als auch durch Unfälle. Der 320 Seiten und 18 Kapitel umfassende Roman begleitet nun die Erlebnisse von Matt vom ersten Ausbildungstag bis hin zu seiner ersten Mission, die gleich mal ordentlich schief geht... „SPACE CADET“ ist zuallererst einmal ein Roman seiner Zeit. Einer Zeit des Aufbruchs, in der es machbar schien in wenigen Jahren die ersten Planeten zu besiedeln. Einer Zeit, in der Marsmännchen und venusianische Froschmenschen noch irgendwie glaubwürdig klangen. Einer Zeit, in der es noch keine Gleichberechtigung gab (die Patrouille ist ein reiner Männerverein, generell gibt es im Buch keine starken Frauenrollen) und in der Gehorsam und Militarismus noch irgendwie erstrebenswerte Dinge waren. Wobei, gerade dieses militaristische (und gelegentlich zumindest das faschistische streifende) Gedankengut ist ja allgemein Heinlein-typisch, wofür der Autor oft genug Kritik bekommen hat. Ich möchte darauf auch gar nicht rumreiten, sondern jeden Leser selbst interpretieren lassen. Worauf ich aber hinweisen möchte ist die große Schwächen des Buches: Der fehlende Spannungsbogen. Die ersten zwei Drittel bestehen ausschließlich aus der Ausbildung des jungen Rekruten, ohne aber auch nur irgendein erzählerisches Highlight zu besitzen. Nicht, dass es uninteressant wäre, der Autor hat sich durchaus Gedanken gemacht wie die futuristische Raumfahrerausbildung aussehen könnte – Aber das plätschert halt alles so langsam vor sich hin ohne einen echten Konflikt. Hier gibt es keine Zuspitzung, keine Dramaturgie, das ganze mutet eher an wie eine langwierige Dokumentation. Dabei wird das Konstrukt der interplanetaren Patrouille mit seiner Heldenverehrung und seiner riesigen Macht auch nicht groß hinterfragt, diese Thematik wird nur kurz und grob angerissen (beispielsweise wenn es darum geht, ob Matt seine Heimatstadt bombardieren würde), genauso wie seine Entfremdung mit dem zivilen Leben oder generell die vom Buch mal selbst aufgeworfene Frage „Quis custodiet ipsos custodes“ (Link). Auch das Setting generell wird kaum erklärt, es bleibt fremdartig. Informationen etwa, wohin die Menschheit bisher gereist ist und warum, auch welche Planeten sie kolonisiert hat, und wie es eigentlich gerade auf der Erde aussieht, wird – wenn überhaupt – nur nebenher erwähnt. So fällt es dem Leser schwer, in diese Zukunft einzutauchen, über die er kaum etwas weiß. Die Spannungskurve steigt erst an, als Matt dann endlich einem Raumschiff zugewiesen wird und seine erste Mission erlebt. Während der Bergung eines verschollenen Raumschiffs bekommen sie den Auftrag, einem Venusianer-Aufstand aufzuklären und einzudämmen. Doch der Auftrag geht schief und plötzlich sind sie die Gefangenen der venusianischen Froschmenschen... Hier wird die Handlung dann endlich interessant, da sich den Protagonisten rund um Matt immer neue Hindernisse in den Weg stellen die es zu meistern gilt. Immerhin, und hier beziehen sich diese letzten Kapitel dann auf den langwierigen Anfang, kommt ihnen zur Bewältigung der Mission ihre Ausbildung zugute. Wobei die dem Leser im Buchverlauf fremd bleibende und auch eher unscharf charakterisierte Hauptfigur Matt auf dieser Mission nur die zweite Geige spielt. So wie eigentlich immer, denn Matt hebt sich nie durch Leistung hervor und alle Konflikte und Probleme des Buches (und wie gesagt, es gibt eher wenige) lösen sich nicht durch sein Zutun, sondern eher durch Zufälle oder fremde Hilfe in Wohlgefallen auf. Genau so blass bleiben auch Matts Kameraden, die kaum mehr als Stichwortgeber sind, auch wenn sie in der Befehlskette teilweise über ihm stehen. Die Geschichte bleibt dabei eng an Matt und berichtet von den Ereignissen aus seiner begrenzten Sicht. Handwerklich ist das solide gemacht, ohne große sprachliche Spielereien, aber mit gelegentlich ausufernden Satzkonstruktionen – Auf Seite 89 etwa über 5 Zeilen mit 8 Kommas und einem Semikolon. Auch doppeln sich Satzanfänge merklich, zudem merkt man einigen Sätzen ihren englischsprachigen Ursprung deutlich an. Lektorat und Übersetzung sind aber insgesamt in Ordnung. Auch vollkommen in Ordnung ist die Druckqualität, zudem hat der „Mantikore Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zukommen ließ) dem Buch ein echt ansprechendes Titelbild spendiert. Die 13,95 € für das Taschenbuch sind durchaus akzeptabel. Fazit: „SPACE CADET“ liest sich weniger wie eine Hard-SciFi-Space-Opera, sondern viel mehr wie eine nüchterne Dokumentation über einen durchschnittlichen Kadetten in einer Eliteeinheit. Das Buch ist auch mehr ein historisches Dokument darüber, wie man sich in einem Jugendroman die Zukunft vorstellte, und stilistisch und qualitativ eher weniger mit heutigen SciFi-Romanen vergleichbar. Mit einem ordentlichen Nostalgie-Bonus gebe ich deshalb mal 77 % beziehungsweise aufgerundet 3,9 / 5 Sternen, nicht ohne darauf hinzuweisen dass ein vergleichbarer zeitgenössischer Roman sicher bis zu einem halben Stern weniger bekommen hätte.
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