In den letzten Wochen hab ich ja einige Detektivspiele getestet, von denen mich der überteuerte Online-Krimi „Such den Mörder #1 Datei Asche“ wegen eklatanter Lieblosigkeit in der Lokalisierung ja doch arg enttäuscht hat. Meine schlechte Rezension rief die Jungs von „Magnificum“ (Link) auf den Plan, die mir mit ihrem Online-Krimi beweisen wollten, dass dieses Spielkonzept sehr wohl gut funktionieren und Spaß machen kann...
Oliver Borgmann, der ebenso smarte wie dauergeile Verkaufsleiter der Schokoladenmanufaktur „Edelberger“, wurde ermordet. Schlimm genug, aber das ausgerechnet auf der Firmenfeier zum hundertjährigen Bestehen des Traditionskonzerns! Und, vielleicht sogar noch viel schlimmer, der mutmaßliche Mörder ist rasch gefunden: Der feierwütige Firmenerbe Ferdinand hat nicht nur ein offensichtliches Motiv, sondern er hat auch noch allerlei Spuren hinterlassen. Eine klare Sache also? Nicht für den Firmenpatriarchen Horst Edelberger, der an die Unschuld seines Sohnes glaubt. Die erste Detektei, die er mit den Ermittlungen beauftragte, hat schon das Handtuch geworfen – Vielleicht können die SpielerInnen ja den oder die wahren Mörder (m/w/d, wir wollen ja nicht spoilern :-P) finden und dabei auch noch ein paar schmutzige Vorgänge innerhalb der heilen Schokoladenwelt aufdecken... „Die Firmenfeier: Das letzte Fest des Oliver Borgmann“ hat einen interessanten Kniff, den ich so radikal noch in keinem Detektivspiel gesehen habe: Da die Polizei ihre Ermittlungen bereits abgeschlossen hat und auch die Konkurrenz-Detektei schon fleißig war, muss man so gut wie überhaupt keine eigenen Indizien zusammentragen. Alles ist schon da: Über zwanzig Seiten beispielsweise mit Polizeiberichten, psychologischen Gutachten, verschiedensten Protokollen und dem ausgedruckten (!!!) Internet ;-) dazu zehn Fotos (u.a. vom Tatort und von der Firmenfeier), verschiedene Quittungen und allerlei eingetütete Beweismittel wie z.B. ein Erpresserschreiben und ein USB-Stick mit Überwachungskamera-Aufnahmen. Also richtig viel Zeug zum Rumschnüffeln, aber da kommt noch eine ganze Menge mehr hinzu, denn die Konkurrenz-Detektei hat ein Internetarchiv zusammengestellt u.a. mit relevanten Facebook- & Instagram-Einträgen sowie illegal beschafften Handyaufnahmen. Und dann hat „Magnificum“ auch noch passende Webseiten erstellt, auf denen sich ebenfalls Hinweise finden... Ich muss hier aufrichtig zugeben, dass mich die Detailfülle und auch die Umsetzung wirklich beeindruckt hat. So haben die Sounddateien teils fast Hörspielqualität. Und man hat sogar bedacht, dass bestimmte Dokumente andere Papierstärken haben – Also kein Vergleich zu „Such den Mörder“, wo man einfach billigstes Kopierpapier bekam :-) Da also bereits alle Beweise vorliegen (ausgenommen zwei Mailbox-Passwörter) kann man sich komplett auf die Auswertung dieser massiven Datenmenge konzentrieren.
Letztendlich muss man zur Lösung des Falls ganze zehn Fragen beantworten, bei denen die Nennung des Mörders und seines Motivs lediglich zwei Fragen ausmachen. Dabei geht ein ein Großteil der Spielzeit von laut Verlag 2 – 4 Stunden (wir lagen zu zweit am unteren Ende) erst einmal mit der Sichtung und Zuordnung der verschiedenen Beweise drauf. Die Materialflut wirkt dabei vielleicht im ersten Moment einschüchternd, doch wenn man sich rasch auf das Wesentliche konzentriert findet man leicht einen roten Faden an dem man sich orientieren kann. Tatsächlich ist der „eigentliche“ Kriminalfall gar nicht so knifflig (also die Beantwortung der Frage, wer denn wirklich den Mord beging), doch um die restlichen Fragen zu beantworten (u.a. nach dem Motiv und den Alibis) muss man teils schon etwas Hirnschmalz aufbringen ;-) Also ein wirklich guter Kriminalfall, den der junge Stuttgarter Verlag „Magnificum“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) für 24,99 € herausgebracht hat.
Fazit: Mit „Die Firmenfeier: Das letzte Fest des Oliver Borgmann“ (Link) zeigt der junge Verlag „Magnificum“, dass Online-Krimis doch Spaß machen können :-D Eine an sich schon interessante Mordermittlung wird hier kombiniert mit ebenso umfang- wie detailreichem Spielmaterial wie etwa unzähligen Fotos, Videos & Dokumenten. Empfehlenswert!