Die kosmischen Horror-Geschichten von H.P. Lovecraft erfreuen sich in Rollenspiel-Kreisen ja einer großen Beliebtheit, nicht umsonst war unsere Cthulhu-Podcastfolge (Link) eine der erfolgreichsten des letzten Jahres :-) Da ist es natürlich keine schlechte Idee, eine Solo-Spielbuchreihe zu starten, in welcher man selbst mit den Mythos-Kreaturen um das Schicksal der Welt ringt. Mit „Cthulhus Ruf“ haben die Spielbuch-Spezialisten vom „Mantikore Verlag“ nun den ersten Band der „Choose Cthulhu“-Serie in deutscher Sprache veröffentlicht.
„Cthulhus Ruf“ oder im englischen Original „Call of Cthulhu“ ist eine der bekanntesten Kurzgeschichten von H.P. Lovecraft. Besonders an ihr ist nicht nur, dass in ihr erstmals der Mythos ausformuliert wurde, sondern auch, dass hier die berühmte Gottheit Cthulhu auftritt. Als Rahmenhandlung dienen Dokumente des Anthropologen Francis Wayland Thursten, welcher den Nachlass seines ermordeten Großonkels Professor George Gamell Angell verwaltet und dabei dem Cthulhu-Mythos auf die Spur kommt. Die drei zentralen Dokumente (in dieser Übersetzung „Der Schrecken in Ton“, „Der Bericht von Inspector Legrasse“ & „Der Wahnsinn aus dem Meer“) bilden die einzelnen Kapitel der Kurzgeschichte, welche den meisten LeserInnen dieses Blogs sicherlich bekannt sein wird. Für mich war sie neu, was beim Spielen dieses Solo-Spielbuchs eindeutig von Vorteil war, da ich so gänzlich ohne Vorwissen bzw. Lösungsspoiler spielen konnte. Denn in den 111 Abschnitten verkörpert man Thursten höchstselbst, der nach dem Tod seines Großonkels Nachforschungen anstellt. Dabei erlebt man die verschiedenen Episoden der Kurzgeschichte nach, beispielsweise hebt man mit Inspector Legrasse einen Kult aus und forscht im eisigen Grönland nach der Wahrheit. Die Geschichte verläuft dabei ziemlich linear und lässt überraschend wenig Entscheidungsfreiheit, denn oft folgt auf einen Textabschnitt nur die Aufforderung, man möge doch beim nächsten Textabschnitt weiterlesen. So ich mich nicht verzählt habe, werden an gerade mal 19 Abschnitten mehrere Folgeabschnitte vorgeschlagen. Dafür gibt es immerhin acht Enden, von denen die allermeisten dem Cthulhu-Klischee entsprechend sehr negativ ausfallen ;-) Spielmechanisch ist dieses Solo-Spielbuch dabei sehr simpel gehalten, dann bis auf die seltene Wahl des nächsten Textabschnittes gibt es keinerlei Interaktion wie etwa eine Inventarverwaltung oder einen Probenmechanismus. Was ich aber gar nicht negativ beurteile, denn so ist „Choose Cthulhu #1 Cthulhus Ruf“ ein sehr niederschwelliger Einstieg in die Spielbuch-Thematik und, gerade auch durch ein Mini-Bestiarium und die komplette Kurzgeschichte, auch in den Mythos von H.P. Lovecraft. Positiv hervorheben möchte ich zudem die düsteren Zeichnungen, die wirklich atmosphärisch sind :-) Ob das den Preis von 13,95 € rechtfertigt, den der „Mantikore Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat) für das 184 Seiten umfassende Taschenbüchlein haben möchte, hängt da vermutlich von der Zielgruppe ab: Für einen Mythos-Einstieg ist die Kombination aus Solo-Spielbuch und Kurzgeschichte sicherlich nicht verkehrt. Wer die Kurzgeschichte aber schon kennt, sollte sich überlegen, ob einem je nach Motivation zwischen knapp einer und maximal zwei Stunden Spielzeit das Geld wirklich wert ist.
Fazit: „Choose Cthulhu #1 Cthulhus Ruf“ (Link) ist ein spielerisch simples und sehr kurzes, aber dafür durchaus atmosphärisches Solo-Spielbuch für Mythos-NeueinsteigerInnen.