Die „Colony“-Reihe ist so ziemlich das absolute Gegenteil des Werbespruchs, mit dem der „Splitter Verlag“ sie bewirbt: „Eine charakterstarke Space Opera in bester Tradition von »The Expanse«! – Nee, echt nicht, selbst jetzt nach dem dritten Band kann man die Charakterstärke und auch das „The Expance“-Feeling mit der Lupe suchen. Nein, stattdessen bietet die Reihe flott erzählte SciFi-Snacks, manchmal knallbunt und manchmal düster – Und das muss keinesfalls schlecht sein, wie der dritte Band „Der Mutterbaum“ eindringlich beweist. Um das Setting kurz zu rekapitulieren: Die Erde hat erfolglos Kolonie-Raumschiffe in das All entsandt. Die haben zwar nix gefunden, dafür wurde die Menschheit aber durch eine mysteriöse Alien-Rasse geupdatet. Nun ist es die Aufgabe von Elite-Bergungstruppen, die verloren geglaubten KolonistInnen aufzuspüren und zurückzuholen – Was sich nicht gerade als einfach herausstellt, weil Schmuggler-Ringe und Piraten-Clans ebenfalls auf der Suche sind. Im dritten Band nun ist die kleine Elite-Bergungstruppe, von der ich mir auch nach drei Bänden noch immer keine Namen oder auch Charaktereigenschaften merken konnte, weiterhin auf der Suche nach verloren gegangenen Kolonie-Raumschiffen. Zum wiederholten Male entpuppt sich ein vermeintliches Notsignal jedoch als Finte, aber diesmal ist die Crew schlau genug, um es zu seinem Ursprung zurückzuverfolgen. Nur dumm, dass ein rebellischer Piraten-Clan genau das geplant hat, denn so laufen sie direkt in eine Falle! Doch schnell müssen sie merken: Die PiratInnen sind gar nicht die eigentlichen Feinde, sondern die eigentlich als Verbündete wahrgenommenen Aliens... Man kann auch diesem „Colony“-Band wieder die üblichen Dinge vorwerfen, etwa dass es nahezu keinerlei Charakterentwicklung gibt und einem daher die ProtagonistInnen, selbst wenn sie in Gefahr geraten oder sterben, völlig egal sind. Was man „Der Mutterbaum“ aber keinesfalls vorwerfen kann: Belanglosigkeit! Während die ersten beiden Bände noch eher übersichtliche, weder die „Colony“-Welt noch die Crew irgendwie erschütternde Mini-Abenteuer erzählten, geht es im dritten Band nun endlich richtig zu Sache: Die eigentlich doch ach so freundlichen, selbstlosen Aliens sind gar nicht so freundlich und selbstlos wie gedacht! Und im Gegenzug sind nicht alle Piraten-Crews selbstsüchtige Bösewichte! Das ist ein großer narrativer Fortschritt für die Reihe, der erstmals mein aufrichtiges Interesse an der Welt und auch am Fortgang des Meta-Plots weckt. Und das kann man diesem Band nicht hoch genug anrichten, denn so wird metaphorisch gesprochen aus dem SciFi-Snack erstmals eine vollwertige Mahlzeit ;-) Ich bin aufrichtig begeistert, dass der Autor Denis-Pierre Filippi hier scheinbar die Kurve gekriegt hat! (was man daran merkt, dass ich schon lange nicht mehr so viele Ausrufezeichen in einem Absatz verwendet habe :-D) Da die Zeichnungen von Vincenzo Cucca sowie generell die Inszenierung und das Erzähltempo zudem wieder sehr gut gelungen sind und auch die Druckqualität vom „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) gewohnt gut ist, kann ich SciFi-Fans das 48 Seiten starke Hardcover für glatte 15 € durchaus empfehlen. Fazit: Ich finde die Metapher einfach viel zu schön, um sie nicht noch einmal zu verwenden: „Colony #3 Der Mutterbaum“ (Link) macht aus einer SciFi-Snack-Serie endlich eine vollwertige Mahlzeit ;-)
Tags