Tief in die Psyche eines Serienmörders hinabsteigen ist harte Arbeite – Zumindest laut meiner Podcast-Partnerin Dr. Elea Brandt (Link), welche das tatsächlich beruflich macht. In der zweiteiligen Comic-Reihe „Psycho Investigator“ sieht das dagegen ziemlich einfach aus, denn mittels Hypnose & Mnemonik löst der Protagonist Dr. Simon Radius jeden Fall. Nach seinem Racheakt im Auftaktband „Die Genese“ (Link) ist er aber nun selbst ins Visier der Gesetzeshüter geraten... Zwar hat er immer noch Verbündete in den Reihen der Polizei, aber seinen Job als Gerichtsgutachter ist er trotzdem los. Und der anstehende Prozess bereitet nicht nur ihm, sondern auch seiner Geliebten & Assistentin Maud große Sorgen. Doch dann bietet sich eine günstige Gelegenheit, welche sein Leben wieder zurück in die Spur bringen könnte: Ausgerechnet der Hautbelastungszeuge benötigt seine Hilfe! Denn dessen hundertjähriger Vater ist der Demenz anheim gefallen und kaum noch zu Konversation bereit. Was gerade deshalb ärgerlich ist, da er irgendwo einen großen Schatz versteckt hat. Also soll Dr. Radius irgendwie in dessen Gehirn eindringen, um den Standort des Schatzes herauszufinden, um damit sozusagen seine Freiheit zu erkaufen... Das Eindringen in die Psyche des Hundertjährigen und damit auch in dessen sehr bewegte, von Kolonialismus und anderen Traumata geprägte Vergangenheit gestaltet sich hier als farbenfrohes Kreativfeuerwerk, in welchem sich der Künstler & Co-Autor Benoît Dahan (wie schon im Vorgängerband) ordentlich austobt. Dabei zeichnet und koloriert er nicht nur eigenwillig-faszinierend, er baut zusätzlich ein paar kleine optische Spielereien ein. Beispielsweise muss man manche Seiten gegen das Licht halten, damit man das vollständige Bild sehen kann. Zudem hat der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) erneut ein paar Löcher in den Buchdeckel reingeschnitten, das ist schon ziemlich cool :-D Wie schon beim Vorgängerband kann die eigentliche Kriminalgeschichte da nicht mithalten, auch wenn dieses Familiendrama mir diesmal etwas besser gefiel – Zumindest einen Teil der Auflösung konnte ich mir aber wieder sehr viel früher denken, als es Dahan und sein Co-Autor Erwan Courbier vermutlich beabsichtigt hatten ;-) Außerdem findet die 80-seitige Geschichte nicht immer das richtige Maß, um die durchaus interessanten Figuren zu charakterisieren und die verschiedenen Elemente der Handlung zu gewichten. Mal ist es einfach banal (Sohn ein Arsch, weil Vater emotionslos), mal so verschachtelt, dass im Bonusteil nochmal gesondert erklärt werden muss, worum es hier eigentlich ging und wie das alles zeitlich ablief... Aber das ist eigentlich egal, denn dank der stylischen Präsentation ist dieses Hardcover wieder vor allem dazu da, repräsentativ im Bücherregal zu thronen, um ab und an neugierigen Besuchenden zu verdeutlichen, dass Comics nicht nur labbrige Superhelden-Schundheftchen sein können ;-) Fazit: Style over Substance – Wie schon der Vorgängerband ist „Psycho Investigator #2 Das Erbe des Hundertjährigen“ (Link) wieder ein ziemlicher Blender, welcher eine mittelprächtiges Krimi-Familiendrama mit hübschen Bildern übertüncht.
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