Da hat man es gerade so lebend aus dem Level-0-Trichter rausgeschafft, weiß zumindest halbwegs was für eine Helden-Sorte man jetzt sein möchte, und dann wartet schon das große Abenteuer – Ich mag die DCC-Module für Charaktere der Stufe 1 sehr gern, sind sie doch eine erste echte Bewährungsprobe, ohne die Spielenden dann gleich mit den durchgeknalltesten Zauber-Dungeons zu überfordern. Mit „Der Fluch der Barbarenkönige“ (Link) locke ich noch immer unvorsichtige Rollenspiel-Neulinge hin zum OSR-Spielkonzept ;-) In die gleiche Kerbe, nämliche ebenso bodenständige wie heldenhafte erste Schritte in der Abenteurerkarriere, schlägt nun „Der Königinnensohn von Elfenland“. Mal schauen, ob ich davon ebenso begeistert sein werde...
Dem kleinen Dörfchen Eng geht’s nicht gut, denn irgendwer bringt nachts die EinwohnerInnen und sogar das Vieh um. Aber wer? Und warum? Genau das sollen die Spielenden herausfinden. Ein erster Anhaltspunkt ist ein einsames Gehöft, welches an der Grenze zum Elfenland liegt, aber der Bauer muss erst einmal gegen ein magisches Einhorn verteidigt werden. Gelingt dies den sechs bis acht Helden-Neulingen, weist er den Weg zu den Feenhügeln, die sich als ausgiebiger Dungeon voll mit interessanten GegnerInnen (etwa Hügeltrolle und Feen) und sogar einigen Verbündeten (etwa Gefangene, die auf ihre Rache warten) entpuppen. Zudem erfährt man dort, was es mit dem Königinnensohn beziehungsweise bösen Prinzen auf sich hat, sodass bereits die Grundlagen für weitere Abenteuer gelegt werden...
Das laut Verlag als „Der Königinnensohn von Elfenland“ bezeichnete Abenteuer, welches in der gedruckten Fassung allerdings „Der Königinnensohn aus Elfenland“ heißt, wurde geschrieben von Michael Curtis. Dieser wird von einigen OSR-Fans ja vergöttert für seinen Ratgeber „Das Dungeon-Alphabet“ (Link), welcher zugegebenermaßen tatsächlich hervorragend ist :-) Entsprechend konnte er seine Expertise in diesem Abenteuer auch voll ausspielen; denn bis zu dem Zeitpunkt, an dem man den Dungeon betritt, hat man hier eine eher gewöhnliche Geschichte: Ein Dorf lebt in Angst, der entscheidende Hinweisgeber braucht Hilfe als Gegenleistung für nötige Informationen, danach weiß man wo der Endboss wohnt und klatscht ihn im Dungeon weg... Aber sobald man den Feenhügel gefunden hat, beginnt das Abenteuer sozusagen „zu atmen“: Dieser kleine, aber ziemlich frei erkundbare Dungeon ist nicht einfach nur eine Aneinanderreihung von Monstern, sondern hat einen logischen und narrativen Aufbau, welcher eine Geschichte erzählt. Zudem ist er nicht zwangsläufig auf Kämpfe ausgelegt (was mit DCC-Charakteren der Stufe 1 auch nicht so schlau ist), denn mit kreativen Ideen und Sozialspiel kommt man oft wesentlich einfacher weiter. Und weil wir ja beim OSR sind, ist auch Flucht manchmal eine valide Option ;-)
Die Präsentation ist bei diesem Abenteuer altbewährt, es gibt wieder einige oldschoolige schwarz/weiß-Zeichnungen sowie zwei Landkarten. Dazu kommt eine Menge Fließtext. Ganz subjektiv fand ich die Raumbeschreibungen diesmal etwas länger als üblich, was wohl daran liegt, dass das eigentliche Abenteuer recht übersichtlich ist (der Dungeon hat nur 15 Orte bzw. Räume, der Bauernhof und das Dorf vorneweg werden eher kurz abgehandelt). Möglicherweise hat Curtis deswegen mehr Worte pro Raum einfließen lassen. Mindestens einen schönen Spieleabend oder einen längeren Convention-Slot bekommt man damit aber trotzdem locker gefüllt, sodass die glatten 10 €, welche die Podcast-Kollegen von „System Matters“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) für das 24 Seiten dünne Heftchen haben wollen, durchaus angemessen sind.
Fazit: „Dungeon Crawl Classics“ hat mich wieder zurück in seine Arme geschlossen! Nachdem mich das letzte Abenteuer „Die Flucht der Meerkönigin!“ (Link) ja etwas ernüchtert hatte, bin ich nun wieder sehr begeistert. „Der Königinnensohn von Elfenland“ (Link) ist ein kleiner, aber feiner Auftakt für Helden-Neulinge, welche nach ihrem Aufstieg auf Level 1 die Welt retten wollen ;-) Empfehlenswert!