Es sind mal wieder WildWest-Wochen beim „Splitter Verlag“ (zumindest waren in meinem Rezi-Paket ungewöhnlich viele Genre-Vertreter 😉), was den großen Vorteil bietet, dass man in schneller Reihenfolge verschiedenste Comic-Interpretationen des Wilden Westens miteinander vergleichen kann. Nachdem es mit „Canary“ (Link) zuletzt in die Horror-Richtung ging, bekommen wir diesmal eine klassische Rache-Geschichte mit einem ganz leichten Hauch an Übernatürlichkeit. Ob ich wieder so angetan sein würde?
 

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Im Jahr 1877 hat sich ein ungewöhnliches Duo (und später Trio) zusammengefunden: Die handlungstreibende Figur ist der junge Cheyenne Dull, welcher die mystische Gabe besitzt, quasi „lebendige“ Zeichnungen anzufertigen. Da sein Stamm von fundamentalistischen Cowboys ausgelöscht wurde, nahm ihn der Fotograf Oscar unter seine Fittiche. Gemeinsam ziehen sie durchs Land, um für die örtlichen Gesetzeshüter beeindruckend realistische Phantomzeichnungen anzufertigen. In einem abgelegenen Prärie-Städtchen laufen sie dabei der PoC-Kopfgeldjägerin Silent Rose über den Weg, welche nach einigem (bleihaltigen) Hin-und-Her tatsächlich auf der Suche nach den selben Männern ist, die damals Dulls Stamm ausrotteten. Also schließt man sich zusammen, um gemeinsam noch ein paar mehr Bleikugeln durch die Gegend zu jagen...
 

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Tatsächlich ist das dann auch schon die gesamte Handlung dieses 104 Seiten starken Comics, der eine überraschend geradlinige Rache-Geschichte mit wirklich schönen Zeichnungen verbindet. Hier geht es einfach nur darum, dass sich das Trio zusammenfindet, um gemeinsam die Zielperson sowie seine Bande abzuballern. Kein störender Ballast, kein Worldbuilding, keine Hintergrundinfos (außer über Dulls mystische Zeichenfähigkeiten), keine unnötige Romanze oder verklärenden Kitsch-Landschaftsbilder. Nein, hier geht es direkt zu Sache! Und zwar durchaus heftiger, als die hübschen Zeichnungen es vermuten lassen: Arme werden abgehackt, Köpfe bekommen faustgroße Löcher, man wirft mit dem N-Wort um sich (Hey Splitter, vielleicht doch mal über Trigger-Warnungen nachdenken?) und eine möglicherweise nekrophil motivierte Vergewaltigung gibt es auch noch oben drauf! Und wisst ihr was? Dieser Brutalo-Western funktioniert ganz hervorragend! Dadurch, dass es eben keine Umschweife gibt, liest man sich quasi in einen Adrenalin-Rausch, der einen Seite um Seite begierig umblättern lässt 🙂 Okay, hinterher fragt man sich dann doch, ob die Geschichte nicht etwas zu dünn war. Aber während des Lesens hat man hier so viel Vergnügen, wie man es sonst selten bei solch einem Genre-Vertreter findet. Daher kann ich gar nicht anders, ich gebe ein positives...

Fazit: Mag ja sein, dass einem nach der Lektüre ein paar Schwächen von „Wanted: Ein Steckbrief auf Blut“ (Link) in den Sinn kommen. Aber während man es liest, hat man als Genre-Fan die Zeit seines Lebens!

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