Wie versprochen, jetzt mal wieder was zum Thema Rollenspiele. Und zwar geht es weiter mit der beliebtesten Artikelreihe: Interviews mit Indie-RPG-Autoren. Jetzt hat es gut zwei Monate gedauert, bis sich ein neuer Autor getraut hat: Alex Petrovic aus Graz (nebenbei bemerkt schon der zweite Grazer in dieser Interviewreihe - Sollte das die heimliche deutschsprachige Indie-RPG-Hauptstadt sein??? ;-)) lässt uns teilhaben an seinem Traum, ein eigenes Rollenspielbuch zu veröffentlichen!
Hallo Alex, schön dass Du Zeit für ein Interview hast. Zu Beginn: Magst Du Dich den Lesern kurz vorstellen?
"Hi an alle, und danke für die Einladung zum Interview! Mein Name ist Alex Petrovic, ich bin 28, lebe in Österreich, genauer gesagt im wunderschönen Graz, und habe gerade mein Jurastudium abgeschlossen. Ich habe beschlossen, anstatt direkt nach einem Job zu suchen mir ein halbes Jahr Zeit zu nehmen um meinem Traum nachzugehen: ein eigenes RPG-Buch zu veröffentlichen. Was Rollenspiele angeht, so spiele und (vor allem) meistere ich seit etwa fünfzehn Jahren und habe schon etliche einfache Systeme und eher komplexere Settings für meine Freunde und Bekannten erstellt. Wenn ich nicht gerade am RPG zocken bin schreibe ich Kurzgeschichten, spiele allerhand Brett – und Computerspiele und lese haufenweise historische- , Fantasy und "klassische" Literatur. Außerdem betreibe ich seit ca. 8 Jahren regelmäßig Kung Fu. Online kann man mich so gut wie immer an dem Nickname "Earin Shaad" erkennen."Kannst Du Dein System bitte kurz vorstellen?
""Scath: Shadow of the Fomori" ist ein W20 basiertes Rollenspielsystem, das von "Warhammer Fantasy", "Dark Heresy" und "Pathfinder/D&D" inspiriert wurde. Es spielt in einer Welt, die stark mit keltischer Mythologie verwoben ist. Die Menschheit befindet sich am Rande der Vernichtung seitdem sie vor zweihundert Jahren einen gewaltigen Krieg gegen mysteriöse, uralte Wesenheiten, die Fomori, verloren haben. Nun verstecken sich die Menschen in der Wildnis, darauf hoffend, von den Ungeheuern der Fomori nicht entdeckt und vernichtet zu werden. Neue Hoffnung in Gestalt der SCs erscheint, die einen Pakt mit elementaren Naturgeistern geschlossen haben, und von diesen Macht erhalten haben, um die Fomori zu bezwingen. Doch gehen auf der Welt viel mehr Dinge vor, als die Menschen ahnen..."Das keltische Setting klingt sehr interessant. Davon abgesehen: Was macht "Scath" im Vergleich zu anderen Systemen besonders?
"Das Setting an sich ist sehr finster. Die Menschen sind nicht die beherrschende Spezies, sondern werden wie Tiere gejagt und versklavt oder ausgelöscht. Der Technologiestandard der Welt ist ein sehr niedriger, von später Steinzeit bis hin zur frühen Bronzezeit. Zusätzlich kommt die starke Verbindung mit keltischer Mythologie, die einen ganz eigenen Flair mitbringt. Schlussendlich erlaubt die Tatsache, dass die Welt und ihre Geschichte für die Spieler und ihre Charaktere gleichermaßen fast völlig unbekannt ist, ständig neue Erfahrungen zu machen und Gegner/Verbündete kennen zu lernen. Die Regeln an sich versuchen, den Spielern viele Handlungsmöglichkeiten zu geben und gleichzeitig nicht zu komplex zu werden. Vor allem die Kampfregeln sind sehr detailliert und geben sehr viele Optionen, können aber auch vereinfacht gespielt werden."Was hat Dich zu diesem speziellen, sehr düsteren Setting gebracht?
"Ich habe vor etwa sechs Jahren ein Buch über keltische Mythen in die Hände bekommen und dachte mir sofort, dass diese Geschichten sehr gut für ein RPG geeignet sein würden, und es verdient hätten, im "Mainstream" viel häufiger behandelt zu werden. Außerdem wollte ich ein mysteriöses, dunkles Setting, in dem die nichtmenschlichen Völker richtig fremdartig waren (anstatt einfach nur Menschen mit anderer Hautfarbe, anderen Körperproportionen, spitzen Ohren etc zu sein) und in dem die Menschheit eben nicht beherrschend war. Ich wollte eine Welt erschaffen, wo Ungeheuer die Wildnis regierten und auch der tapferste Krieger vor einer Nacht im Wald, außerhalb der schützenden Dorfmauern, zurückschrecken würde. Aus diesen Ideen entstand die Welt von "Scath"."Und hast Du die Regeln gezielt darauf hin entwickelt, oder kamen erst die Regeln und dann die Spielwelt?
"Die Regeln wurden gezielt entwickelt sind darauf ausgerichtet, das Gefühl, in einer alten Heldensage zu spielen, ein wenig wiederzuspiegeln. Dinge wie Eide, welche die Charaktere ablegen, haben magische Auswirkungen, das Schicksal spielt eine wichtige Rolle in den Regeln und das Buch beinhaltet auch Regeln für das Anführen und Kämpfen von großen Schlachten. Die Kampfregeln, die natürlich in einem solchen Setting sehr wichtig sind, sollten sehr actionlastig und dennoch strategisch sein."Wie kamst Du überhaupt auf die Idee, ein eigenes Rollenspiel zu entwickeln?
"Ich schreibe seit etwa zehn Jahren eigene Regeln und Settings für meine privaten Runden. Diese kamen bei meinen Spielern immer sehr gut an. Irgendwann einmal hatte ich so oft den Satz "du solltest mal was veröffentlichen" gehört, dass ich einfach beschloss, es zu versuchen. Der Gedanke daran, dass mir völlig unbekannte Spieler eine Kreation aus meinem Kopf durchleben und adaptieren, um daraus etwas völlig eigenes zu machen und hoffentlich viel Spaß dabei zu haben gefiel mir gut und verstärkte meinen Entschluss."Plaudere doch mal aus dem Entwickler-Nähkästchen. Wie kann ich mir die Entwicklung eines Rollenspiels so vom Arbeitsablauf und Arbeitsaufwand vorstellen?
"Dazu kann ich nicht so viel sagen, da dies mein erstes "professionelles" Projekt ist. Allerdings ist der Arbeitsaufwand nicht zu unterschätzen. Mir fallen ständig Dinge ein, die ich noch in den Text einbauen sollte, oder Regeln, die das System gut ergänzen würden, und das Buch wird dicker und dicker... Ich arbeite jetzt seit etwa sechs Monaten konzentriert daran, und es wird vermutlich an die 250 Seiten haben."Da möchte ich gleich noch nachhaken: Was würdest Du zu jemandem sagen, der selbst ein Rollenspiel entwickeln möchte?
"Sei begeistert von deiner eigenen Idee! Das Erfinden von Regeln und das Schreiben von langen Texten kann sehr schnell sehr anstrengend werden, wenn man nicht mit einer gehörige Portion Begeisterung an den Start geht. Außerdem solltest du versuchen, so viele von deinen Freunden, wie Interesse daran haben, in dein Projekt einzubinden. Mir haben, auch wenn das Projekt größtenteils eine One-Man-Show ist, sehr viele Leute mit Illustrationen, Webseite und einfachem Feedback geholfen. Solche Dinge sind unschätzbar!"Wie ist der aktuelle Entwicklungsstand?
"Im Moment sind etwa 150 Seiten des Buches mehr oder weniger fertig. Die Regeln sowie der Teil des Textes, der für die Spieler gedacht ist, müssen noch Korrektur gelesen werden, sind aber ansonsten so gut wie druckbereit. Das Spielleiterkapitel, welches weitere ca hundert Seiten haben wird, und vor allem Informationen über die Welt, ihre Geschichte und potentielle Gegner bzw Verbündete für die Spielercharaktere beinhaltet, wurde gerade begonnen."Und wie ist die Resonanz der Spieler?
"Ich habe etliche Testrunden gespielt, sowohl online (auf Roll20), als auch offline mit Freunden und Bekannten. Außerdem habe ich, bevor ich die Arbeit an dem Buch begonnen habe, drei Jahre lang eine Kampagne in der Welt von Scath geleitet. Der Feedback und die Kritik, die ich bekommen habe, waren größtenteils sehr positiv. Den meisten Leuten gefällt es, in eine doch sehr eigene Welt einzutauchen und die keltische Mythologie, von der nur Wenige Genaueres wissen, kennen zu lernen. Natürlich gab es auch ein wenig negative Kritik, vor allem bezüglich einzelner Regeln, aber das lässt sich nicht vermeiden. Die meiste dieser Kritik war durchaus berechtigt und Adaptionen wurden im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses durchgeführt ;-) "Wie wird die Zukunft aussehen? Kommt eventuell sogar eine gedruckte Version?
"Das RPG wird Mitte Juni mit einer Kampagne auf IndieGoGo starten. Das erste Ziel werden etwa tausend Euro sein um die Grundkosten für Illustrationen, Druck, Transport etc zu decken. Es wird sowohl eine "bloße" PDF Version, als auch sowohl Softcover als auch Hardcover Versionen geben!"Ich danke herzlich für die umfangreichen Antworten und verweise noch gerne auf die offizielle Webseite (Link) und die offizielle Facebookseite (Link)! NACHTRAG: Auf Nachfrage von Greifenklaue bestätigte Alex mir, dass das Buch vorerst auf englisch erscheinen soll. Bei genügend Nachfrage kommt es dann auch auf deutsch!