Nun ist Superman ja mit Fähigkeiten gesegnet, die ihn zu einem echten Supermann machen. Selbst durch den Weltraum fliegt er ratzfatz, die allermeisten Feinde sind (wenn sie nicht gerade über Kryptonit verfügen) auch mit Leichtigkeit besiegbar. Und alle lieben den außerirdischen Strahlemann, besonders die Traumfrau Lois Lane... Aber was passiert, wenn er mal doch nicht so super ist? Kommt er überhaupt damit klar? Genau darum geht es in dem Mammutwerk „Superman: Lost: Der verlorene Held“, denn hier verliert er auf 256 Seiten (also 10 US-Einzelheften) nicht nur seine Kräfte und zwanzig Jahre Lebenszeit, sondern auch noch sich selbst!
Dabei beginnt die Geschichte noch recht klassisch, denn bei der Beilegung eines internationalen Konflikts um ein chinesisches U-Boot (welches sich als Raumschiff herausstellt) wird er in eine ferne Galaxie geschleudert. Die ersten zwei Jahre wandert er ziellos durch den Weltraum, dann kommt er zu einem im Sterben liegenden, hardcore-libertären Planeten, dessen verschiedene Völker mal so gar keine Lust auf seine Rettungsversuche haben. Und weil seine Kräfte immer mehr schwinden, kann er irgendwann eh nix mehr reißen, selbst als mit der jungen Frau Hope ein vermeintliches Mitglied des Green Lantern Corps auftaucht. Aber die spielt ohnehin nicht mit offenen Karten!
Nach zwei Dekaden schafft er es dann doch zurück auf die Erde, was jetzt kein Spoiler ist, da diese Handlung von Anfang an parallel erzählt wird 😉 Das Problem ist nun aber, dass für Superman zwar 20 Jahre voller Entbehrungen und Niederlagen vergangen sind, für Louis Lane und die die Justice League aber nur wenige Stunden. Und so tun sie sich anfangs sehr schwer damit, dem unter krassen post-traumatischen und depressiven Belastungsstörungen leidenden, geistig immer wieder abwesenden Superman zu helfen. Das führt am Ende soweit, dass sich die verzweifelte Louis sogar an den Erzfeind Lex Luthor wendet. Und der hat zwar ein schlaues, aber auch unfassbar diabolisches Hilfsangebot...
„Superman: Lost: Der verlorene Held“ ist prinzipiell erst einmal ein richtig guter Comic. Die Handlung mit den zwei verschiedenen Zeitebenen funktioniert ziemlich gut, auch wenn man sicherlich manchmal am Tempo hätte schrauben können. Manche Zwischenepisoden ziehen sich ein wenig, andere dagegen werden viel zu schnell abgefrühstückt: Lois Lane findet heraus, dass Hope von Superman geschwängert wurde? Mega Potential für Drama! Aber nee, das wird dann doch sehr rasch und vor allem handzahm aufgelöst. Was tatsächlich das größte Ärgernis ist, denn hier wird so eine epische Geschichte erzählt, auf der man problemlos die nächsten zehn Jahre des DC-Universums aufbauen könnte (ein von Machtlosigkeit gezeichneter Superman mit Fremdgehkind, das ist doch viel cooler als der makellose Strahlemann!). Und dann wird am Ende alles mit einem Zeitstrahl-Physikgesetze-SciFi-BimBam-Handwedeln wieder zunichte gemacht. Schade, denn so bleibt hier am Ende ein zwar epischer und auch hübsch gezeichneter, aber eben irgendwie belangloser, netter kleiner Superman-findet-zu-sich-selbst-und-irgendwas-mit-Zeitlinien-Comic. Die 29 €, welche „Panini Comics“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) hier für das in altbekannter Qualität gedruckte Softcover langt, kann man als Superman-Fan durchaus ausgeben. Aber es wird beim Lesen immer das Gefühl bleiben, dass so viel mehr drin gewesen wäre!
Fazit: „Superman: Lost: Der verlorene Held“ (Link) ist kein schlechter Comic, ganz im Gegenteil! Gerade die Erd-Zeitlinie rund um seine Depression & PTBS sowie die Beziehungskrise mit Lois nach dem gescheiterten Zwanzig-Jahres-Trip lesen sich ausgesprochen interessant. Nur ärgerlich, dass sich am Ende alles in Wohlgefallen auflöst, hier wäre noch so viel mehr Potential für künftige Geschichten gewesen!