Erst vor wenigen Tagen habe ich ja recht wohlwollend „Das geheimnisvolle Amulett“ (Link) rezensiert, einer der ersten Ausgaben der „LandXcape“-Reihe. Denn auch der „Groh“-Verlag (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) ist nun auf den Rätselspiel-Zug aufgesprungen – Und dafür hat er sich die wohl besten deutschen Spielbuchautoren (Benne, Sußner und eben Harder) rangeholt. Das kann doch nur gut werden, oder?
Schickten uns Spielbuch-Gott Swen Harder und seine nicht minder beeindruckende Schwester Corinna zuletzt in die bayrischen Untiefen, geht es nun hoch in den Norden an die deutschen Küsten. Die Geschichte ist mal wieder nur ein Mittel zum Zweck, um Rätselfans zwischen den wichtigsten norddeutschen Städten und Inseln hin und her zu schicken: Früher verbrachte man immer seine Ferien beim Leuchtturmwärter Klaas, der nun aber in die Jahre gekommen ist und sich nochmal einen Besuch gewünscht hat. Aber natürlich wäre es viel zu einfach, wenn er daheim bei einer Portion Grünkohl auf Besuch warten würde ;-)
Stattdessen schickt er uns mit allerlei Rätseln durch Norddeutschland. Aber nicht nur uns alleine, denn auch andere Ferienkinder wurden vor diese Aufgabe gestellt. Die haben aber nicht so wirklich Zeit für so einen Unfug und agieren daher mit ihren Fachwissen (z.B. thematisch passend über Morsecodes und Sternkarten) als BeraterInnen, deren Expertise man oft zwingend zum Lösen eines Rätsels braucht. Und dann reist man halt so vor sich hin durch die schöne Landschaft, schaut sich allerhand Sehenswürdigkeiten an (die nicht nur als Kulisse für die Rätsel agieren, sondern zu denen man auch immer wieder interessante Hintergrundinfos bekommt) und knobelt sich für 2 – 3 Stunden durch die 50 Karten, die sich u.a. aus Rätseln, Gegenständen, Personen und Story-Elementen zusammensetzen.
Etwas unausgewogen fand ich dabei die Verteilung des Schwierigkeitsgrads, teilweise war es in der Mitte wesentlich leichter als zu Beginn. Aber selbst wenn mal etwas zu schwer sein sollte (über ein Rätsel hab ich mit Swen ewig diskutiert, weil ich die Fragestellung etwas unpräzise fand, aber am Ende hab ich einfach nur zu kompliziert gedacht ;-)), ist das nicht das Ende des Spiels, denn die Lösung wird immer in drei Schritten präsentiert.
Achtung, ab hier im Text geringfügige Spoiler! Und das nachfolgende Foto ist natürlich auch ein Spoiler, allerdings vom 1. Rätsel, und die Lösungshinweise versteht man ohne Kontext sowieso nicht :-P
Generell fand ich die meist fordernden Rätsel gut und abwechslungsreich, zudem wurde zum Glück weniger lokales Fachwissen abgefragt als bei der bayrischen Version. Ärgerlich fand ich jedoch, dass es keinen Warnhinweis auf der Verpackung gab, dass die Nutzung eines Handys (oder eines anderen internetfähigen Geräts) für die Lösung mancher Rätsel nötig ist, um beispielsweise Stadt- & Landkarten aufzurufen oder um herauszufinden, wie so ein verdammter DM-Schein aussieht – Ich bin fast 40 und hab keine Ahnung, was machen da erst jüngere SpielerInnen?
Zudem fand ich die Geschichte (die ja wie ein paar Abschnitte weiter oben geschrieben nur Mittel zum Zweck ist) überraschend schwach erzählt, denn die Story-Twists um Klaas passen tonal so gar nicht zum Rest (unabhängig davon machen sie, aber da spricht jetzt mein Berufswissen, keinen Sinn) und die große Enthüllung am Ende ist zwar überraschend, aber löst sich völlig in Luft auf. Das ist ärgerlich, aber sind wir ehrlich, wer kümmert sich bei einem Rätsel-Kartenspiel für knappe 10 € (welches zudem wiederverwendbar ist, da man nix kaputt macht) um die Geschichte? :-P
Fazit: Die knackigen Rätsel passen, das sieht auch fein aus, als Norddeutsche(r) würde ich hier trotz meiner Kritikpunkte viel Spaß mit haben. Wer also ein Geschenk für knobelnde KüstenbewohnerInnen sucht, macht mit „LandXcape: Der Schatz der Freibeuter: Eine Escape-Rallye entlang der Küste“ (Link) nichts falsch!