Jörg Benne, vielen Nerds bekannt für seine beiden großartigen Solo-Spielbücher sowie seine stark an Rollenspielrunden-Spielberichte erinnernden literarischen Frühwerke, hat mittlerweile seine eigene kleine Fantasy-Nische gefunden, in der er Schlag auf Schlag gute Genre-Kost auf den Markt haut: Düstere Geschichten, gern mit einer Prise Verrat und Unheil, die innerhalb eines begrenzten Schauplatzes spielen. Beginnend mit „Dämonengrab“ (damals quasi der Prototyp seines neuen Schreibstils, Link), wurde seine Schreibarbeit immer routinierter, bevor sie mit „Königsfeuer“ (Link) ihr bisheriges Meisterstück fand. Aber auch die letztjährige „Drachenheim“-Dilogie (Link) ist beachtenswert, wenn dort auch auffiel, dass die Geschichte immer dann schwächelte, wenn die Erzählung vom begrenzten Schauplatz hinweg einen Schlenker in die weite Welt machte. Also wir merken uns: Je kleiner der Schauplatz, umso größer die Lesefreude! Und der titelgebende Dämonenturm ist ein sehr kleiner Schauplatz...
Cum grano salis! Wie schon bei meiner „Drachenheim“-Rezension werde ich keine Bewertung geben, da Jörg mittlerweile ein sehr geschätztes Mitglied unseres Podcasts ist. Und wenn ich da den „Dämonenturm“ lobe, und das werde ich definitiv tun, dann schmeckt das mit einer Prise Salz doch gleich noch besser – Also klar, ihr kennt mich mittlerweile alle, ich hab auch schon gute Freunde verrissen, wenn sie es verdient haben 😉
Genug der Vorrede, kommen wir direkt zu dem mit 312 Seiten (in meiner PDF-Reviewversion) recht zackig lesbaren Fantasy-Gruselroman. Schauplatz ist der titelgebende Dämonenturm, der eigentlich aber nur ein kleiner Wehr- & Wachturm oberhalb eines verschlafenen Hafen-Dörfchens ist, um ein paar Zollgebühren einzutreiben und um immer mal zu gucken, ob die „befreiten“ Landeier im großen Nuareth-Krieg nicht lieber wieder zurück zu ihren vormaligen Herrschern streben. Das ist also wirklich so ein Hinterlandsposten, auf den Armeeangehörige abgeschoben werden, die es sich mit der Obrigkeit verscherzt haben. Beispielsweise, weil man wie Hauptmann Sigur zwar ein Kriegsheld ist, aber wegen Drogensucht nicht mehr an der Front zu gebrauchen ist. Oder weil man sich wie die bildschöne Rekrutin Nalana gegen übergriffige Offiziere gewehrt hat, was zu einem ganz schlechten Ruf innerhalb der Truppe führte (ja, auch in der Fantasy-Welt Nuareth gibt es „victim blaming“ und „slut shaming“).
Ich kann es direkt vorweg sagen, „Dämonenturm“ ist ein richtig guter Fantasy-Gruselroman. Quasi eine klassische Spukhaus-Geschichte, nur eben in Jörgs Nuaeth-Fantasy-Mittelalter. Die aus den Perspektiven von Nalana und Sigur erzählte Geschichte liest sich rasch weg (es gab wenige Stellen, bei denen ich mir gewünscht hätte, dass sie kürzer oder länger wären), der Schreibstil ist angenehm, die Figurenzeichnung in ihrer Knappheit zumeist völlig ausreichend – Hier zeigt sich die jahrzehntelange Erfahrung des Autors. Vor allem merkt man, dass Jörg genau weiß, was er hier schreibt und für welche Zielgruppe. Um mal bei seinem liebsten Medium, dem Film, zu bleiben: Das ist keine Monumental-Epos, für das man 4 Stunden im Kino sitzt! Das ist ein Grusel-Snack, den man als 90-minütiges Direct-to-DVD-Filmchen adaptieren könnte, um dann eine geile Zeit mit Chips & Bier zu haben. Und genau als solches funktioniert „Dämonenturm“ richtig gut und vor allem auch nochmal deutlich besser als „Dämonengrab“ (Link) – Ich hab ja versprochen, ich gebe hier keine Wertung. Aber seid euch gewiss, sie wäre beim Turm höher als beim Grab 😉 Ganz ohne Meckern komme ich aber doch nicht aus. Zwar haben Lektorat und Korrektorat gute Arbeit geleistet, aber die Schriftsetzung hat mich hart aufgeregt. Offensichtlich nutzt Jörg kein muttersprachliches Programm, weswegen die Worttrennung am Zeilenende mitunter ausgesprochen abenteuerlich wirkt. Das ist ärgerlich, denn das zieht den Gesamteindruck leicht nach unten. Allerdings betrifft dies nicht die eBooks, sondern nur Druckexemplare und eben Review-PDFs. Aber letztlich reicht es dann doch noch für ein ausgesprochen positives...
Fazit: „Dämonenturm“ (Link) verspricht geradlinige Spukhaus-Fantasy und löst dieses Versprechen großartig ein. Es kommt nicht ganz an Jörgs bisheriges Meisterwerk „Königsfeuer“ heran, ist aber definitiv einer der besten Romane aus seiner Feder.
PS: Zum Release am 12.2.25 kommt übrigens eines kleine Podcast-Folge mit dem Autoren, also schaut doch bei Gelegenheit in euren Podcatcher. Da gibt es ja genug Möglichkeiten, da wir alles von Audible über Spotify bis hin zu iTunes bespielen.
PPS: Wer jetzt unbedingt doch eine Wertung will, der kann ja mal schauen, was „Dämonengrab“ bekam und was „Königsfeuer“. Irgendwo dazwischen liegt „Dämonenturm“ 😜