Der „Publikumspreis für Eskapismus, Nerdkultur & Phantastik“ (Link) hat ja vor allem ein Ziel: Aufmerksamkeit schaffen! Normalerweise bei den Lesenden dieses Blogs und generell der Phantastik-Szene – Doch in diesem Jahr auch bei mir, denn gleich zweimal waren Werke erstplatziert, von denen ich nie zuvor jemals etwas gehört hatte. Bei den Rollenspielen „Vaesen“ (okay, da hat mal jemand kurz was im Podcast (Link, genau nach 1 h) erzählt, aber ich habs gleich wieder vergessen ;-)) und bei den Comics „Nachtwächter“. Um diese Bildungslücke zu schließen hat mir die Autorin Tanja Kummer ihr Werk auf der „Comic Con Stuttgart“ (Link) in die Hand gedrückt – Und ich finde ein „Goldener Stephan“-Comic ist die perfekte letzte Blog-Rezension für dieses Phantastik-Jahr :-D Die baden-württembergische Mittelstadt Backnang ist hier ein Hort des Verbrechens, denn Drogenhandel, Überfälle und Vandalismus greifen um sich. Leider sind die beiden Kommissare Fritz und Mark in ihrem Job nicht wirklich erfolgreich, besonders nachdem Marks Frau überfahren wird und Fritz ins Visier des Bundeskriminalamtes gerät. Aber Rettung naht in Form des titelgebenden Nachtwächters, einem scheinbar übernatürlichen Selbstjustizler in Engelsgestalt – Das war jetzt noch kein Spoiler, denn man sieht ihn auf dem Buchcover :-P Aber ab jetzt wird wirklich gespoilert, also springt eventuell zum Fazit vor! Mark selbst ist der Nachtwächter, verdammt zur Selbstjustiz, weil er als Schutzengel seiner Frau versagte. Aber so richtig kommt er nicht klar mit seiner Aufgabe, weshalb er in einen Abwärtsstrudel aus Sex und Alkohol gerät. Als sein Polizei-Kollege Fritz des Drogenhandels verdächtigt wird und er aus Befangenheitsgründen zwangsbeurlaubt wird, nähert er sich der Prostituierten Lena an. Da diese zufälligerweise auch noch Drogen verkauft, kommt es, wie es kommen muss, denn alles gehört irgendwie zusammen... Kommen wir direkt zum großen Problem dieses Comics: 60 Seiten umfasst das Hardcover-Büchlein, das ist viel zu wenig! Denn obwohl „Nachtwächter“ auf einer gleichnamigen Kurzgeschichte basiert, musste die Handlung für die Comic-Umsetzung nochmal gekürzt werden – Und das merkt man tatsächlich deutlich, hier passieren Dinge einfach zu hopplahopp, beispielsweise wird innerhalb von wenigen Panels beziehungsweise rund einer Seite aus „Du bist Polizist, ich verkaufte dir keine Drogen“ ein „Ich verkaufe dir Drogen, würde die aber niemals selbst nehmen“ und dann ein „Okay, wenn du mir Geld gibst, nehm ich mit dir gemeinsam Drogen“. Kleiner Tipp am Rande fürs echte Leben: Wenn ein Polizist oder eine Polizistin „Vertrau mir“ sagt, sollte man ihm/ihr das vielleicht nicht glauben, wenn man gerade mit Drogen dealt ;-) Nichtsdestotrotz funktioniert diese Krimi-Geschichte, die sich wirklich schnell und gut wegliest. Also halt zu schnell, aber trotzdem gut – Aber wie toll wäre sie erst gewesen, wenn die nochmal 20 oder gar 40 Seiten umfangreicher gewesen wäre? Dann hätte man auch mehr von Detlef Klewers interessanten Zeichnungen sehen können. Dieser hat ja einen ganz eigen(willig)en Zeichenstil, den ich bereits mehrfach hier im Blog lobte, welcher mich an mit einem Comic-Filter bearbeitete Fotografien erinnert. Wenn ich ihn mal auf irgendeiner Convention treffe, muss er mir unbedingt erklären, wie er das macht. Ich vermute mal, dass er Fotografien als Vorlage nimmt und dann recht detailgetreu umsetzt, vielleicht sogar drüber paust, was beispielsweise erklären könnte, warum manche Figuren etwas unnatürlich in der Gegend rumstehen und warum in einer Actionszene die Pistole das Fabrikat wechselt ;-) Nichtsdestotrotz schaut man sich die Zeichnungen gern an, denn sie bringen (auch dank der Kolorierung) sehr treffend genau die Stimmung herüber, welche die Autorin intendiert hat. Comic-Fans, gerade wenn sie Mystery-Krimis sammeln, dürfen sich das auf 200 Seiten limitierte und durchnummerierte Hardcover also gern ins Regal stellen. Fazit: Was für ein würdiger Abschluss des Blog-Jahres! Mit dem „Goldenen Stephan“ für „Nachtwächter“ (Link) bin ich völlig cool, denn dieser kleine Indie-Comic bietet Detlefs interessanten Zeichenstil und vor allem eine zwar etwas stark eingekürzte, aber insgesamt gut funktionierende Mystery-Thriller-Antihelden-Story. Der erste Comic-Ausflug des „Leseratten Verlags“ hat also funktioniert, diese Produkt-Sparte darf daher gern noch erweitert werden :-)
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