Dass das dystopische „Cyberpunk 2077“-Universum noch viel mehr Geschichten zu bieten hat, als nur die Kampagne des vielfach kritisierten Videospiel-Disasters (wobei man zugestehen muss, dass es auf dem PC mittlerweile ganz ordentlich läuft), wissen Fans des ursprünglichen Pen-&-Paper-Rollenspiels natürlich schon lange. Aber auch der Popkultur-Mainstream sollte das u.a. dank der ganz okayen Netflix-Animeserie und dem spaßigen „Trauma Team“-Comic (Link) langsam mitbekommen haben ;-) Nun also der nächste Comic, wieder vier US-Hefte in einem Sammelband, mal schauen ob das wieder gut wird... Oriona ist eine junge Cyberpunk-Söldnerin, die ihre Aufträge trotz geringer Berufserfahrung ziemlich gut meistert. Aber eines Abends kehrt sich von einem Treffen mit einem Auftraggeber nicht mehr zurück – Das erste der vier Kapitel ist vorbei, die Geschichte ist schon zu Ende... Oder noch nicht? Denn Achtung, jetzt folgt der große Spoiler: Um Oriona geht es eigentlich gar nicht! Also irgendwie schon, denn sie ist die personifizierte Handlungsmotivation der eigentlichen Hauptfigur, nämlich Orionas Mutter Teresa. Die jobbt, obschon die Pension ihres Mannes eigentlich für ein gemütliches Rentnerleben reichen würde, noch als Niedriglöhnerin in einem Diner und kümmert sich ansonsten um ihre Enkelin, also Orionas zurückgelassene Tochter. Was kann so eine alte Frau denn nur ausrichten? Tatsächlich entfesselt Teresa ihren inneren „John Wick“, denn wie die ikonische Filmfigur ist sie auch eine ehemalige Superduper-Killerin, welche ihren Job der Familie wegen an den Nagel gehängt hat. Nun also raus mit den fetten Wummen, alte Business-Kontakte reaktiviert und rein in die verdorbene Metropole Night City. Und dort metzelt sie sich dann ausgesprochen skrupellos durch Orionas ehemalige Arbeitskollegen, bis sie die Aufmerksamkeit ihres Mörders erlangt. Was folgt, ist ebenso vorhersehbar wie blutig... Wie schon „Trauma Team“ erfindet auch „Ehrenwort“ das narrative Rad nicht neu, sondern klaut sich fröhlich bekannte Versatzstücke aus der Popkultur (hier eben beispielsweise „John Wick“ und so ziemlich jedem anderen Rache-Actionfilm) zusammen, um darüber dann das düstere „Cyberpunk 2077“-Setting zu stülpen. Das funktioniert an sich wieder ziemlich gut, macht die Geschichte aber auch ziemlich vorhersehbar. Diese Vorhersehbarkeit lässt die gerade mal 108 Seiten dann auch mitunter etwas lang wirken, drei statt vier US-Hefte beziehungsweise Sammelband-Kapitel hätten es auch gereicht. Dafür ist das etwas abrupte Ende ein ordentlicher Schlag in die Magengrube, mit etwas mehr emotionalem Tiefgang wäre die Wirkung aber so viel stärker gewesen – Also vielleicht sogar lieber ein, zwei Kapitel mehr? Ich bin mir eigentlich nicht so sicher, aber andererseits könnte man dann auch mehr der atmosphärischen Zeichnungen anschauen, also bin ich vielleicht doch für das „mehr Seiten“-Team ;-) Aber egal ob so oder so, „Ehrenwort“ ist jedenfalls wie schon der Vorgängerband ein sehr atmosphärischer Action-Snack, sodass ich hoffe, dass „Panini Comics“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) auch die weiteren Bände eindeutschen wird. Fazit: „Cyberpunk 2077 #2 Ehrenwort“ (Link) bietet für Fans des Videospiels eine zwar ziemlich generische, aber dank der Zeichnungen auch ziemlich atmosphärische Cyberpunk-Rachestory.
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