Max, das ist der Presse-Mensch vom „Splitter Verlag“ (der mir, wie auch diesmal, immer die Rezensionsexemplare zur Verfügung stellt), hat immer wieder die besten Comic-Tipps parat. Irgendwann hat er mir mal „Fun Home“ (Link) empfohlen, da sind beim Lesen fast schon die Tränen gekullert; und jetzt beim Podcasten (sehr hörenswert! Link) empfahl er in seiner Medienschau dann die „Phobos“-Reihe. Ob Max wieder einen Empfehlungsvolltreffer gelandet hat? In der nahen Zukunft wurde die NASA an die Privatwirtschaft verkauft. Und wie das halt so ist mit der Privatwirtschaft, denkt die sich für maximale Gewinne immer wieder neue Sachen aus. Was läge da also näher als eine von anderen Konzernen werbewirksam gesponserte Mars-Mission, die man mit allerlei TV-Drama würzt? Denn noch ist die menschliche Technologie nicht weit genug, dass man nach einer Mars-Landung wieder zurück zu Erde kommt. Die kreative Lösung: Man schickt sechs männliche und sechs weibliche Freiwillige auf die lange Reise, damit sie sich während dem Raumflug per Speeddating kennenlernen, letztlich heiraten und dann im Alleingang den Mars bevölkern. Genial, oder? Und noch genialer ist es natürlich, dass man das als TV-Show aufzieht, damit die ganze Welt zusehen kann und ordentlich Werbeeinnahmen generiert. Was soll da schon schiefgehen? Leider verrät bereits der Titel des Auftaktbandes, dass ein Fehlschlag für das Show-Finale eingeplant ist. Denn die Mars-Kolonie funktioniert nicht wirklich, sodass die zwölf Jugendlichen und jungen Erwachsenen in ihren Tod fliegen. Davon wissen sie aber noch nichts, stattdessen beschäftigen sie sich mit den typischen Datingshow-Fragen: Wen wähle ich zum Speeddating aus? Was unterhalte ich mich dann in den vorgegebenen sechs Minuten? Wie viele Kompromisse bin ich bereit zu machen, immerhin stehen nur sechs PartnerInnen zur Wahl und eine(n) davon muss ich am Ende heiraten? Und was mache ich, wenn jemand anderes ebenfalls meinen Crush haben will? Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive der sechs Protagonistinnen, mit einem Fokus auf die Französin Leonor. Dabei unterscheidet sie sich von ihren Konkurrentinnen vor allem darin, dass sie die Mars-Mission und das ganze Datinggedöns drumherum eigentlich sehr kritisch sieht. Wie alle anderen KandidatInnen hat sie zudem ein mehr oder minder großes Geheimnis (um ehrlich zu sein ist ihres, wenn jetzt nicht noch ein riesiger Plot-Twist kommt, eher lachhaft), welches der perfekt inszenierten TV-Show noch mehr Dramatik gibt... Auch wenn die Geschehnisse während der Raumreise im Vordergrund stehen, wechselt der Autor Victor Dixen (der sowohl den Roman als auch den darauf basierenden Comic verfasste) doch immer wieder zurück zu Erde ins Kontrollzentrum. Hier erfahren die Lesenden die entscheidenden Hintergründe, etwa warum man die Mission trotz eingeplantem Fehlschlag durchführt (kein Spoiler: Geld!) oder warum man bestimmte Teilnehmende ausgewählt hat. Auch gibt es noch kleinere Nebenplots über beispielsweise ehemalige Mitarbeitende, die versuchen das Desaster zu verhindern bzw. die Wahrheit aufzudecken, aber deren C-Plots stehen in diesem Auftaktband noch hinten an. Die Geschichte von „Der Flug der Entbehrlichen“ funktioniert erstaunlich gut, zumindest wenn man sie als Satire auf das allgegenwärtige Datingshow-Genre begreift. Hier tun oder sagen die Figuren im Zweifelsfall auch mal eher unintuitive Dinge, weil sie wissen, dass sie unter ständiger Beobachtung stehen – Letztlich zählt ein gutes Image, denn das bringt den finanziellen Erfolg. Und klar, bei ein paar 6-Minuten-Dates den Menschen zu finden, mit dem man den Rest seines Lebens verbringen muss, ist natürlich auch ganz schon viel Druck ;-) Zu dieser Datingshow-Satire passt dabei auch, dass die Figuren allesamt fernsehtauglich (also wunderschön, klischeehaft und kontrovers) gecastet wurden. Sie sind wunderhübsch – Und der Illustrator Eduardo Francisco zeichnet sie auch wunderhübsch. Für meinen Geschmack übertreibt er es aber etwas mit den Klischees. Klar, klischeehafte KandidatInnen passen schon zu einer Datingshow, aber die Bösewichte sehen so offensichtlich böse aus, dass man sich fragt, warum noch niemand zuvor auf die Idee gekommen ist, dass sie böse sein könnten :-P Aber davon mal abgesehen gibt es bei „Der Flug der Entbehrlichen“ nichts zu meckern, außer natürlich die Elend lange Wartezeit auf den im April 2023 erscheinenden Fortsetzungsband „Die Spielregel“ (Link). Fazit: Max sagte im Podcast (Link), dass er glaube, mir würde „Phobos: Der Flug der Entbehrlichen“ (Link) gefallen. Und Max liegt richtig, dieser SciFi-Comic mit Datingshow-Elementen rockt gewaltig :-D
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