Gerade habe ich meinen Resturlaub vom letzten Jahr verbraucht. Da ich im realen Leben nicht weit fortgefahren bin, wollte ich zumindest literarisch mal eine andere Ecke unseres Planeten erkunden. Da kam mir der Antarktis-Horror-Roman „Arcadia“ vom deutschen Jungautoren-Tausendsassa Felix A. Münter gerade recht. Ob ich mit dem Buch einen spannenden Kurztrip hatte oder eher meine Zeit verschwendet habe, möchte ich in meiner Buchbesprechung kurz erläutern :-)
Die Handlung des 300 Seiten starken Romans ist dabei – zumindest wenn man nicht spoilern will – rasch erzählt: Der abgehalfterte und desillusionierte Journalist White wird vom geltungssüchtigen Milliardär Bailey dazu eingeladen, eine Forschungsexpedition in die Antarktis zu dem bisher größten bekannten Meteoriten zu begleiten. Mehr aus Geldnot denn aus Interesse sagt er zu. Die Fahrt auf dem Eisbrecher Nimrod wird für ihn durch eine starke Seekrankheit zur Qual, doch die richtigen Probleme beginnen erst am Ziel der Reise: Die Arcadia, das Schiff der vorherigen Expedition, und auch das Basislager nahe dem Meteoriten melden sich nicht. Als White beim Transporthelikopter dann auch noch Einschusslöcher entdeckt, ist es schon zu spät. Zusammen mit der Forscherin Maria und dem Matrosen Jyrki beginnt rasch der scheinbar aussichtslose Kampf ums Überleben… Mehr will ich gar nicht verraten, wobei die meisten Leser (gerade wenn sie sich im Horror-Genre zuhause fühlen) schon wissen worauf die Geschichte nun hinaus läuft: Irgendwie schaffen sie es dann doch sich vorläufig zu retten (das Buch ist ja erst zur Hälfte rum ;-)), aber selbstverständlich glaubt ihnen niemand, deshalb schnellt der Bodycount in die Höhe, und am Ende gibt es ein dramatisches Finale. OK, jetzt aber wirklich genug gespoilert :-P
Erzählt wird die Geschichte als eine Art Reisebericht aus Whites Sicht. Eine kluge Entscheidung des Autors, da man so gut an den Gedanken, den Vermutungen und den Ängsten des Protagonisten partizipieren kann. Deshalb fiebert man dann im Handlungsverlauf auch mit White mit, obwohl er sich im ersten Drittel ziemliche Mühe gibt als weinerliches Arschloch rüberzukommen. Später, als es drauf ankommt, steht er dann aber seinen Mann und wird langsam sympathischer. Die Show wird ihn aber gestohlen vom Klischee-Russen Jyrki, der in dem Dreiergespann der Hauptfiguren den ruhenden Pol bildet und gleichzeitig das „Arbeitspferd“ der Gruppe darstellt. Leider erfährt man recht wenig über ihn, aber irgendwie wächst er dem Leser im Verlauf der Geschichte richtig ans Herz. Die beiden Männer agieren zusammen als so eine Art dynamisches Duo im Stil von Bud Spencer und Terrence Hill, das funktioniert so auch richtig gut :-)
Überhaupt nicht funktioniert dagegen die Dritte im Bunde: Die Forscherin Maria bleibt charakterlich unglaublich blass, nervt die ganze Zeit blöd rum und trägt, bis auf das klischeehafte „rettet die hilflose Frau“, eigentlich nichts zur Geschichte bei. In einer gerechten Welt würde so eine Person als Erste draufgehen :-P Weiterhin erwähnenswert sind noch der Milliardär Bailey (der interessanterweise zwar als Nebendarsteller viel weniger Präsenz im Buch hat als Maria, aber charakterlich schärfer gezeichnet wird) und der Kapitän O’Donnel, der den Helden spielen darf.
Die Handlung an sich ist also genretypische Standartkost - Wer so was mag, wird auch „Arcadia“ mögen ;-) Leider schafft sie es aber nicht immer, den Spannungsbogen durchgehend hochzuhalten: Der Anfang ist ein wenig zu langatmig geraten und führt die handelnden Figuren schlecht ein. White ist wie schon weiter oben beschrieben ein zwar gut ausgearbeiteter, aber erstmal unsympathischer Typ. Jyrki bereichert die Handlung erst später und Maria fängt beim ersten Treffen grundlos (ok, ein besseres Wort ist: nicht nachvollziehbar) an zu Rauchen und braucht dann nur eine Flasche Alkohol um mit einem fremden Typen ins Bett zu springen. OK, zumindest das ist nachvollziehbar, das haben wir doch alle schon hingekriegt :-P (High Five an alle Leser da draußen :-D). Mit der Ankunft bei der verlassenen Arcadia und dem fehlenden Funkkontakt zum Basislager steigt die Spannung dann aber wieder, um im actionreichen Mittelteil und im blutigen Finale eine Art hochfrequente Sinuskurve zwischen superspannend und okayspannend zu durchlaufen. Gerade die ruhigeren Abschnitte sind dabei die im Vergleich besseren Teile, das Highlight beispielsweise ist das Kapitel in dem aus dem Tagebuch eines getöteten Forschers gelesen wird. Lobend erwähnen möchte ich noch den Schreibstil von Felix A. Münter: Dieser liest sich wirklich verständlich und flüssig, damit wird gut die passende Atmosphäre transportiert. Die Darstellung von Emotionen wie Angst ist dem Autor ebenfalls gelungen, auch merkt man dass er ins Thema Antarktis eine Menge Recherchearbeit gesteckt hat.
Das 300 Seiten dicke Taschenbuch wurde vom „Mantikore Verlag“ veröffentlicht und kostet 12,95 €. Das ist für einen Kleinverlag durchaus akzeptabel, auch wenn dem Lektorat drei Fehler durchgerutscht sind (vermutlich hat dieser Text sogar mehr, so übermüdet wie ich diese Rezension gerade schreibe ;-)) und die Druckerei es mit dem Bindeleim echt ein wenig zu gut gemein hat. Dafür gefällt mir das Cover und auch die Schriftgröße ist angenehm lesbar.
Fazit: Da sich der Autor Felix A. Münter (Link), der mir übrigens freundlicherweise das Buch zukommen ließ, eine Amazon-Wertung wünscht spare ich mir mal die großen Worte: Ich würde hier als Wertung so ziemlich genau 75 % geben, das sind bei Amazon umgerechnet 3,75 Sterne und damit aufgerundet gute vier Sterne. Denn trotz aller Kritikpunkte (Vorhersehbarkeit, schwache Charakterzeichnung) ist „Arcadia“ ein spannender Horror-Roman der es geschafft hat mich so gut zu unterhalten, dass ich ihn in kürzester Zeit durchgelesen habe. Kurz: Keine große Epik, sondern einfach nur kurzweilige Unterhaltung, ideal für meinen Urlaub.