Eine der erfolgreichsten Podcast-Folgen dieses Jahr war bisher diejenige über OGL & OSR (Link). Markus vom österreichischen OSR-Verlag „Gazer Press“ sprach damals u.a. über sein neues Abenteuer „Baphomets Sohn“ – Und hey, allein schon wegen dem Regionalbezug zu Nordhausen, wovon ich gar nicht weit weg aufgewachsen bin, war ich gleich hyped :-D Jetzt halte ich das schlanke Büchlein endlich in meinen Händen und da wollen wir doch mal schauen, ob ich wieder so angetan bin wie beim Erstlingswerk „Die Heiligen von Bruckstadt“ (Link) ;-)
Bereits auf den ersten Seiten ist unverkennbar, dass es sich hier um ein Büchlein aus der Feder vom „Gazer Press“-Markus handelt. Und damit meine ich nicht mal die altbekannte Optik in schwarz-weiß-pink, sondern primär den Inhalt: Wieder sind wir in Deutschland (beziehungsweise dem, was mal in ein paar hundert Jahren Deutschland werden wird), wieder herrscht der 30-jährige Krieg, wieder muss ein kleines Abenteurergrüppchen hinab in finstere Kellergewölbe voller konkurrierender Gegnergruppen steigen, um bösartigen Wesen das Licht auszublasen – Und zwar halbwegs „realistisch“, denn statt klischeehafter Feuerbälle nutzt man hier lieber Schießpulver ;-)
Okay, gehen wir mal ein klein wenig tiefer ins Detail: Das Abenteuer beginnt 1620, als sich der Entdecker Francesco Cagliostro (welcher u.a. auch in Bruckstadt wilderte, was nach einem langsam entstehenden „Gazer Press Universe“ klingt :-D) wegen Erfolglosigkeit erfolgreich suizidiert. Sogleich sind die AbenteurerInnen, aber auch mehrere andere Personen (die dann jeweils aus unterschiedlichen Motiven als AuftraggeberInnen fungieren), zur Stelle, um sich sein Tagebuch zu schnappen. Denn dort gibt es die entscheidenden Hinweise, dass es in der Nordhäuser Templerkirche ordentlich was zu holen gibt. Insgesamt auf fünf Interessengruppen können die SpielerInnen nun stoßen, welche beispielsweise als AuftraggeberInnen & Verbündete oder auch als hartnäckige GegenspielerInnen agieren. Es folgen ein paar Gespräche in der gesamten Stadt, vielleicht wirbt man auch ein paar Mietlinge an und kauft ein paar Schusswaffen & Schießpulverfässer; und dann geht es auch schon hinab in den vier Ebenen umfassenden Dungeon. Gemäß der OSR-Tradition besteht er aus unzähligen Räumen (so ich mich nicht verzählte habe, sind es 66), in denen man immer irgendwie etwas entdecken kann. Beispielsweise nützlicher Kleinkram, aber vor allem auch allerlei Fallen, Feinde & Flüche. Es gibt also mehr als genug Möglichkeiten ins Gras zu beißen – Und besonders fies ist, dass die größte Gefahr unsichtbar ist: Giftige Pilzsporen versuchen langsam, aber stetig die Kontrolle über alles Lebendige zu übernehmen. Was im Zweifelsfall dazu führen kann, dass sich SpielerInnen sogar gegen die Gruppe wenden! Es ist ein schöner Story-Twist, dass der titelgebende „Endgegner“ fast schon ein roter Hering ist – Gefährlich ist er trotzdem, aber er ist eben auch nur ein Pilzsporen-Opfer...
Angedacht ist „Baphomets Sohn“ für 2 bis 4 eher erwachsene SpielerInnen, deren „Swords & Wizardry“-Charaktere die Stufen 3 oder 4 erreicht haben. Aber wie wir ja schon in der oben genannten Podcast-Folge gelernt haben, ähneln sich die OSR-Systeme so sehr, dass man da auch relativ problemlos „Old School Essentials“, „Beyond the Wall“ oder meinen aktuellen Geheimtipp „Cairn“ nutzen kann :-) Aus Sicht der Spielenden gefällt mir das Abenteuer jedenfalls ziemlich gut, wenn man halt die typischen OSR-Spielmechaniken mag. Aus Sicht der Spielleitung mag ich das Abenteuer auch, gewisse Spielelemente (z.B. das Agieren der verschiedenen NSC-Gruppen) erscheinen mir für absolute Spielleitungsneulinge jedoch etwas fordernd. Die Entdeckung des Dungeons sollte dagegen recht einfach zu managen sein, da die jeweiligen Räume und Gegner immer kurz und knapp beschrieben werden, sodass man das in einer halben Minute verstanden hat. Zudem gibt es ein paar Tipps & Tricks, kopierbare Infektionskarten und OSR-typisch eine ganze Menge an Zufallstabellen. Ein wenig Vorbereitungszeit sollte man als Spielleitung natürlich trotzdem in das Abenteuer stecken...
Gut gefallen hat mir auch die übersichtliche Gestaltung des knapp über 100 Seiten umfassenden Büchleins. Besonders die Zeichnungen möchte ich hervorheben, die haben gegenüber "Der Heilige von Bruckstadt" ein Schippchen draufgelegt :-D Einzig die Farbkombination mancher Erklärungskästchen, bei denen schwarze Schrift vor pinkem Hintergrund stand, war bei typischen Rollenspielabend-Lichtverhältnissen eher schwer zu lesen (das kann aber auch an meiner rot-grün-Sehschwäche liegen, weshalb man mir verzeihen möge, falls das gar kein pink ist, sondern eine andere Farbe). Aber das sind Kleinigkeiten, für OSR-Fans ist das von „Gazer Press“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) für 25 € vertriebene A5-Hardcover eine sehr gute Wahl!
Fazit: „Baphomets Sohn“ (Link) bietet einen knackigen Dungeon mit einem interessanten Story-Twist, welcher OSR-Fans glücklich machen wird :-D