Vielleicht fange ich diese Rezension mal etwas provokativ an: „Für die Königin“ ist ein absolutes Klischee-“System Matters“-Produkt: Obskurer Indie-Kram? Check! Erzählen statt Kämpfe auswürfeln? Check! Minimale Vorbereitungszeit? Check! Tolle Übersetzung & tolle Produktqualität? Check! Also um die Lesezeit abzukürzen: Wer „System Matters“-Kram mag, kann sich dieses Spiel blind kaufen. Alle anderen dürfen hier gern vorher nachlesen, worum es eigentlich geht ;-)
Nun habe ich ja schon öfters mal in meinen Rezensionen zu Erzählspielen geschrieben, dass sie spielmechanisch eigentlich klassische Karten- & Brettspielmechaniken mit ein wenig Gelaber drumherum bieten; beispielsweise das ebenfalls im „System Matters“-Verlag erschienene „Ein ruhiges Jahr“ (Link). Passenderweise wurde „Für die Königin“ daher direkt als Kartenspiel veröffentlicht, bei dem man mit stabil gedruckten 80x120 mm Karten hantiert. Diese befinden sich in einer kleinen Pappschachtel, welche ohne eine gedruckte Spielanleitung daherkommt, da man die Regeln quasi durch das Abarbeiten von 19 Anleitungskarten (plus einer Zusammenfassungskarte) während der Spielvorbereitung lernt: Nachdem man sich eine der 14 hübsch gezeichneten Königinnen ausgesucht hat, welche man narrativ auf einer Reise begleiten wird, steckt man die Spezialkarte „Die Königin wird angegriffen. Verteidigst du sie?“ in den zuvor gemischten Inspirationsstapel, der aus insgesamt 46 Fragen-Karten besteht. Je nachdem, wo man die Spezialkarte hineinsteckt, verändert sich die Spielzeit (ca ½ h, wenn man sie irgendwo in die Mitte steckt und man in kleiner Runde ist; ca. 2 h, wenn man sie ganz ans Ende steckt und in einer großen Runde von bis zu 6 Personen spielt). Außerdem legt man die X-Card bereit, falls es mal zu unangenehmen Themen kommen sollte.
Immer abwechselnd liest man dann eine der Fragen-Karten vom Inspirationsstapel vor, danach wird die Frage (manchmal gibt es auch eine Folgefrage, beispielsweise, warum man erstens eigentlich an einem Ort bleiben möchte, warum man es zweitens dann aber doch nicht macht?) beantwortet. Die anderen Spielenden dürfen und sollen dann weitere Erzählanregungen geben und Nachfragen stellen. Im Zweifelsfall, wenn man keine gute Idee hat, kann man die Frage aber auch weitergeben. Und so geht es dann reihum, bis die finale Spezialkarte „Die Königin wird angegriffen. Verteidigst du sie?“ gezogen wird, die dann von allen Spielenden beantwortet wird. Und dann ist das Spiel vorbei und man kann, wenn man Lust hat, eine weitere Session starten und neue Abenteuer erleben...
Zugegeben, man muss diese Art des kooperativen Geschichtenerzählens mögen, sonst hat man hier keinen Spaß dran. Wenn man jedoch gern Figuren mit spannenden Hintergrundgeschichten versieht (vielleicht auch, wenn man als AutorIn etwas Inspiration braucht), wird man mit diesem Kartenspiel ein paar schöne Runden erleben. Gerade dadurch, dass es fast keine Regeln gibt (und die wenigen, die es gibt, werden quasi direkt während der Vorbereitung gelernt), und durch die Tatsache, dass so ein kleines Kartenspielchen keinen Platz wegnimmt, wirkt es für mich als idealer Zeitvertreib, wenn man abends, vielleicht bei einem Glas Wein, mit seinen erzählfreudigen FreundInnen noch mal seiner Kreativität freien Lauf lassen will... Wer daran Spaß hat, wird die 19,95 € sicherlich gern zahlen, welche der „System Matters“-Verlag (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) für das wie immer in guter Qualität übersetzte, gelayoutete und gedruckte Kartenspiel haben will.
Fazit: Ich kann mich nur wiederholen: „Für die Königin“ (Link) ist „System Matters“-Verlagsphilosophie in Reinkultur :-D
PS: Richtig begeistert ist übrigens mein lieber Blogger-Kollege Würfelheld (Link).