Gestern Abend war es wieder soweit: Rollenspielabend mit meinen Freunden aus der „alten“ Heimat. Für dieses Abenteuer entschied ich mich diesmal, einen Mix aus gleich drei verschiedenen SciFi-Spielen zu verwenden: Die Spielwelt inkl. Gegnern und Handlung aus dem Tabletop „Dropzone Commander“, das Regelwerk von „Ultima Ratio“ und das Abenteuer aus „Contact“. Aber warum genau diese drei Spiele, die ja eher kleine Nischenprodukte in ihrem jeweiligen Marktsegment sind?
Ganz einfach: „Ultima Ratio“, weil ich sowieso vor hatte es zu testen (Danke an den Verlag für das Rezi-Exemplar). Leider bietet das Grundregelwerk außer Regeln nahezu kein weiteres Spielmaterial, weshalb ich mich woanders bedienen musste: „Dropzone Commander“ ist zur Zeit eines meiner Lieblingstabletops (Link) und ich hab ja schon in zwei vorherigen Artikeln gemutmaßt, dass man dieses Szenario ideal für SciFi-Rollenspiele verwenden kann. Und hiermit trete ich jetzt den Beweis an ;-) Und schließlich das „Contact“-Abenteuer „Zug um Zug“, weil ich finde dass es durch seine modulare Linearität und seinen begrenzten Handlungsort (nämlich dem namensgebenden Zug) ideal für einen einsteigerfreundlichen OneShot verwendbar ist. Gespielt wurde mit den „Ultima Ratio“-üblichen W4, lediglich bei besonderen Ereignissen wie detaillierte passive Wahrnehmungsproben nahm ich die „Contact“-üblichen W100.
Wir starteten ganz klassisch mit der Charaktererschaffung nach „Ultima Ratio“-Regelwerk. Die dauerte insgesamt vielleicht eine viertel Stunde (wobei wir aber einige für diesen OneShot unpassende Dinge wegließen, z.B. Spezieskräfte) und dazu nochmal eine viertel Stunde Kauf von Ausrüstung. Meine beiden Spieler Anita und Stephan spielten Mitglieder der elitären UCM-Truppe Prätorianer, waren entsprechend schwer gepanzert und gut bewaffnet. Mit ihren Charakterkonzepten als Ingenieur (der aber von Allem ein wenig konnte) und Ermittlerin (die nebenbei noch Scharfschützin war) schienen sie dann aber auch kompetent genug, kampflose Situationen meistern zu können. Und schon ging es mit einem Notfallalarm in der heimischen Basis los!
Kommen wir jetzt zum Szenario. In diesem Abenteuer war die Rückeroberung der Erde schon ein wenig vorangeschritten, die UCM (United Colonies of Mankind) hatte zumindest ein paar Landstriche von den fiesen Scourge-Aliens befreien können. Um die verschiedenen Hauptquartiere und Garnisonen miteinander zu verbinden, wurde das Vorkriegsschienennetz repartiert und die alten Atom-Lokomotiven wieder in Dienst gestellt. Nun führt dieses Schienennetz aber durch das Gebiet eines örtlichen „Feral“-Resistance-Stammes, dem das natürlich gar nicht gefällt und der nur darauf wartet den Bahnverkehr zu sabotieren.
Nun zum konkreten Abenteuer: Den UCM-Truppen ist es gelungen, einen neuentwickelten Scourge-Kommandoflieger abzuschießen und aus den Wrackteilen sogar noch ein paar außerirdische Aged Ones-Infanteristen lebend zu bergen. Um sie möglichst schnell abzutransportieren (für einen Transportflieger ist es zu gefährlich) wird ein atomlokgetriebener Sonderzug eingesetzt. Im vorderen Teil befinden sich die Sicherheits- und Quarantänewaggons, im hinteren Teil Zivilwaggons mit wissenschaftlichen Mitarbeitern. Und genau dieser Zug hält plötzlich auf freier Strecke an und reagiert nicht mehr auf Funksprüche. Zeit also für das Prätorianer-Team „Omega“, dem auch die beiden SC’s angehören!
Rasch war bei Erklingen des Alarms die Ausrüstung zusammengepackt und die fünfköpfige Prätorianer-Einheit bestieg ein Raven-A Dropship. Auf dem Weg zum Einsatzort, unter dem feindlichen Radar immer dicht über den Bahnschienen entlang geflogen, erhielt man dann über Funk weitere Instruktionen: Den Zug finden, Kontakt herstellen und die Lage sondieren!
Irgendwann war der Zug dann gefunden und wurde einige Male überflogen, um sich ein genaues Bild der Lage zu machen: Die Gleise waren mit Baumstämmen blockiert, um den vorderen Teil herum lagen ein paar tote Zivilisten (nebenbei, hier wurde die Probe verpatzt, sonst hätten die Spieler erkennen/wissen können dass es sich eben nicht um Zivilisten, sondern um Ferals-Widerständler handelt). Der Prätorianer-Kommandant entschied sich nun, die Truppe solle sich abseilen und die Atom-Lokomotive sichern. Zuerst war Stephans Ingenieur an der Reihe, dieser versuchte auf dem Dach zu landen, verpatzte aber seine Probe, rutschte vom Dach und lag leicht verletzt rechts neben der Lokomotive im Staub. Als Zweites war Anitas Ermittlerin an der Reihe: Gerade als sie sich in das Seil eingeklinkt hatte, bemerkte sie dass eine Rauchwolke aus dem nahen Waldrand aufstieg: Eine Rakete! Schnell sprang sie aus dem Dropship und versuchte sich abzuseilen, doch sie hatte erst die halbe Höhe geschafft als die Rakete ins linke Triebwerk einschlug. Der Raven-A wackelte kurz, schien sich doch noch halten zu können, aber kippte dann langsam zur Seite weg. Anita konnte noch gerade so auf dem Dach landen, als der Flieger dicht links neben dem Zug (und damit links von ihr auf dem Zugdach) niederging und explodierte. Die Druckwelle schleuderte sie vom Dach und nun lag auch sie verletzt neben Stephan.
Aber zum Selbstmitleid war keine Zeit, denn gleichzeitig schien die Lokomotive einen grellen Plasmablitz abzuschießen, welcher die blockierenden Bäume hinwegfegte - natürlich hat nicht die Lokomotive geschossen, sondern ein Aged One mit seiner Plasmakanone aus der Führerkanzel heraus, aber das wussten die Spieler ja noch nicht. Und eben jener Aged One ließ sich den Zug dann auch rasch in Bewegung setzen! Die Charaktere versuchten, sich aus dem Staub aufzurappeln und auf den fahrenden Zug aufzuspringen, doch gelang ihnen dies erst als schon einige Waggons an ihnen vorbeigefahren waren. Schließlich schafften sie es aber doch und fanden sich nun im hinteren Sicherheitswaggon wieder. Hier hatte es wohl ein heftiges Feuergefecht zwischen UCM-Wachpersonal und angreifenden Resistance-Ferals gegeben. Nachdem der Waggon gründlich durchsucht wurde, konnten die Spieler am Steuerpult der Überwachungsanlage die Videoaufzeichnungen für diesen Raum sehen und erkennen, mit welcher Übermacht es die UCM-Wachen zu tun hatten nachdem der Zug abrupt gestoppt wurde.
Weiter ging es in den Quarantäne-Wagen, in dem die Scourge-Überlebenden gefangen sein sollten. Die Sicherheitsschleuse war verschlossen, aber an der Tür erschien ein sich seltsam roboterhaft bewegender UCM-Soldat welcher versuchte die Spieler abzuwimmeln. Diese ließen sich natürlich nicht entmutigen, sondern hackten sich in die Steuerungskonsole der Tür und versuchten diese damit zu öffnen. Hätte sogar fast geklappt, wenn der UCM-Soldat nicht den manuellen Notschließknopf gedrückt gehalten hätte. Nachdem auch weitere Überredungsversuche scheiterten - offensichtlich sind von den Scourge gedankenkontrollierte Personen nicht für rationale Argumente zugänglich ;-) – musste es ein gezielter Schuss durch das kleine Glasfenster der Tür richten (Ein Schuss auf die eigenen Truppen - Hier kam eine der guten Ideen von „Ultima Ratio“ zum Einsatz: Proben auf Moral). Im bereits ziemlich leichenreichen Quarantäne-Abteil mussten sich die Spieler dann noch gegen weiteres gedankenkontrolliertes UCM-Personal und Ferals zur Wehr setzen, konnten aber die Oberhand behalten.
Wieder durchstöberten die Spieler die Überwachungsprotokolle des Zugabteils und konnten die Geschehnisse nun besser verstehen: Die Resistance-Ferals verschafften sich mit Geiseln Zutritt zum Quarantänewagen und öffneten dann die verschlossenen Gefängniszellen. Offensichtlich hatten sie aber nicht erwartet, dass sich darin Scourge-Gefangene aufhielten… Die Gefangenen nutzten jedenfalls ihre Chance, überwältigten ihre Befreier, schnappten sich ihre Plasmawaffen (welche ebenfalls zu Untersuchungszwecken mit ins Hauptquartier sollten und, man weiß ja nie ob die Dinger nicht gefährlich sind, deshalb mit im Quarantänewagen gelagert wurden) und zogen weiter in Richtung Lokomotive. Dann passierte etwas Seltsames: Die Gefangenen (darunter auch der Tür-Wächter) schienen von irgendetwas befehligt zu werden, offensichtlich schienen sie unter einer fremden Gedankenkontrolle zu stehen. Dann endete das Video…
Offensichtlich durfte man also niemandem trauen, sodass sich die Spieler nun noch vorsichtiger in Richtung Lokomotive vorkämpfen wollten. Um das Tempo etwas anzuziehen und die Spannung zu erhöhen, bekamen sie nun eine Funkdurchsage: „Auf der Strecke vor euch steht ein liegengebliebener Munitions- und Treibstoffzug! In müsst den Zug innerhalb von 15 Minuten stoppen sonst gibt es eine Katastrophe!“.
Jetzt wurden sie wieder unvorsichtig, denn sie liefen im nächsten Waggon (den Transporter mit den Trümmerteilen des abgeschossenen Scourge-Schiffs) direkt in einen Hinterhalt. Plasmaladungen flogen ihnen um die Ohren, und die widrigen Sichtverhältnisse in dem Waggon machte das Zielen auch nicht einfacher. Erst im letzten Moment, durch ein mutiges Flankenmanöver, konnten die beiden Aged Ones erledigt werden. Schließlich waren sie dann irgendwann bei der Lokomotive angekommen. Der Lokführer stand auch mittlerweile unter Gedankenkontrolle, war aber kein schwieriger Gegner. Nach einigen erfolgreich gewürfelten Proben konnten der Zug dann zum Stehen gebracht werden. Ende gut, alles gut?
Noch lange nicht! Aus der Entfernung konnten sie ein Flugobjekt erkennen, welches rasch näher kam. Es genauer zu betrachten, fehlte aber die Zeit, denn über die Dächer der Waggons stürmten noch zwei Aged Ones wild feuernd auf die Lokomotive zu. Die beiden Angreifer zu treffen war ziemlich schwierig (starke Würfel-Mali auf sich schnell bewegende Gegner), aber letztlich gelang es doch immerhin einen von ihnen abzuschießen und selbst ohne Schaden zu bleiben. Der zweite Gegner war gefährlich nah, brach jedoch plötzlich seinen Angriff ab und verschwand zwischen zwei Waggons in Deckung. Grund dafür war der Intruder Alpha, ein leichtes aber scher bewaffnetes Scourge-Dropship, welcher seine Plasmasalven auf die Atomlok entlud. Den hatten die Spieler glatt vergessen :-P
Schnell gingen sie in Deckung und funkten eilig das Hauptquartier an. Diese versprachen sofortige Luftunterstützung, die aber noch ein paar Minuten dauern würde… In dieser Zeit zogen sich die Spieler in die gepanzerten Waggons zurück, während der Indruder Alpha fröhlich seine Kreise zog und die Atomlok sowie die ungepanzerten Abteile am Zugende in Brand schoss. Dann setzte er Razorworm-Bodentruppen neben dem Zug ab. Just in diesem Moment kamen aber endlich die Luftunterstützung: Ein Archangel Interceptor Squadron schoss das gegnerische Dropship ab, dicht dahinter folgte ein Falcon Gunship Squadron, welches die Razorworms unschädlich machte ehe sie den Zug besteigen konnten. Die Spieler flüchteten sich ins nun sichere Freie, denn der Zug brannte mittlerweile schon ziemlich heftig. Keine Sekunde zu spät trafen immer mehr UCM-Dropships ein, deren Truppen sich umgehend daran machten das Feuer zu löschen und wenigstens noch ein paar Beuteteile zu retten.
Mittelmäßig erfolgreich war das Abenteuer dann nun zu Ende. Die Spieler hatten trotzdem ihren Spaß, was ja das Wichtigste ist. Als Spielleiter muss ich sagen, das „Ultima Ratio“-Regelwerk hat doch die ein oder andere Schwäche, aber auch einige Stärken. Mehr dazu im kommenden Review. „Contact: Zug um Zug“ hat als Abenteuer(-Inspiration) auch gut funktioniert, allerdings fielen bedingt durch das Szenario einige komplexeren Handlungsverläufe flach (Spoiler: Zivilisten, Verräter & Geheimbünde) sodass es diesmal mehr eine Art linearer Dungeon Crawler (Train Crawler, hehe) war. „Dropzone Commander“ hat, wie ich es bereits dachte, als Setting für militärische Science Fiction - Abenteuer gut funktioniert.
So, zum Schluss noch was die Spieler nicht herausgefunden haben: Warum die Resistance eigentlich die Aliens freigelassen hat? Die wussten nicht, was da drin war, und dachten es wären eventuell gefangene Kampfgenossen die man befreien könnte. Oder sonstwer, jedenfalls keine fiesen Scourge-Aliens die auch noch Gedankenkontrolle können :-)