Eine humorvolle Graphic Novel ganz ohne Worte, dafür aber mit einer herzzerreißenden und durchaus kapitalismuskritischen Handlung, kann das überhaupt gehen? Ja, das geht! Der „Splitter Verlag“ beweist es mit seinem aus dem französischen übersetzten (OK, nur der Titel und der Klappentext wurden übersetzt, mehr Text gibt es nicht ;-)) Meisterwerk „Ein Ozean der Liebe“. OK, mit dem Wort Meisterwerk habe ich jetzt schon dem Fazit vorgegriffen ;-) Also fangen wir mal ganz von vorn an: „Ein Ozean der Liebe“ zeigt das beschauliche Leben eines alten bretonischen Fischers und seiner Frau. Die beiden haben eine eingefahrene Alltagsroutine, die sich so sicher seit drei oder vier Jahrzehnten nicht verändert hat. Bis zum schicksalshaften Tag, als der Fischer von seiner Seefahrt nicht mehr heimkommt, da sich sein Fischkutter in den Fangnetzen eines anderen Schiffes verfangen hat. Der Leser begleitet die beiden Protagonisten nun bei ihren darauffolgenden Abenteuern. Zum einen den Fischer, der auf hoher See erst ums Überleben kämpft, dann die Folgen der maritimen Umweltzerstörung entdeckt und schließlich gar auf Piraten stößt. Und zum anderen dessen Frau, welche verzweifelt versucht ihren Mann wiederzufinden mit Hilfe von der Jungfrau Maria, einer Wahrsagerin, Che Guevara-Pfannkuchen und letztlich sogar Fidel Castro höchstpersönlich. Ich will jetzt gar nicht so viel über die durchgehend sehr unterhaltsame Geschichte schreiben, um nicht die Spannung und vor allem die Überraschung über die einzelnen Handlungsabschnitte zu verderben. Was ich aber sagen kann: Auch wenn es sich primär natürlich um einen humorvollen Comic handelt, der gespickt ist mit Slapstick-Einlagen, kommen doch sowohl herzzerreißende emotionale Momente genauso vor wie kapitalismus- und sozialkritische Szenen. Wobei letztere nie aufgesetzt wirken, sondern sich harmonisch in die Gesamtgeschichte einfügen. Grafisch wurde diese Graphic Novel wirklich hervorragend umgesetzt: Die Figuren sind nur mit wenigen Strichen gezeichnet, sodass sie eher wie Karikaturen wirken, was dem Comic zusammen mit der hervorragenden Kolorierung eine „märchenhafte“ Atmosphäre verleiht. Der „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) hat diese Bilder in gewohnt hoher Qualität in einem stabilen Hardcover mit 224 Seiten veröffentlicht. Fazit: „Ein Ozean der Liebe“ (Link) ist ein ganz ohne Worte auskommendes Meisterwerk. Durchweg spannend und humorvoll, dabei auch kapitalismuskritisch und herzzerreißend emotional. Ich weiß, wir haben erst März, aber: Für mich das beste Buch des Jahres!
Tags