Supergirl ist ja, sind wir ehrlich, eine eher weniger prominente DC-Heldin. Aber immerhin hatte sie eine verhältnismäßig gute TV-Serie ;-) Aus dieser weiß ich auch so ziemlich alles, was ich über sie weiß, denn ansonsten ist Kara Zor-El a.k.a. Supergirl zumindest in meinem Comic-Erleben nur als Nebenfigur in anderen Werken aufgetreten. Und wirklich spannend fand ich den Charakter zugegebenermaßen auch nicht – Ob sich das mit diesem Comic nun ändert? Die Vorzeichen für diesen Sammelband welcher acht Kapitel bzw. die acht US-Einzelhefte von „Woman of Tomorrow“ umfasst, stehen jedenfalls sehr gut. Und das liegt an dem Autor Tom King, der bisher ja mit einer fast schlafwandlerisch anmutenden Sicherheit selbst B-Ware-SuperheldInnen (und dazu zählt Kara auch) mit großartigen Storylines versorgte, die manchmal auch ein wenig anders als erwartet waren... Und „anders als erwartet“ ist wohl die perfekte Beschreibung für „Die Frau von Morgen“, denn einen klassischen Superheldinnen-Comic gibt hier nicht – Schon allein deshalb, weil Kara die Hälfte der Zeit keine Superkräfte hat und auch sonst übermäßig oft von „normalen“ Widersachern aufs Maul bekommt ;-) Stattdessen gibt es klassische Science-Fantasy, gepaart mit einer an ganz persönlichen Geschichte um Rache und Vergebung, welche stark an den Spätwestern „True Grit“ angelehnt ist. Aber bei dem ganzen Mord & Totschlag der hier passiert, bis teils hin zu Alien-Genozid, könnte das (wenn man sich mal die Raumschiffe wegdenkt) auch ein klassisches Low-Fantasy-Epos, bei dem Supergirl die neue „Conan der Barbar“ ist :-P Also worum geht es denn nun? Der Vater des Alien-Mädchens Ruthy wurde vom Königssöldner Krem ermordet. Sie will sich rächen, aber das klappt in ihrem Alter noch nicht so gut. Zufällig trifft sie auf die ihren 21. Geburtstag feiernde Kara, welche alsbald eine Zweckgemeinschaft mit Ruthy bilden muss, weil Krem erst ihren Hund erschießt und dann auch noch ihr Raumschiff klaut. Und weil das dummerweise auf einem Planeten mit roter Sonne passiert, wo ihre Superkräfte verschwinden, und weil sich Krem zusätzlich auch noch einer Genozid-begehenden Brigantentruppe anschließt, müssen sich Ruthy & Kara auf eine ewig lange Reise durch die halbe Galaxie machen, bei der sie mit immer neuen Gräueltaten konfrontiert werden... Und das tut vor allem der geistigen Gesundheit von Supergirl gar nicht mal gut, ist sie doch einerseits noch immer an ihren „Niemand töten“-Ehrenkodex gebunden, während sie andererseits ihr Überleben der Krypton-Katastrophe nicht verarbeitet hat. Das ist durchaus interessant zu lesen, erzählt der Autor hier doch von einer ganz anderen Supergirl – Mit der strahlenden Superheldin, die man aus anderen Comics und der TV-Serie kennt, hat „Die Frau von Morgen“ mal so gar nix zu tun... Leider geht die Geschichte psychologisch nicht ganz so in die Tiefe, denn statt langwieriger innerer Erkenntnisprozesse gibt es hier quasi eine Aneinanderreihung von Genoziden. Da wurde leider etwas Potential verschenkt, nichtsdestotrotz gibt es aber Pluspunkte für die grundlegende Story-Konzeption :-) Und deshalb finde ich diesen Sammelband auch nicht so herausragend, wie es gefühlt 99% aller DC-Fans und Comicbloggenden tun (eine Amazon-Wertung von 4,8 / 5 bei über 200 Stimmen ist eine deutliche Aussage), aber als Fan von nett geschriebener und ebenso nett gezeichneter, für Superhelden-Verhältnisse überraschend düsterer Science-Fantasy kann man ihn sich doch bedenkenlos ins Regal stellen. 25 € verlangt der „Panini“-Verlag (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) dafür, das geht für 220 Seiten in Ordnung. Fazit: „Supergirl: Die Frau von Morgen“ (Link) ist allein schon deshalb, weil die titeltragende Figur über den halben Band keine Superkräfte hat und psychisch immer mehr kaputt geht, ein sehr interessanter Ausflug ins Science-Fantasy-Genre. Wäre der Autor Tom King noch etwas tiefer in die Psyche der beiden Protagonistinnen gegangen und hätte er auch das Worldbuilding etwas greifbarer gemacht, dann hätten wir hier einen großartigen Comic bekommen. So ist er nur gut, aber gut ist ja auch irgendwie gut :-P
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