Der kleine Augsburger Verlag „Bunte Dimensionen“ hat ja eine große thematische Bandbreite an Comics im Programm, mittlerweile sogar Mangas. Dort geht es dann um heroische Männer, die im Krieg zu echten Helden werden (franko-belgische Kriegsgeschichten sind ja der Verkaufsschlager des Verlags), um irgendwelchen alternativ-historischen Fantasy-Krimskrams und um hübsche Frauen, welche immer wieder die Welt retten (denn die „Carmen Mc Callum“-Reihe (Link) ist das qualitative Verlagshighlight) – Was diesen Bänden allesamt gemeinsam ist? Sie sind bierernst! Also klar, gerade die pulpigen Geschichten entlocken mir auch mal ein Schmunzeln, aber dezidierter Humor ist mir in dem vielfältigen Verlagsprogramm noch nicht untergekommen. Bis jetzt! Denn nun reisen wir gemeinsam nach Fairtaylia, einer nur auf den ersten Blick kindlich-bunten Fantasy-Welt voller satirischer Übertreibungen und auf links gedrehter Klischees. Fast schon irgendwie „Rick & Morty“ im Disney-Universum, noch dazu von zwei deutschen Autoren. Kann das überhaupt was werden?
Diese titelgebende Fantasy-Welt ist der Abenteuerspielplatz von fünf Kindern, welche durch ein Portal in einem verlassenen Freizeitpark eben dort hineingelangen können. Dort müssen sie alle mögliche Heldentaten vollbringen und selbst zur Herrschenden werden, ohne dass es in der echten Welt für sie Konsequenzen hat, da die Zeit scheinbar nicht vergeht. Alles ist perfekt – Bis der zwölfjährige Tommy seinen Eltern davon erzählt und damit den Untergang der Fantasy-Welt einläutet. Denn die glauben ihm natürlich nicht, sondern schicken ihn zum Psychologen, der seine Phantasie mit ein paar leckeren Pillen ruhigstellt... Die Freundesgruppe löst sich auf, niemand besucht mehr Fairtaylia, weshalb es ohne Schutz ins absolute Chaos stürzt.
Schlecht für Fairtaylia, gut für die Kinder, denn nun lernen sie den Ernst des realen Lebens kennen. Aus dem verspielten Tommy wird beispielsweise der berüchtigte Kinderpsychologe Thomas, der mit seinem Kreuzzug gegen die Phantasie ein scheinbar perfektes Leben inklusive Reichtum und Traumfrau finanzieren kann. Entsprechend ungläubig ist er zunächst, als ihn zwei seiner Fairtaylia-Kindheitsgefährten (ein fluchendes Eichhörnchen und eine Fee, welche gern mal die Kettensäge schwingt) aufsuchen und damit seinen „Das war alles nur Einbildung“-Schutzschirm einreißen. Denn die Königin der Qualen will sich mitsamt ihrer Armee der Finsternis die Fantasy-Welt untertan machen! Also muss Thomas, ob er will oder nicht, seine alten Clique zusammentrommeln, um Fairtaylia zu retten. Doch das ist gar nicht so einfach, denn aus den Kindern sind mehr oder minder erfolgreiche, aber stets sehr ambivalente Erwachsene geworden. Die Bestsellerautorin mit Schreibblockade und die streitsüchtige Schauspielerin sind da noch am einfachsten zu rekrutieren, schwerer wird es schon beim drogenabhängigen Pharma-Boss und dem aktuellen US-Präsidenten...
„Back to Fairtaylia“, welches mich nicht nur vom Titel her frappierend an die erfolgreiche „I hate Fairyland“-Reihe erinnert, ist tatsächlich – und da kommen wir zurück zur Einleitung dieser Rezension – ein humorvoller Fantasy-Comic. Nicht jeder der zumeist platten Witz sitzt, doppelte Böden gibt es kaum (weshalb mein ursprüngliche Assoziation etwa zu „Rick & Morty“ schon etwas arg übertrieben war), aber doch machen diese ersten beiden von insgesamt sechs Kapiteln (welche „Bunte Dimensionen“, die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben, in einen 52-seitigen Sammelband packte) erstaunlich viel Spaß! Wobei ich sehr gespannt bin, in welche Richtung sich die Geschichte und auch der Humor entwickeln werden, denn bisher ging es nur um die Cliquen-Reaktivierung in der realen Welt. Einzelne Rückblenden zeigen jedoch, was für ein Splatter-Fest die geneigten Genre-Fans erwarten könnte. Bleiben wir also allesamt gespannt auf den zweiten Band 😉 Bereits jetzt lässt sich aber resümieren, und damit sind wir auch schon beim Fazit, dass der Augsburger Kleinverlagsausflug in das Humor-Genre eine gute Entscheidung war. Zwar sitzt nicht jeder Witz, aber ich kenne mehr als genug Comic-Lesende (u.a. Stephan, den Namensgeber dieses Blogs), die genau solch eine Geschichte abfeiern. Und da das dann auch noch ziemlich nett aussieht, gebe ich hier gern eine Empfehlung für „Back to Fairtaylia #1“ (Link).