Es mag ja vielleicht sein, dass Joe Dever der bekannteste Solo-Spielbuch-Autor der Welt ist. Aber wir Deutschen können mit Swen Harder dagegenhalten, welcher mit "Reiter der Schwarzen Sonne" das umfangreichste Werk seiner Art geschrieben hat. Und wie ich in meiner Rezension damals (schon wieder ein halbes Jahr her, wie nur die Zeit vergeht...) feststellte, auch spielerisch das Beste ;-) Aber trotz seines Erfolges (Verkaufsrekord! Kritikerlob!) ruht Swen sich nicht aus, sondern schreibt an seinem nächsten Mammutwerk "Metal Heroes - and the Fate of Rock" sowie der Rückübersetzung eines 300 Sektionen umfassenden Bonusabenteuers für Joe Devers "Lone Wolf" (so schließt sich der Kreis wieder ;-)). Aber für ein exklusives Interview mit meinem Blog hat er dann doch noch die Zeit gefunden :-D Hallo Swen! Magst Du Dich den Lesern bitte vorstellen?
"Ich bin 40 und Hobbyautor. In meiner Freizeit beschäftige ich mich mit Gesellschafts- und Rollenspielen aller Art. Hauptberuflich bin ich als Gametester für "Nintendo" aktiv. Das ist wohl auch der Grund, warum mir der schnelle Zugang zu Spielen wichtig ist."
Gleich zu Beginn die Frage, welche mich stark interessiert: Dein erstes Solo-Spielbuch „Reiter der Schwarzen Sonne“ wird ja mittlerweile schon in der 4. Auflage verkauft. Ganz schön viel für den deutschen Markt. Wie fühlt es sich an der aktuell erfolgreichste deutsche Spielbuchautor zu sein?
"Oh nein, nur weil man ein erfolgreiches Spielbuch geschrieben hat, heißt das noch lange nicht, ein erfolgreicher Autor zu sein. Um diesen Status auch nur annähernd beanspruchen zu dürfen, braucht es schon ein paar mehr Werke, die von den Lesern angenommen werden, fürchte ich."
Kannst Du meinen Lesern einen kurzen Überblick zur Story von „Reiter der Schwarzen Sonne“ geben?
"Man verkörpert einen Ugarith, ein Wesen der Nacht, das von den Menschen zugleich vergöttert wie gefürchtet wird. Eines Nachts erwacht man ohne Erinnerung neben der Leiche eines Priesterkaisers und es deutet alles darauf hin, für dessen Tod verantwortlich zu sein. Es entspinnt sich eine epische Gesichte um Krieg und Frieden, die Vergangenheit und Zukunft ganzer Völker sowie die eigene Rolle im Spiel der Götter."
Nun sind wir mittendrin in der Materie. Magst Du auch noch kurz was über die Spielmechaniken erzählen?
"Ich wollte von Beginn an ein Spielbuch konzipieren, das einerseits Einsteigern einen leichten Zugang ermöglicht und andererseits erfahrenen Lesern genügend Herausforderungen bietet. Daraus folgte die Aufteilung der Regeln in kleineren Häppchen, die zwischen den einzelnen Kapiteln erläutert werden. Das Gesamtbild eines anspruchsvollen Regelwerks entsteht also nach und nach und wird nicht sofort zu Beginn des Spielbuchs, als große Hürde von 30 Seiten, wie es leider die meisten anderen Bücher mit dieser Komplexität tun, aufgetürmt. Ich danke, ich darf behaupten, dass „Reiter der Schwarzen Sonne“ nicht zuletzt wegen seiner ausgeklügelten und zugleich zugänglichen Regeln so erfolgreich ist."
Wie kann ich mir die Entwicklung eines Spielbuches vorstellen? Hattest Du von Anfang an den Plan, etwas für Solo-Spieler zu schreiben, oder kam euch der Gedanke erst im Verlauf der Entwicklung?
"Tatsächlich wurde „Reiter der Schwarzen Sonne“ von vornherein als Spielbuch konzipiert. Jedoch habe ich total naiv mit dem Projekt begonnen, ohne einen echten Masterplan. Der Background war zu Beginn klassisches Mittelalter-Fantasy, mit Burgen, Königen, Kriegern."
Und kam zuerst die Geschichte, die Hintergrundwelt oder doch zuerst die Spielmechanik?
"Genau in dieser Reihenfolge. Allerdings, ab einem gewissen Entwicklungsgrad greifen die einzelnen Aspekte eines Spielbuchs ineinander, beeinflussen sich gegenseitig. Man merkt, das Regeln so nicht funktionieren und muss den Text anpassen. Oder es fällt einem beim Schreiben eine klasse Idee ein, die erst in praktikable Regeln umgesetzt werden muss. Es ist ein ständiges hin und her. Ganz zu schweigen vom Eigenleben der Figuren, das gerade bei einem Spielbuch sehr dynamisch werden kann."
"Reiter der Schwarzen Sonne" ist ja auch das umfangreichste Spielbuch aller Zeiten! So ein Mammutwerk schafft man ja nicht alleine. Wie viele Leute haben denn an Deinem Buch mitgewirkt? Und wie lange hat die Entwicklung von der ersten Idee bis zum fertigen Buch gebraucht?
"Es dauerte rund vier Jahre. Neben einigen befreundeten Testern, wären insbesondere Eberhard Eschwe und Verena Thrin zu nennen, die beide den Text nach Schwächen in Sachen Gameplay und natürlich auch Rechtschreibung und Grammatik durcharbeiteten. Last but not least Illustrator Fufu Frauenwahl. Er machte einen super Job! Seine Zeichnungen und Vignetten tragen maßgeblich zum dunklen Flair des Buches bei. Mit allen dreien stand ich – besonders am Ende des Projekts – in engen Kontakt, um das Bestmögliche aus der Geschichte herauszukitzeln."
Mit dem Mantikore-Verlag hast Du einen der "Big Player" im RPG-Segment für Dein Spielbuch gewinnen können. Wie kommt man zu so einem großen Verlag und wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?
"Ich arbeite mit Nicolai Bonczyk, dem Chef von Mantikore, sehr eng zusammen. Als ich ihn 2010 auf der Spiel in Essen traf, ihn mein Exposé zu „Reiter der Schwarzen Sonne“ übergab, war Mantikore selbst noch in den Startlöchern. Wenn man so will haben wir uns gegenseitig begleitet. Heute geht meine Rolle im Verlag über die des Autoren hinaus – was auch für die ein oder andere Verzögerung bei neuen Projekten verantwortlich ist."
Wer - Du oder der Verlag - kam auf die geniale Idee eines Special Edition? Und magst du kurz etwas über deren Inhalt sagen?
"Das war meine Idee. Ich bin selbst ein Freund von besonderen Editionen, also überlegte ich, wie könnte so etwas für ein Spielbuch aussehen. So entstand das 20-seitige Booklet „Die Geheimnisse von Reiter der schwarzen Sonne“. Es beleuchtet sowohl die Hintergrundwelt, die Entstehung des Buches, als auch die mitunter sehr anspruchsvollen Rätsel. Ein weiteres Highlight ist die CD mit PDFs, Interviews, Bildern und dem atmosphärischen Soundtrack von Sven Mencke. Abgerundet wird das Ganze von einer Karte, Lesezeichen, zusammengehalten in einem Schuber."
Da es mittlerweile ja schon die 4. Auflage gibt, ist diese Frage eigentlich obsolet - Ich stelle sie trotzdem: Wie wurde das Buch von den Spielern und Kritikern angenommen?
"Die Kritiken waren bislang ausnahmslos positiv. Um nicht zu sagen euphorisch. Einige nutzten echte Superlative in ihren Rezensionen. Aber auch von den Lesern erhalte ich auf Messen und Cons sehr viel Zuspruch. Auf der letzten Spiel beispielsweise unterhielt ich mich am Mantikore-Messestand mit einem noch unschlüssigen Kunden, als eine Frau vorbeilief, dem Akzent zu urteilen eine Österreicherin, die bloß rief: „Bestes Spielbuch aller Zeiten!“. Wenige Sekunden später war die Special Edition verkauft."
Planst Du eine Fortsetzung dieses Werkes? Oder die Umsetzung in andere Medien? Beispielsweise den im Buch beschriebenen Krieg als Brettspiel? Oder beispielsweise haben es mir die Drachen angetan, da könnte ich mir fast so was wie das "X-Wing Miniaturenspiel" mit Drachenreitern vorstellen.
"Nein, ich plane keine Fortsetzung. Auch wenn es in den Fingern juckt. Es war von Anfang an als Einzelwerk konzipiert. Zudem hätte ich wohl nicht genügend Zeit, einen würdigen Nachfolger zu entwickeln. Andere Produkte wären sicherlich vorstellbar, aber auch sehr unrealistisch, was die Finanzierbarkeit angeht. Höchstens als Crowdfounding. Aber auch hier spielt der Zeitfaktor leider die Spaßbremse."
Blicken wir mal in die Zukunft: Gerade arbeitest Du an einem neuen Solo-Spielbuch, welches schon in wenigen Monaten erscheinen soll. Jetzt darfst Du mal dafür ordentlich die Werbetrommel rühren!
"Ja, richtig! „Metal Heroes – and the Fate of Rock“ heißt das Spielbuch. Diesmal kein finsteres Fantasy, sondern finstere Headbanger! Wobei, ein wenig Fantasy ist diesmal auch dabei. Das Projekt wird zwar nicht ganz so umfangreich, wie mein Erstlingswerk, wird sich dennoch im vierstelligen Sektionsbereich bewegen. Es ist während der Entwicklung immer weiter gewachsen, was auch der Grund ist (neben einigen anderen weltlicheren Gründen), dass sich die Veröffentlichung leider immer wieder verzögert. Mittlerweile bin ich jedoch auf dem Trip, dass mir der Zeitpunkt eher egal ist, Hauptsache, das Spielbuch erfüllt meine Ansprüche."
Welchen Stellenwert hat die Musik dabei?
"Natürlich ist sie elementar. Die Liebe zur Musik geht sogar so weit, dass dem Buch standardmäßig eine Soundtrack-CD beiliegen wird! Dank der Unterstützung des bekannten Labels Napalm Records konnten wir zehn bekannte Bands gewinnen, die ihre Tracks zu "Metal Heroes" beisteuern. Der Soundtrack umfasst eine bemerkenswerte Bandbreite des Metal, sowohl geografisch, als auch stilistisch. Die CD macht definitiv Laune!"
Wird es für "Metal Heroes - and the Fate of Rock" auch wieder eine Special Edition geben?
"Oh, ja! Neben dem Soundtrack, gibt es zwei "Metal Heroes"-Würfel und ein richtig geiles Pokerblatt, was locker den kleinen Mehrpreis der Special Edition rechtfertigt."
Dann will ich Dich mal nicht weiter abhalten, damit das Spiel wirklich im Frühjahr 2016 erscheint! Danke für das Gespräch!
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