Ach je, es ist schon wieder passiert... Die gesamte Blogger-Szene feiert einen Comic, bekommt sich vor Lobeshymnen gar nicht mehr ein, und dann bin ich wieder der Spielverderber. So war es schon bei „Herbst an der Bucht der Somme“ (Link), so ist es bei der für sich halbwegs alleinstehenden Fortsetzung „Winter in der Oper“. Denn erneut muss hier der phantastische Kolorist und ganz ordentliche Zeichner Alexis Chabert die sprichwörtlichen Kohlen aus dem Feuer holen, weil Szenarist Philippe Pelaez einfach keine guten Krimis schreiben kann...
In einem der unzähligen Pariser Opern hängt der Leibwächter des Präsidenten blutüberströmt über dem schockierten Publikum, ermordet von einer ebenso schönen wie mysteriösen Unbekannten. Der geschasste Inspektor Amaury kann die Täterin zwar kurzzeitig stellen, sorgt bei der verpatzten Verhaftung aber lediglich dafür, dass sie von da nicht mehr schön ist 😉 Dem „Phantom der Oper“ gleich sorgt sie nun nicht nur innerhalb der Oper für Angst und Schrecken. Inspektor Amaury driftet derweil einerseits in die Esoterik ab, da er noch immer um seine Tochter trauert, und andererseits knüpft er Kontakte ins nationalistische Milieu, da man ihn aufgrund der Ereignisse des Vorgängerbandes zu schätzen weiß. Aber trotz allem Hin und Her, nichts hält ihn auf, um die Mörderin – obschon sie sogar übernatürliche Fähigkeiten besitzt – doch noch ihrer gerechten Strafe zuzuführen...
„Winter in der Oper“ lässt mich ein wenig ratlos zurück. Denn immerhin gelten weiterhin all die Kritikpunkte des Vorgängerbandes „Herbst an der Bucht der Somme“ (Link), welcher laut „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) wie auch der aktuelle Band als für sich alleinstehender Einzelband gelesen werden kann. Und ja, das funktioniert tatsächlich, aber es ist mehr als offensichtlich, dass das hier als Reihe angelegt wurde – Ich wette, nächstes Jahr kommt irgendwann ein Frühlingsband und dann der abschließende Sommer 😉 Ich hoffe, dann schreibt der Autor endlich mal eine gute Krimi-Handlung, denn diesmal ist es ihm erneut nicht gelungen. Es gibt einfach zu viele Story-Schnipsel, welche mehr als nur 72 Seiten gebraucht hätten. Nationalistischer Terror, Schmerzbewältigung im Drogenrausch, die Opern-Mordserie mitsamt der übernatürlichen Hintergründe... Und überhaupt, wo kommt denn jetzt die Übernatürlichkeit her? Also klar, esoterischer Quatsch war Ende des 19. Jahrhunderts richtig populär, aber wird das plötzlich als real dargestellt? Will Pelaez hier nun das Genre wechseln, hin zu einem Mystery-Krimi oder gar Urban Fantasy? Das wäre nämlich etwas ärgerlich, wo sich doch Chabert quasi einen Wolf zeichnet, damit man ein realistisches oder wenigstens authentisches Gefühl jener Zeit bekommt. Wobei ich seinen Zeichenstil trotzdem erneut kritisieren muss, denn zu oft geht er etwas zu sehr in Richtung einer Karikatur – Nur um dann aber ganz phantastische Farben auf die Bilder draufzuklatschen, sodass man sich über die wunderbare Atmosphäre erfreuen kann.
Fazit: Und so bleibe ich mit meiner Wertung auch überraschend nah am Vorgängerband, denn „Winter in der Oper“ (Link) ist als Krimi (selbst wenn man Mystery mag) eher schwach, aber als Bildband fürs Regal durchaus nett.