Was bedeutet Menschlichkeit? Und was bedeutet Individualität? Fragen, die in Science-Fiction-Geschichten (gerade wenn auch noch Roboter, Cyborgs oder Klone ein zentrales Handlungselement sind) immer wieder aufgeworfen werden. So auch in der Graphic Novel „Inhuman“, in welcher ein abgestürztes Expeditionsteam auf telepathisch gleichgeschaltete Menschen trifft. Wieder mal sucht die Menschheit nach einer neuen Heimatwelt. Als dabei ein kleines Expeditionsteam auf einem mysteriös schimmernden Planeten abstürzt, hat das fast die Auslöschung der gesamten Schiffscrew zur Folge. Denn deren Raumschiff klatscht mitten in den tiefsten Ozean, wo ein Überleben fast ausgeschlossen ist – Wären da nicht die tintenfischartigen MeeresbewohnerInnen, welche immerhin ein paar TeammitgliederInnen an den nahegelegenen Strand bringen. Wo sie eine riesige Überraschung erwartet: Der Planet ist bereits von Menschen besiedelt! Jedoch sind diese auf ein prähistorisches Niveau zurückgefallen, zudem wirken sie sehr apathisch und in ihren „vom großen Hüter befohlenen“ Ritualen gefangen. Arbeiten, Fortpflanzen, Schlafen – Aus mehr scheint ihr minutengenau getakteter Tagesablauf nicht zu bestehen... Zu allem Überfluss erliegen nach und nach auch einzelne Mitglieder des Expeditionsteams den „Verlockungen“ des großen Hüters, sodass sich die restlichen Überlebenden, die noch bei klarem Verstand sind, auf die Suche nach eben jenem machen. Dafür müssen sie immer tiefer ins Innere der Insel hinabsteigen, was nicht unbedingt einfacher wird durch die Tatsache, dass es sich hierbei um einen aktiven Vulkan handelt... „Inhuman“ ist ein unglaublich treffender Titel für eine SciFi-Geschichte, in der es darum geht, was einen Menschen eigentlich als solchen ausmacht. Denn klar, biologisch gesehen sind die InselbewohnerInnen ganz eindeutig Menschen, doch ihnen fehlt jegliche charakterliche Individualität. Wie Roboter sind sie kleine Rädchen im Getriebe eines perfekt getakteten Uhrwerks – Und aus der Entdeckung, wie dieses Uhrwerk funktioniert, zieht diese Graphic Novel ihre eigentliche Spannung. Gerade auch deshalb, weil die ProtagonistInnen eben nicht davor gefeit sind, selbst dem großen Hüter zu erliegen. Dabei lässt sich die Geschichte anfangs mehr als genug Zeit das Szenario zu etablieren, um dann gegen Ende hin fast ein wenig zu rasch zu eskalieren. Das ist ein kleiner Kritikpunkt, denn während man den ersten Wasserstamm noch recht ausführlich vorgestellt bekommt, hetzt man später durch die anderen Elementar-Stämme (Erde, Feuer, Luft) etwas durch, bevor das halboffene Ende zum Nachdenken anregt. Denn letztlich stellt sich die Meta-Frage, ob die Einschränkung beziehungsweise sogar Auslöschung von frei ausgelebter Individualität nicht letztlich sogar zu einer besseren Welt für Alle führt – Hier kommt man als LeserIn durchaus ins Grübeln und kann dabei sicherlich auch Bezüge zur Geschichte herstellen: Wäre beispielsweise eine echter Kommunismus eher eine Utopie oder doch eine Dystopie? Worüber man eher nicht nachdenken sollte: Die ProtagonistInnen. Denn die sind austauschbare Abziehbilder, die sich nur über ihre Funktion (z.B. Sicherheitsoffizier, Anführerin, Roboter) definieren und deshalb erschreckend blass bleiben. Das ist tatsächlich der große Schwachpunkt der Geschichte, denn dadurch verpuffen die Schockeffekte, wenn sich wieder mal ein Teammitglied dem großen Hüter unterworfen hat, doch merklich. Hier hätten dem 104 Seiten starken Hardcover durchaus noch ein paar Seiten mehr gutgetan. Nichtsdestotrotz ist „Inhuman“ jedoch eine sehr interessante SciFi-Geschichte, die zudem mit eher zweckmäßigen, aber durchaus stimmungsvollen Zeichnungen aufwartet. Comic-Fans, die gern auch noch mal ein wenig länger über das Gelesene nachdenken, dürfen hier also bedenkenlos die 24 € investieren, welche der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) für die Graphic Novel haben möchte. Fazit: „Inhuman“ (Link) hätte mit ein paar Seiten mehr noch besser sein können, ist aber auch so schon sehr gut. Empfehlenswert!
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