Der deutsche Comicverlag „Cross Cult“ bringt mittlerweile auch viele Eigenproduktionen heraus. Dazu zählt auch die „Ork-Saga“, eine neue vierteilige Reihe basierend auf Michael Peinkofers „Die Rückkehr der Orks“. Begleitet werden in dem 48seitigen Hardcover die beiden titelgebenden Ork-Brüder Balbok und Rammar, welche nach einer verlorenen Schlacht den Auftrag bekommen den Schädel des erschlagenen Anführers einzusammeln. Und dabei gezwungenermaßen zu Schachfiguren des uralten Zauberers Rurak werden... Wer jetzt aufschreit „Hey, das ist doch gespoilert, das ist doch schon die gesamte Story!“, dem kann ich beruhigend zuflüstern „Keine Panik, das steht schon so auf dem Buchrücken!“ ;-) Aber in der Tat, so wirklich mehr Story gibt es auf den 48 vollfarbigen Seiten halt nicht. Stattdessen dient dieser erste Band vornehmlich dazu die Welt mitsamt ihrer Hauptfiguren einzuführen. Zur Welt muss man dabei nicht viel sagen, klischeehafte EDO-Fantasy halt wie man sie kennt und liebt. Die Hauptfiguren sind natürlich die beiden unterschiedlichen Ork-Brüder Balbok und Rammar, welche eher beiläufig durch ihr Verhalten in verschiedensten Situationen charakterisiert werden. Der eher schlaksige Balbok wirkt auf den ersten Blick ziemlich naiv und hilflos, ist aber für einen Ork ziemlich intelligent (denn er kann zählen) und im Fall des Falles ungemein kampfstark. Ganz im Gegensatz zu seinem dicklichen Bruder Rammar, der zwar die große Klappe hat und sich ehrlich um das Wohlergehen seines Bruders sorgt, aber im Zweifel doch eher den Schwanz einzieht. So sehr die Einführung dieser beiden Brüder wirklich gut gelungen ist, so sehr scheitert sie an der dritten Hauptfigur (zumindest vermute ich, dass sie nicht bloß eine Stichwortgeberin ist, da sie gerade auch auf dem Titelbild sehr prominent dargestellt wird und vom Potential her sicher die nächsten Bände prägen könnte?). Ich meine damit die elfische Hohepriesterin, welche ganze drei Seiten zugesprochen bekommt. Denn außer dass sie mit ihrem langweiligen Leben unzufrieden ist und nackt genauso gut aussieht wie in ihrer eher an Dessous erinnernden Ritualkleidung, kommt leider nichts mehr. Ganz ehrlich, vielleicht ein nettes Eyecandy wenn man auf diesen Frauentyp steht, aber eigentlich hätte man sich diesen Platz sparen können. Vielleicht um den mächtigen Zauberer Rurak als Antagonisten besser einzuführen, welcher die beiden Ork-Brüder erpresst damit sie ihm eine mächtige Karte aus der Elfenfestung zu stehlen. Oder um noch mehr von der Fantasy-Welt zu zeigen. Denn die bietet alles, was Fantasy-Fans begehren: Drachen, Fallen, Monster, Festungen und allerlei typische EDO-Völker :-) „Cross Cult“ verspricht „Bei dieser actiongeladenen Mischung aus ungewolltem Heldenmut und humoristischen Scharmützeln bleibt garantiert kein Auge trocken.“ - Und tatsächlich kann dieser Auftaktband die Versprechungen (Link) zu weiten Teilen erfüllen. Action gibt gibt es reichlich, besonders die Anfangsschlacht gegen die Gnome ist gleichsam gewaltig wie gewalttätig ;-) Ungewollten Heldenmut, ja so etwas findet sich auch. Lediglich die humoristischen Scharmützel, bei denen garantiert kein Auge trocken bleibt, die hab ich nicht gefunden. Zwar gibt es immer wieder gelungene Situationskomik, etwa wenn sich Balbok allein gegen eine Übermacht verteidigen muss weil Rammar erst mal kacken geht (man verzeihe diese Ausdrucksweise, aber sie passt so zum orkischen Grundton :-P) oder wenn Balbok die Brüder mit naiven Aussagen nicht nur einmal in brenzliche Situationen bringt – Aber meine Augen blieben trocken... Die „Ork-Saga“ ist halt ein gelungener EDO-Fantasy-Comic, aber keinesfalls ein Comedy-Buch. Dazu passt auch der teilweise überraschend harte Gewaltgrad, bei dem abgetrennte Köpfe und Gliedmaßen eher die Regel denn die Ausnahme sind. Die Zeichnungen generell sind gelungen, allerdings in Kombination mit der entsättigten Kolorierung durchaus Geschmackssache. Ich wage fast zu behaupten, dass die durchaus detailreichen Zeichnungen (Überraschung: Mit großen Kulleraugen können selbst blutrünstige Orks irgendwie süß wirken ;-)) ohne Farben genau so gut funktioniert hätten. Unabhängig davon wird durch die Bilder aber eine passende Atmosphäre transportiert: Brutal bei den Orks, kühl-distanziert bei den Elfen, düster beim fiesen Zauberer. Fazit: Der Titel hält sein Versprechen: „Ork-Sage 1: Zwei Brüder“ (Link) ist ein gelungener Auftaktband, der trotz stereotyper EDO-Fantasy definitiv Lust auf die weiteren Teile der Quadrologie macht. Auch wenn die Handlung dieses ersten Teils eher dazu da ist, die beiden Protagonisten zu charakterisieren und das Potential der Geschichte eher erahnen lässt, wurde ich doch durchweg hervorragend unterhalten und kann die Fortsetzung kaum erwarten. PS: Vermutlich fragt sich der geneigte Leser, warum ich diesmal erstens keine abfotografierten Bilder genutzt habe und zweitens nichts über die Druckqualität und das Preis-/Leistungsverhältnis geschrieben des 14,95 € kostenden Comics schrieb. Der einfache Grund: Mir wurde vom „Cross Cult“-Verlag vorab ein digitales Preview-Exemplar zur Verfügung gestellt, daher habe ich Bilder aus dem Presse-Kit genutzt. Ich gehe, auf meiner Erfahrung beruhend, aber davon aus das „Cross Cult“ wieder sehr gute Druckqualität abliefern wird :-)
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