Der Crowdfunding-Phänomen Kickstarter greift weiter um sich, immer mehr deutsche Indie-Autoren versuchen ihr Herzensprojekt über die Schwarmfinanzierung zu verwirklichen (Kleiner Spoiler: Zu dem Thema allgemein kommt bald ein Artikel). Einer dieser hoffnungsvollen Indie-Autoren ist Frank Schlüter, der mit "Rise of the Dragonhunter" ein kleines, aber feines Kartenspiel entwickelt hat und uns dieses nun in einem umfangreichen Interview vorstellt. Hallo Frank, schön dass Du im Kickstarter-Stress die Zeit für ein Interview gefunden hast. Stell Dich doch bitte den Lesern vor!
"Hallo Philipp und hallo an Deine Leser! Mein Name ist Frank Schlüter, ich wohne in Dortmund/Schwerte und bin in Coesfeld im schönen Münsterland aufgewachsen. Abgesehen von der Spieleentwicklerei bin ich von Beruf Groß- und Außenhandelskaufmann sowie Erzieher. Ich bin seit 12 Jahren mit meiner lieben Frau Kathrin verheiratet. Wir haben einen Hund, die Labrador-Terrier-Senfhundmischlingin Tinka. Ich liebe das Spielen in jedweder Form, besonders haben es mir dabei Fantasyspiele jeder Art angetan. Als Kind habe ich „Das schwarze Auge“ entdeckt, was zu Konfrontationen mit dem einen oder anderen Lehrer führte, die „diese Spiele“ für Teufelswerk hielten und ihnen die Schuld für meine alles andere als hervorragenden schulischen Leistungen gaben. In den Jahren danach kam dann auch noch „Dungeons & Dragons“ hinzu und natürlich habe ich mich auch ins Fantasy-LARP gestürzt und viele Jahre Freude daran gehabt. Inzwischen kommt es allerdings ein wenig kurz. Abgesehen von Rollenspielen habe ich immer gerne Karten gespielt. „Atlantis – The dark tower“ hat mich als Kind sehr beeindruckt und „Was kostet die Welt“ habe ich lieber als „Monopoly“ gespielt. Das berühmte „Hero Quest“ ist damals aber tatsächlich an mir vorbei gegangen. Darüber hinaus widme ich mich seit Jahren der Fotografie, schwitze beim Nordic Walking und erfreue mich an Yoga und am Bogenschießen. Hm, ganz schön viel über mich... Interessiert das wirklich jemanden, Philipp? ;-) "
Klar interessiert das meine Leser :-P Magst Du Dein System und die Spielwelt bitte kurz vorstellen?
"Natürlich, darüber rede ich sehr gerne! "Rise of the Dragonhunter" entspricht vom Mechanismus her einem klassischen Kartenspiel in westfälischer Tradition, dem ich einen thematischen Anstrich und einige dazu passende, neue Regeln verliehen habe. Es werden jetzt keine Stiche mehr gespielt, sondern Scharmützel um Schlachtfelder ausgetragen. Dazu schicken die Spieler als düstere „Strippenzieher“ die unterschiedlichen Anführer des Landes in die Kämpfe. Wer dabei den größten Ruhm erntet und die meiste Beute ergattert, gewinnt am Ende den Krieg. Das Spiel ist sehr taktisch und enthält Deduktionselemente. Nicht jede Anführerkarte darf auf jedem Schlachtfeld gespielt werden. Die Drachen, die stärksten Karten im Spiel, können aber von einer mittelmäßigen Karte, dem Drachenjäger, besiegt werden. Wer die meisten Siegpunkte macht, gewinnt nicht zwingend und man kann auch als Verlierer mit der meisten Beute aus einer Partie hervorgehen. Im Teamspiel weiß zunächst niemand, welcher Spieler sein Verbündeter ist. Möglicherweise wagt auch jemand heimlich einen Alleingang. Die Spielwelt, in der sich das abspielt, heißt Peladia. Die dazugehörige Hintergrundgeschichte „Die Reise nach Peladia“ stammt von der Leipziger Autorin Ronja Flick. Peladia wird nicht durch Rollenspiele erschlossen, sondern durch Karten-, Brett- und Würfelspiele. "Rise of the Dragonhunter" führt bereits eine Vielzahl von Figuren aus Peladia ein. In den folgenden Spielen können einige von diesen als Charakter ausgewählt werden und bieten den Spielern durch unterschiedliche Attribute ein individuelles Spielerlebnis. Die Attribute der Charaktere können wie in einem Rollenspiel gesteigert werden. Zudem werden sie spielübergreifend nutzbar sein. Peladia selbst ist ein durch Kämpfe zwischen der Horde und den Kreuzherren geschundenes Land, das sich nach Jahrhunderten des Überflusses, die in einen verheerenden Krieg mündeten, mit der Situation arrangieren muss, von der Außenwelt abgeschnitten zu sein. Es ist von Rohstoffmangel und Konflikten geprägt, die einstigen Könige sind in den kriegerischen Auseinandersetzungen gestorben oder verschwunden und religiöse Splittergruppen haben sich gebildet, was zu neuen Konflikten führt. Trotz Armut und Nahrungsmittelknappheit ist der typische Peladier ein jedoch optimistischer und fröhlicher Mensch."
Was macht "Rise of the Dragonhunter" im Vergleich zu anderen Kartenspielen besonders?
"Die Verknüpfung mit einer Spielewelt, bei gleichzeitiger kurzer Spieldauer, Langzeitspielreiz und sogar Turnierfähigkeit. Dennoch gibt es kein Nachkaufen von Boostern oder unzähligen Erweiterungen, die die Spielbalance immer wieder verändern. Lediglich Regelvarianten als PDF-Download werden folgen. Eine Erweiterung habe ich allerdings schon geplant, diese wird das Spiel noch etwas taktischer machen. Eine weitere Besonderheit sind die von Illustratorinnen Melanie Philippi und Ina Giering fantastisch gestalteten Karten, jede einzelne hat eine eigene Illustration eines Charakters aus der Spielwelt Peladia."
Dein Spiel ist ja immer noch in der Entwicklung, welche Entwicklungsstufe hat es gerade und an was arbeitest Du aktuell?
"Die Karten sind fertig für den Druck, die Spielregel steht und die Beta-Testphase ist beendet. Die Spielregel muss noch professionell überarbeitet, optisch aufbereitet und für den Druck gesetzt werden. Die Crowdfundingkampagne auf Kickstarter (Link) läuft seit 13 Tagen. Wenn sie erfolgreich sein sollte, geht es an das Fertigstellen von Regelwerk, Spieleschachtel und den verschiedenen Belohnungen für die Unterstützer. Die T-Shirts gehen in den Druck, die Premiumeditionen werden produziert und die Hintergrundgeschichte wird illustriert und gedruckt. Dafür bin ich derzeit mit verschiedenen Illustratoren im Gespräch."
Was hat Dich zu diesem Setting gebracht?
"Ich bin schon lange Rollenspieler, mag gerne Fantasy-Romane und Filme. In unseren Spielrunden haben wir viele Jahre Trading- und Living-Cardgames gespielt. Irgendwann schlief das allerdings zunehmend ein. Die Lust, immer wieder Erweiterungen und Einzelkarten nachzukaufen, sich mit komplizierten Regeldetails und einer wahren Schwemme an Spielkarten auseinanderzusetzen schwand merklich. Ebenso wie die Zeit dafür, wir werden alle älter, zudem sind die meisten familiär und beruflich zusehends eingespannter als noch vor einigen Jahren. Deshalb kam ich auf die Idee, dass wir ein Spiel benötigen, das genug taktischen Tiefgang und hohen Wiederspielwert mit einem Fantasythema bietet. Aber eben ohne die genannten Nachteile."
Und hast Du die Regeln gezielt auf ein Setting hin entwickelt, oder kamen erst die Regeln?
"Das ging einher. Ich wollte einerseits das Thema verspielen und habe dafür einen geeigneten Mechanismus gesucht, hatte andererseits aber auch schon vorher ein Auge darauf geworfen, den Mechanismus des Spiels umsetzen und anpassen zu wollen."
Wie kommt man eigentlich auf die Idee, ein eigenes Spiel zu entwickeln?
"Keine Ahnung, ich habe das eigentlich schon immer gemacht. Mein erstes Spiel war Anfang der 80er Jahre ein Text-Adventure für den Commodore +4. Da war ich noch in der Grundschule und mein bester Freund und ich haben um die Wette Titelbilder und Trailer für fiktive Computerspiele in Basic programmiert. Is ja klar, wenn man ein Spiel programmiert, muss man vorne anfangen, mit dem was der Spieler dann als erstes sieht... ;-) Daraus sind dann einige Spiele entstanden, auf die die Welt leider nicht gewartet hat. Sehr stolz war ich allerdings tatsächlich auf eine funktionierende Wirtschaftssimulation in einem Mittelaltersetting. Natürlich ebenfalls rein textbasiert und nicht besonders anspruchsvoll. Aber trotzdem... Ich hatte ein Spiel erschaffen! ;-) "
Plaudere doch mal aus dem Entwickler-Nähkästchen. Wie kann ich mir die Entwicklung so vom Arbeitsablauf und Arbeitsaufwand vorstellen?
"Der Zeitaufwand ist nicht klar zu beziffern. Gerade am Anfang spielt sich viel in Gedanken ab. Dann kommt das Ausprobieren dazu. Zettel beschriften und zum Ausprobieren benutzen. Ideen und Mechanismen verwerfen, neue ausprobieren, neue Zettel oder Papierfetzen beschriften... Ich habe zu Beginn auch selber ganz tolle Illustrationen erstellt, obwohl ich überhaupt nicht zeichnen kann. Immerhin sind aus einigen dieser „Skizzen“ dann später die sehr gelungenen Kartensymbole entstanden, die Ina Giering (eine der beiden Illustratorinnen von „Rise of the Dragonhunter“) gestaltet hat. Immer wieder Testspielen ist nicht wirklich Arbeit, aber frisst auch viel Zeit. Dazu kommen die ganzen Wochenenden, die ich seit ca. einem Jahr auf Spieleveranstaltungen verbracht habe, um mein Spiel vorzustellen. Was mich immer wieder erstaunt, ist die ganze Zeit, die für Dinge verbraucht wird, die ich im Vorfeld nicht so auf dem Plan hatte. Mit PC-Software arbeiten, die man noch nie benutzt hat. Mails schreiben. Noch mehr Mails schreiben. Mailantworten beantworten. Die richtigen Druckverfahren finden. Spielregeln für andere verstehbar gestalten. Die Hintergrundgeschichte und die Spielewelt kreieren... Wahnsinn. Hm, wahrscheinlich muss man wirklich auch ein wenig verrückt sein, um so was zu machen. ;-) "
Und wie ist die Resonanz der Spieler? Konnten die bisherigen Erwartungen erfüllt werden?
"Die Rückmeldungen sind überwiegend sehr gut. Es freut mich, dass Kinder das Spiel genauso mögen wie ältere Menschen. Mein Erwartungen wurden insgesamt übertroffen."
Wie wird die Zukunft aussehen? Auf welche weiteren Erweiterungen dürfen wir uns freuen?
"Wenn die Kickstarterkampagne für "Rise of the Dragonhunter" erfolgreich endet und es zur Produktion kommt, werde ich sehen, wie gut das Spiel auf dem Markt ankommt. Davon hängt es natürlich ab, ob die Produktion einer Erweiterung Sinn hat. Ich habe eine kleine Erweiterung in Planung. Diese wird einige zusätzliche Karten und Regelmodifikationen enthalten. Sicher wird es allerdings kostenlose Downloads auf meiner Internetseite geben. Darin sind einige zusätzliche Spielmöglichkeiten mit den Karten aus dem Grundspiel enthalten. Grundsätzlich ist das Kartenspiel ja der Auftakt zur „Peladia“-Spielereihe. Zu den folgenden Spielen möchte ich aber noch nicht soviel verraten. Nur eines vielleicht: Derzeit geht bei mir ein Spiel mit einem Workerplacement-Mechanismus in die erste Testphase."
Wo kann ich Dein Spiel aktuell antesten? Bist Du auf Cons unterwegs?
"Man kann es aktuell in der Ludothek Herten spielen. Für die Dauer der Kampagne bin ich Donnerstags auch selber vor Ort und erkläre das Spiel. Ich habe als Goodie auch immer ein paar signierte Karten aus dem Fehldruck des letzten Prototypen dabei :-D Auf Spieleveranstaltungen bin ich ebenfalls unterwegs. Zum Beispiel beim offenen Brett- und Kartenspieltag in Duisburg-Marxloh am 05.07. und beim Spieltreff Duelken in Viersen am 11.07. Und natürlich sehr wichtig: Unsere eigene Spieleveranstaltung, die „Dragonhunting Games 2015“ in Haltern am See vom 24. - 26.07. Da wird natürlich auch das Kartenspiel vorgestellt. Darüber hinaus gibt es die 'Welturaufführung' der Kurzgeschichte „Die Reise nach Peladia“ als Lesung mit Ronja Flick und mir. Für die Veranstaltung sind übrigens noch Plätze frei. Wenn Du also Lust auf ein Spielwochenende mit Spielerklärern, Verleih, Krosmaster Arena Turnier, Dicemasters Turnier, Drachenjagd und Wikingerschach hast, bist Du herzlich eingeladen. Auf meiner Internetseite www.peladia.com (Link) stehen alle Informationen bereit. ;-) "
Ich danke Dir für das Interview und wünsche der Kickstarter-Kampagne viel Erfolg!
Tags