Wenn der Kulturverein „Deutsche Lovecraft Gesellschaft e.V.“ für das hauseigene Spielsystem ein neues Abenteuer herausbringt, dann kann man sich zweierlei Dinge sicher sein: Wahnsinn, Mord & Totschlag sind einerseits garantiert, bis über die Grenzen des Erträglichen hinaus. Und andererseits stehen die Chancen überdurchschnittlich gut, dass man ein qualitativ gutes Produkt bekommt – So gut, dass nicht nur meine Horror-liebende Podcast-Partnerin Elea begeistert ist (zuletzt hier, ab Minute 32 (Link) über „Giftige Suppe“), sondern auch ich. Auch wenn ich zugegebenermaßen niemals Brutalo-Grusel wie „Der Tod in Venedig“ (Link) spielen würde, aber das soll ja nicht davon ablenken, dass der ganze „FHTAGN“-Kram eben echt gut ist. Als ich daher die Gelegenheit bekam, den neusten Abenteuerband „Automata“ noch vor der Veröffentlichung am 27. Februar zu rezensieren, hab ich natürlich begeistert zugeschlagen!
 

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Automata“ ist so eine Art ein Escape-Room-Kurzabenteuer, bei dem die Spielenden in einem Automaten-Museum eingeschlossen werden. Eine Handyapp, die sie dorthin geschickt hat, war dabei in ihrer Anweisung recht unpräzise. „Treffen um 12:00 Uhr beim Museum; erledigt, was zu tun ist.“ – Aber wir wären hier ja nicht bei einem Horror-Rollenspiel, wenn man sich einfach nur Fotoboxen, Greifspielautomaten und einarmige Banditen anschauen müsste 😉
 

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Schnell dürften die Spielenden herausfinden, dass sie sich um die Instandsetzung einer Ruben-Goldberg-Maschine (Link) kümmern sollen. Das Problem dabei ist allerdings, dass man dafür echte Körperteile wie etwa einen Fuß, ein Herz und eine Menge Blut benötigt. Und da sonst niemand in dem Museum gefangen ist, muss das wohl oder über direkt von den Spielenden kommen... Okay, ganz so fies und hoffnungslos ist das Abenteuer dann doch nicht, denn man kann mit genügend Erfindungsreichtum und Neugier auch um die Opferung der eigenen Körperteile herum kommen (beispielsweise akzeptiert die Maschine auch Nicht-Menschen-Organe). Aber schwierige moralische Entscheidungen, bei denen man zu allem Überfluss auch noch gegen sich selbst würfeln muss (eine schlaue Designentscheidung, damit sich nicht irgendwer opfert), müssen trotzdem getroffen werden. Und dass die Automaten statt Geldmünzen lieber Finger verwenden, macht die 2 – 4 Stunden zu einem noch intensiveren Erlebnis... Besonders spannend ist dabei, dass man hier zwar theoretisch einen kurzen OneShot hat, der seine volle Wucht aber erst in einer laufenden Kampagne ausspielt. Denn die Entscheidungen haben ungeahnte Konsequenzen, welche im Zweifelsfall sogar das Schicksal der Menschheit besiegeln – Dafür opfert man am Ende doch gerne ein paar Finger, oder?
 

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Automata“ ist also im Nachgang tiefgründiger, als es im ersten Augenblick wirkt, und steht damit in bester Tradition von sozialkritischen Popkultur-Highlights wie „Squid Game“! Aber unabhängig davon ist es auch einfach ein richtig gutes Kurzabenteuer, welches dank seinem logischen Aufbau (im Rahmen des FHTAGN-Settings) trotz des sehr beengten Schauplatzes und der strikten Lösungsvorgabe einige spielerische Freiheiten ermöglicht. Dabei wird das Szenario auf 36 zahlreich bebilderten Seiten zwar knapp, aber gut verständlich beschrieben, sodass man die Geschichte als Spielleitung mit all ihren Twists und Herausforderungen bereits nach dem ersten Durchlesen verstanden hat und sie, auch dank der herunterladbaren Handouts & Charaktere, ohne weitergehende Vorbereitung leiten könnte. Wobei ich hier aber gern noch einmal darauf hinweise, dass „Automata“ sehr viel eindrücklicher nachhallen wird, wenn man es mit liebgewonnenen Langzeit-Charakteren im Rahmen einer Kampagne spielt und nicht mit OneShot-Wegwerf-Figuren.
 

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Fazit: Ich mag ja generell keinen Horror, besonders aber nicht so blutigen Body-Horror wie hier, aber „FHTAGN: Automata“ (Link) hat mich wirklich begeistert! Fans von sozialkritischen Todesspielen wie in „Squid Game“ werden hier, gerade wenn im Rahmen einer „FHTAGN“- oder „Cthulhu“-Kampagne, den eindrücklichsten Museumsbesuch ihres Lebens haben!