Sex & Crime – Das ist eine dieser todsicheren Genre-Kombinationen, mit denen man eine Mehrheit der (Comic-)Lesenden hinter dem Ofen hervorlocken kann. Also muss „Pandoras Augen“, gezeichnet vom Erotik-Altmeister Milo Manara, doch eigentlich ein absoluter Publikumsmagnet werden, oder? Naja, dafür braucht man natürlich auch noch eine gute Geschichte – zumindest meiner Meinung nach 😜 Also schauen wir mal, ob die knapp über 60 Seiten lange Handlung (plus Bonusmaterial & Kunstdruck, sodass am Ende ein 72 seitiges Hardcover rauskommt) mich hinter dem vormals genannten Ofen hervor gelockt hat.
 

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Die knapp volljährige und psychisch erkrankte Schülerin Pandora hat gerade eine vierjährige Therapie beendet – übriges der größte Übersetzungsfehler, der mir je aufgefallen ist, denn auf dem Klappentext und der Verlagswebseite wird geschrieben, sie hätte ihre Psychotherapie-Studium abgeschlossen – als ihr halbwegs heiles Leben abrupt endet. Denn nach einer Party-Nacht wird sie von Müllmännern entführt, die sie in die hinterste Türkei verschleppen. Aber Überraschung, hier ist nicht etwa Menschenhandel im Spiel, sondern ein unverhofftes Wiedersehen: Ihr Erzeuger, von dem sie bisher nichts wusste, will sie kurz vor seinem Tod ein erstes und vermutlich letztes Mal sehen. Da er jedoch ein weltweit gesuchter und deshalb krass versteckter Gangster-Boss ist, gestaltet sich die spontane Familienzusammenführung schwierig. Denn die Polizei ist ihm und Pandora auf den Fersen, zudem hat letztgenannte auch so überhaupt gar keinen Bock auf das Treffen. Doch weil sie in unschöner Regelmäßigkeit in die Fänge von schmierigen Typen gerät, ist sie am Ende doch ganz froh, dass ihr Erzeuger wirklich ein gnadenloser Gangster ist, der übergriffige Typen brutal abmurkst 😉
 

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Um diese Rezension jetzt nicht unendlich auszudehnen: „Pandoras Augen“ ist für das, was es sein will, gar nicht mal schlecht! Ein billiges Groschenheft mit Sex & Crime, dank der Zeichnungen von Manara und dank der Publikationsqualität des „Splitter Verlags“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) allerdings in einer hochkarätigen Aufmachung. Aber all der Glanz soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier eine fragwürdige Geschichte präsentiert wird: Pandora als Protagonistin ist primär ein „male gaze“-Objekt, welches leicht bekleidet mehrere (versuchte) Übergriffe überstehen muss. Ihr Erzeuger ist wirklich brutaler Typ, der am Ende aber als Retter in der Not wie ein Held gefeiert wird. Und die anderen Nebenfiguren sind auch alle mega unsympathisch (vom Kommissar, der Pandora zur Zielscheibe macht, bis hin zum Vater, der ein eher wenig feinfühliges Verhältnis zum Zeugungsvorgang hat). Aber weil die Geschichte eben so simpel ist, fliegt man doch rasch durch sie durch, ohne während des Lesens groß über Logiklöcher oder misogyne Tendenzen nachzudenken.
 

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Fazit: „Pandoras Augen“ (Link) ist Sex & Crime pur und wird damit Genre-Fans befriedigen.

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