Über „Groschenheft-Geschichten“, egal ob klassisch in der Literatur oder auch im Rollenspiel und in Comics, haben wir im Podcast schon mehrfach gesprochen, zuletzt vor wenigen Monaten (Link). Da passt es doch ganz gut, wenn dieses Jahr mit einer Comic-Adaption von Edgar Rice Burroughs endet, der einer der Altmeister des Pulp-Genres ist. Unter anderem bereicherte er die Popkultur mit „Tarzan“ und „John Carter“. Unter dem Eindruck des 1. Weltkrieges schrieb er die Trilogie „The Land That Time Forgot“, welche nun die Grundlage für diesen 120 Seiten starken Comic darstellt.
1916: Auf einer Testfahrt wird ein amerikanisches Schiff von einem deutschen U-Boot versenkt. Nur der Marineingenieur und Werfterbe Bowen Tyler und die junge Frau Lys La Rue überleben den Angriff knapp, aber schon kurz darauf greift das U-Boot erneut an. Diesmal eilt jedoch ein britischer Schlepper zur Hilfe, der das U-Boot erst rammt und dann erobert. Mitsamt einigen deutschen Gefangenen, einer britischen Entermannschaft und Lys will Bowen das U-Boot nun zur Küste manövrieren – Was nicht klappt, da ein Saboteur ganz andere Pläne hat 😉 Hin und Her geht es über den großen Ozean, bis das U-Boot vor einer geheimnisvollen Insel strandet. Dort scheint die Zeit stehengeblieben zu sein, denn Dinosaurier sowie Urmenschen in verschiedenen Entwicklungsstufen bevölkern das titelgebende vergessene Land. Ein Überlebenskampf entbrennt, denn irgendwie wollen ja doch alle wieder zurück in die Zivilisation...
Ohne jetzt hier einen zu großen Spoiler zu bringen, endet der erste Teil des „Splitter Double“-Comics damit, dass Bowens Flaschenpost gefunden wird. Eine Rettungsaktion startet, bei der natürlich wieder alles schief geht, denn das Aufklärungsflugzeug stürzt direkt beim ersten Kontakt mit einem Flugsaurier ab. Aber Tom Billings, der die Expedition leitende Privatsekretär von Bowens verstorbenen Vater, hat die Flaschenpost ganz genau gelesen und sich mit ordentlich Waffen eingedeckt, um im Alleingang alle möglichen Dinosaurier, Monster und Urzeitmenschen abzuknallen. Und auch wenn er immer wieder in Schwierigkeiten gerät, findet er doch nicht nur Bowen, sondern auch die große Liebe!
Sind wir mal ehrlich, „Das vergessene Land“ ist tatsächlich keine große Weltliteratur, sondern passt perfekt in ein Groschenheft. Der strahlende, schießwütige Amerikaner bringt Waffen und Zivilisation in die Wildnis, damit er dort bildschöne Frauen retten und begatten kann. Definitiv ist diese Geschichte ein Produkt seiner Zeit, in der Kolonialismus und Imperialismus irgendwie noch ganz erstrebenswerte Dinge waren 😉 Aber ich will das der Comic-Adaption gar nicht anlasten, denn der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) war schlau genug, am Ende noch eine umfangreiche geschichtliche Einordnung abzudrucken, welche genug Hintergrundinformationen bietet, um den historischen Kontext der Geschichte zu verstehen. Richtig unterhaltsam ist dieser Comic, gerade in der zweiten Hälfte, dann zwar trotzdem nicht. Denn es gibt zwar einen groben Handlungsverlauf beziehungsweise ein Ziel, auf welches die Geschichte hinarbeitet, aber im Prinzip ist das nur eine Aneinanderreihung von den immer gleichen Kurzepisoden (eigentlich muss mal jemand nachzählen, wie oft hier Leute in Gefangenschaft geraten und dann wieder fliehen). Und die beiden Protagonisten, sowohl Bowen als auch Tom, bleiben auch sehr blass und unnahbar. Aber da die Zeichnungen sehr zu gefallen wissen und das ganze flott genug vonstattengeht, dass keine Langeweile aufkommt, gibt es hier trotzdem noch eine Empfehlung für Pulp-Fans.
Fazit: „Das vergessene Land“ (Link) ist eine wirklich gut gemachte Comic-Adaption einer über 100 Jahre alten Groschenheft-Geschichte, der man ihr Alter deutlich anmerkt.