Bücher, stellvertretend für das freie Wissen und die freie Meinung, sind bedroht. Das war schpn früher so, als über Jahrtausende regelmäßig Bücher & Schriftrollen verbrannt wurden, und das ist auch heute heute so – Und da müssen wir nicht mal um den halben Erdball herum zu den rückständigen Taliban schauen, da reicht bereits ein Blick gen Westen auf die banned books (Link) etwa in den doch angeblich so aufgeklärten USA :-( Ein Thema wie gemacht für den hochpolitischen Comic-Schreiberling Wilfrid Lupano, welcher darüber eine Geschichte im frühmittelalterlichen Spanien erzählt. Das islamisch geprägte Córdoba im südlichen Spanien gilt im Jahr 976 als kulturelle Hochburg des Abendlandes. Doch mit der Ansammlung von Wissen ist es vorbei, als der Wesir Amir die Gunst der Stunde nutzt und den noch minderjährigen Herrschersohn al-Hakam II. ausbootet. Unterstützt von radikalen Islamisten drängt es ihm nach der Macht, weswegen er das in der riesigen Bibliothek angesammelte Wissen zerstören will. Der bücherbegeisterte Eunuch Tarid und die versklavte Kopistin Lubna wollen wenigstens ein paar der 400.000 Werke retten und stehlen diese in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mehr Bücher, als sie tragen können. Da kommt ihnen das titelgebende Maultier ganz recht, welches Tamids Ex-Schüler Marwan eigentlich verkaufen wollte, nachdem er ein vor Jahren gestohlenes Buch zurückgebracht hat... Aber nun hängen sie alle drei mit drin, denn der Wesir lässt die Bücherretter durch seine Berbersöldner unerbittlich jagen. Und sei die Lage nicht schon schwierig genug, stellt sich das Maultier im wahrsten Sinne des Wortes auch noch regelmäßig quer, wenn es nicht gerade die geretteten Bücher anknabbert ;-) „Das Buchmaultier von Córdoba“ ist eine 264 Seiten starke Liebeserklärung an die antike und frühislamische Literatur sowie an das Medium Buch im Allgemeinen. Tarids Begeisterung für jedes einzelne der geretteten Bücher ist einfach ansteckend, sie überträgt sich auch rasch auf die Lesenden – Ein geschickter Kniff vom Szenaristen Lupano, der die finale (und wie immer humanistische) Botschaft dieses Comics nochmal wesentlich stärker wirken lässt. Dafür gibt es all meine Sympathien! Nichtsdestotrotz ist hier nicht alles Gold was glänzt, denn während die Zeichnungen zu gefallen wissen und die politische Botschaft hochaktuell ist, schwächelt die eigentliche Geschichte insgesamt doch sehr. Einerseits ist sie doch eher dünn, sodass 264 Seiten einfach viel zu aufgeblasen sind (100 Seiten weniger hätten auch gereicht!), andererseits findet Lupano einfach nicht einen durchgehenden Tonfall. Ein eigentlich sehr ernstes Szenario (die Auslöschung von Wissen der Machterhaltung wegen, weswegen den Bücherrettern der Tod droht) wird immer wieder unterbrochen durch Slapstik-Einlagen, etwa wenn sich der Büchernarr Tarid durch seine Naivität & Weltfremdheit in Gefahr bringt oder wenn das Maultier zum gefühlt hundersten Mal die Bücher verliert oder anknabbert. Ich weiß, damit will Lupano das ernste Szenario auflockern, aber stattdessen wirkt es als würden zwei diametral gegensätzliche Stimmungen aufeinander prallen. Schade, das kann er doch viel besser :-( Fazit: Nichtsdestotrotz will ich jetzt nicht überkritisch sein, denn „Das Buchmaultier von Córdoba“ (Link) hat mir insgesamt mehr Freude bereitet, als dass ich mich geärgert habe. Und durch die hochwertige Druckqualität vom „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) und die vielen Seiten macht es sich letztlich auch ziemlich angeberisch im Bücherregal. Aber so ein Klassiker wie eben jene Bücher, die Tamir vor der Verbrennung retten will, ist dieser Comic definitiv nicht!
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