Die Fliegercomics der „Team Rafale“-Reihe hab ich ja in mein Herz geschlossen, auch wenn (oder gerade weil?) sie ihr eigentliches Versprechen – nämlich superseriöse Politik-Thriller mit ganz viel realistischem Luftkampf zu sein – bis auf eine einzige Ausgabe (Link) nie eingehalten haben. Stattdessen gibt es hier testosteron-geschwängerte, knallig überdrehte Militär-Action mit einem Hauch von Spionage... Und das machte bisher wirklich Spaß! Wie sich da wohl der fünfte Band schlägt, der mit Terrorismus zum G8-Gipfel wieder ein brandaktuelles Thema in den Fokus rückt?
Die beiden französischen JagdpilotInnen Tom Nolane und Jessica Nate gehören zur Elite des Geschwaders 1/7 Provence. Doch während sie sonst beispielsweise über dem afghanischen Gebirge kämpfen (Link), haben sie diesmal fast schon so etwas wie Freizeit: In einem entlegenen schottischen Schloss findet der nächste G8-Gipfel statt und die beiden PilotInnen sind zur Luftraumüberwachung eingeteilt. Ein theoretisch leichter Job (bei dem eine verirrte Propellermaschine schon das höchste der Gefühle darstellt), sodass Jessica sogar nebenbei noch an einem Kunstflugwettbewerb teilnehmen und Tom ein wenig Eifersucht auf Jessicas Mann entwickeln kann ;-) Eben jener ist ganz tief im Rüstungsbusiness aktiv und versucht autonome Kampfdrohnen zu vermarkten. Doch nach einer erfolgreichen Präsentation werden sie von der ostdeutschen links-anarchistischen RAF-Nachfolgeorganisation „Anarchy 2012“ gestohlen, die damit einen Anschlag auf eben jenen G8-Gipfel planen. Und so muss sich zeigen, ob die hochentwickelte KI der Kampfdrohnen besser fliegen kann als Tom und Jessica mit ihrer langjährigen Erfahrung...
Die „Team Rafale“-Reihe hat ja, ich schreibe es in meinen Rezensionen immer wieder, schon mehrmals ihren erzählerischen Fokus verschoben. Und das ist völlig in Ordnung, eine langlebige Comic-Serie (die es im französischen Original bereits auf 12 Bände bringt) braucht das manchmal. Bei all ihrer Überdrehtheit wirkten die Handlungsstränge und auch die handelnden Figuren (wenn sie auch nie Charaktertiefe bekamen) doch immer irgendwie glaubwürdig, das hätte alles so oder so ähnlich wirklich passieren können. In „Black Shark“ wird nun aber ein doch eher überkonstruiert wirkender Terrorismus-Plot präsentiert, der atmosphärisch näher an B-Actionfilmen wie „London Has Fallen“ und „White House Down“ liegt als an klassischen Flugzeugfilmen wie „Top Gun“ oder jeder handelsüblichen Kampfflieger-Dokumentation, die man nachts dutzendfach auf Spartensendern wie „N24 Doku“ sehen muss :-P
Und das kann ja nun prinzipiell nicht schlecht sein, aber dieser fünfte Band fügt sich irgendwie nicht so richtig in die bisherige Reihe ein. Beispielsweise liegt das Augenmerk diesmal überproportional auf dem perfiden Plan der Bösewichte (Ossi-RAF-Videospielnerds, wie klischeehaft...) und damit deutlich weniger auf den beiden ProtagonistInnen Tom und Jessica sowie auf dem Markenkern, nämlich der spannend inszenierten Fliegeraction. Und wo wir eh gerade bei den ProtagonistInnen sind: Die plötzliche Eifersucht, möglicherweise der erste Versuch in dieser Reihe eine Charakterentwicklung zu etablieren, kommt völlig unvermittelt, denn bis auf ein paar Machosprüche gab es in den vorherigen Bänden nie irgendwelche Andeutungen in die Richtung. Apropos unvermittelt, Erotikszenen gab es bisher auch noch nicht und die kann der neue Zeichner Michel Lourenço auch gleich wieder einpacken. Und eigentlich kann auch er gleich wieder einpacken, denn selbst wenn die Zeichnungen eigentlich ganz okay sind, ist ist die qualitative Spanne zu den vorherigen Illustratoren teilweise enorm :-( Die Kolorierung reiß es dann auch nicht raus...
Aber da Michel Lourenço auch für die nächsten drei Bände zuständig ist und ich schon deutlich bessere Werke von ihm gesehen habe, bleibt ein kleiner Funken Hoffnung übrig ;-) Und der „Team Rafale“-Autor Frédéric Zumbiehl hat ja auch schon gezeigt, dass er so viel bessere Geschichten schreiben kann, also bleibe ich einfach mal optimistisch. Der „Black Shark“-Story-Arc geht ja sowieso noch über zwei weitere Bände, da kann man also noch viel Wiedergutmachung leisten :-P Wobei „Wiedergutmachung“ hier eindeutig aus der Sicht eines Fans der bisherigen Bände geschrieben wurde. Denn an sich bietet „Black Shark“ schon ordentliche B-Movie-Unterhaltung, da hat man durchaus seinen Spaß dran! Der fünfte Band liegt halt nur so weit weg von dem Inhalt, der Präsentation und der Atmosphäre der bisherigen Reihe... Gleich geblieben ist dagegen die Druckqualität vom kleinen Augsburger Verlag „Bunte Dimensionen“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten), der für 48 Seiten im Hardcover glatte 16 € möchte.
Fazit: Zwei Herzen schlagen in meiner Rezensenten-Brust: Alleinstehend betrachtet ist „Team Rafale #5 Black Shark“ (Link) ein durchaus ordentliches Comic-Äquivalent zu einem Action-B-Movie. Kann man sich gut geben, wenn man man mal leichte Unterhaltung mit ein paar hübschen Kampfflugzeugen, knalligen Explosionen und leicht bekleideten Damen haben will. Ins Gesamtbild der Reihe fügt sich der fünfte Band aber eher ungelenk ein, weil er doch irgendwie zu anders ist.