Das universelle Fantasy-Setting „Schnutenbach“ (Link), einstmals geschrieben und dann regelmäßig erweitert vom Rollenspiel-Urgestein Karl-Heinz Zapf, hat sich in den letzten Jahren ja mehr oder minder deutlich in Richtung düsterer DungeonCrawler entwickelt. Egal ob man eine magische Glocke in einer Dunkelzwergen-Festung (Link) finden sollte oder ob es ein okkultes Blutmond-Ritual (Link) zu verhindern galt, immer wieder paarte sich in den Zapf'schen Werken eine eher simple, aber mehr als nur umfangreich beschriebene Hintergrundgeschichte mit einem sehr kreativen Dungeon-Design...

 

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Alle paar Jahre veröffentlicht der mehrfach ausgezeichnete Autor (Link) dann aber auch ein Abenteuer, welches aus den altbekannten (und gut funktionierenden!) Pfaden ausbricht und deshalb besonders bemerkenswert ist. Beispielsweise das Reiseabenteuer "Siebenbrucken" (Link), welches einen neuen und noch viel düsteren Landstrich einführte. Und auch „Die Brut des Bösen“ wird sich nun in die Reihe der „vom Weg abgekommenen“ Zapf-Werke einreihen, denn diesmal gibt es einen kammerspielartigen Kriminalfall. Dieser spielt wieder im Riesenjoch-Gebirge, also dem Ort, an dem (gefühlt) all die schlimmen Dinge passieren, die in der „Schnutenbach“-Welt halt so passieren ;-) Dort geht mit der Weißen Bestie ein gar schreckliches Monster um, welches arglose Reisende brutal überfällt und sich zusätzlich auch noch ihrer wertvollen Habseligkeiten bemächtigt. Aber die nahegelegene Wachgarnision ist viel lieber mit Saufen beschäftigt, sodass die ganze Ermittlungsarbeit natürlich an den Spielenden hängenbleibt :-P Der primäre Schauplatz des Abenteuers ist die kleine Taverne „Zum letzten Kamin“, in welche eine ganze Hand voll Reisende und auch abgehalfterte Halunken eingekehrt sind, da das eisige Wetter draußen viel zu stürmisch für eine Weiterreise ist. Soweit, so klassisch, aber am nächsten Morgen ist die junge Frau Irmenlind verschwunden. Nur noch ein zerstörtes Zimmer und eine ganze Menge Blut erinnern an die talentierte Bardin, welche am Abend zuvor mit ihrem Spottgesang einige Gäste provoziert hat – War vielleicht einer von ihnen der Mörder? Oder ist die Weiße Bestie in die Taverne eingedrungen, um sich ihr nächstes Opfer zu holen?

 

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„Die Brut des Bösen“ teilt sich in drei Akte auf, wobei das Ausspielen des Auftaktes maßgeblich dafür verantwortlich ist, wie lang man benötigt und wie immersiv das Spielerlebnis wird. Denn am Vorabend des Verbrechens sind quasi alle relevanten Personen in der Taverne versammelt, sodass man sich intensiv mit ihnen und ihrer jeweiligen (wie immer bei einem „Schnutenbach“-Abenteuer gut ausgearbeiteten) Hintergrundgeschichte auseinandersetzen kann. Umso größer ist dann natürlich die Spannung im zweiten Akt, wenn die Ermittlungen beginnen und man nun die lieb gewonnenen Figuren verdächtigen muss – Denn sind wir ehrlich, manche Personen haben sich am Vorabend irgendwie verdächtig verhalten... Oder war es doch die Weiße Bestie? Das erfährt man spätestens im dritten Akt, wenn man sich (da kann der Karl-Heinz nicht aus seiner Haut :-P) im großen Finale durch einen kleinen Dungeon crawlt.

 

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Um es mal vorweg zu nehmen: „Die Brut des Bösen“ ist ein sehr spaßiges Krimi-Abenteuer, welches aber maßgeblich von der Erzählfreude der Spielenden lebt. Wenn sie im ersten Akt nur beieinander hocken, ohne sich mit den ganzen NSCs zu befassen, und sich im zweiten Akt nur auf die paar Indizien zu stürzen, ohne wild irgendwelche NSCs zu beschuldigen, dann wird das ein einzelner, ziemlich kurzer Spieleabend. Umgekehrt kann man mit sehr ausgiebigen Charakterspiel und dem offensiven Anlabern jeder noch so unwichtigen Nebenfigur auch gut und gerne drei Spieleabende benötigen. Entsprechend groß ist – auch da bleiben sich die „Schnutenbach“-Abenteuer treu – aber auch die Anforderung an die Spielleitung. 108 Seiten umfasst das Softcover, noch ein paar mehr das bald erscheinende Hardcover, beide vollgepackt mit Fließtexten. Die lesen sich zwar wirklich gut weg, denn der Karl-Heinz kann toll schreiben, aber man muss sich als Spielleitung halt wirklich viel herausarbeiten. Immerhin gibt es ein paar kleinere Hilfestellungen (z.B. Handouts & Zufallstabellen). Ein witziger Meta-Gag ist übrigens, dass der Autor höchstselbst als ermittelnde Nebenfigur beziehungsweise wandelnder Hinweisgeber auftritt :-) Auch im Hinblick auf Layout & Lektorat ist „Die Brut des Bösen“ ein typisches „Schnutenbach“-Abenteuer, sodass sowohl Fans der Reihe als auch generell Fans von Fantasy-Krimis für läppische 14,95 € bedenkenlos zugreifen können.

 

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Fazit: Das lange Warten auf den neuen „Schnutenbach“-Band hat sich gelohnt, denn „Die Brut des Bösen“ (Link) ist ein sehr spaßiger Fantasy-Krimi, der allerdings primär von der Spielfreude der Gruppe lebt.

PS: Umfangreicher wird das Hardcover übrigens wegen ca. einem Dutzend Seiten mit Bonusmaterial, beispielsweise vier neuen Nebenfiguren. Nur deswegen muss man aber nicht vom Soft- auf das Hardcover wechseln, denn dieses gibt es auf der offiziellen Webseite auch zum Download (Link).