Und da haben wir es mal wieder (als ob wir es nicht schon genug haben ;-)): Gefühlt die gesamte Blogsphäre (und sogar meine Freundin) feiern einen Comic absolut ab. Und dann komm ich und sorge für schlechte Stimmung... Okay, ganz so schlimm war es damals beim Auftaktband der „Die Chroniken von Under York“-Trilogie (Link) nicht, denn nach einem arg schwachen Start haben mich die tollen Zeichnungen milde gestimmt. Aber nun liegt der Mittelteil vor mir und wieder lese ich bei meinen KollegInnen überall Lobeshymnen, während ich wieder eher so mittelprächtig begeistert bin...
Natürlich zu Beginn wieder eine kleine Rekapitulation der Geschehnisse: Die junge PoC-Frau Alison Walker steht kurz vor ihre Durchbruch als Künstlerin, da eine renommierte Galerie ihre Werke ausstellen will. Diese werden von der Kunstkritik gefeiert, vermischen sie doch das realweltliche New York mit übernatürlichen Elementen. Was niemand weiß: Neudeutsch würde man hier von #OwnVoice-Kunst sprechen, denn Alison entstammt einer Hexenfamilie, welche tief unter der Metropole in „Under York“ gemeinsam mit vier anderen Magiedynastien lebt. Das ist natürlich geheim, aber einige Hexen und Hexer mischen sich gegen Bezahlung auch gern mal in die Oberwelt ein. Und als würden solche „kleinen“ Eingriffe (etwa magische Wahlkampfhilfe) nicht reichen, hat es jetzt auch noch der machthungrige Magier Marduk auf die Herrschaft über New York abgesehen. Dass er dafür in den Körper von Alisons kleinem Bruder einfährt und ihre Eltern als Geiseln nimmt, macht die ganze Angelegenheit auch nicht einfacher...
Der zweite der drei Bände ist ein typischer Mittelteil, in welchem sich die handelnden Figuren einerseits für das große Finale positionieren (Marduk beschafft sich eine Ghularmee und bringt die Finanzwirtschaft durcheinander, währenddessen muss sich Alison erst einmal mit der Hexerei klar kommen muss) und in welchem man die Protagonistin näher kennenlernt. Denn es hat natürlich einen hochdramatischen Grund, warum die eigentlich sehr begabte Alision den ihr vorherbestimmten Karrierepfad als Untergrund-Hexe verlassen hat und sich nun als Künstlerin mit einem Niedriglohn-Nebenjob durchschlägt. Einen nicht unwesentlichen Teil dieser dramatischen Vergangenheit erfährt man dabei wieder aus Tagebucheinträgen. Das muss man mögen, aber da die Texte gut geschrieben sind, will ich das nicht als Kritikpunkt gelten lassen. Ebenfalls kein Kritikpunkt sind natürlich die Illustrationen von Mirka Andolfo; im Gegenteil, das sind die Highlights :-D Die lassen auch fast vergessen, dass das Erzähltempo mitunter schwankt (weswegen sich die Geschichte für mich manchmal „holprig“ anfühlte) und dass der Antagonist Marduk sowie generell die Nebenfiguren sträflich vernachlässigt werden. Letztlich hatte ich den Eindruck, als möchte die Geschichte mehr erzählen, als man in einer Trilogie mit jeweils 72 Seiten (beziehungsweise 80 Seiten im Auftaktband) vernünftig erzählen könnte...
Nichtsdestotrotz ist „Die Chroniken von Under York #2 Besessenheit“ wieder gute Unterhaltung für Genre-Fans, gerade wenn sie wunderhübsche Zeichnungen mögen. Deswegen kann ich auch vollkommen nachvollziehen, dass der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) diese Comic-Trilogie ins Portfolio aufgenommen hat. Daher wie schon im Auftaktband mein...
...Fazit: Auch der Trilogie-Mittelteil „Die Chroniken von Under York #2 Besessenheit“ (Link) wird Fans von Urban Fantasy viel Freude bereiten. Für diejenigen, die eben keine Genre-Fans sind und sich auch nicht von den hübschen Zeichnungen blenden lassen, werden die erzählerischen Schwächen jedoch deutlicher ins Gewicht fallen.