In absolut wunderbarer Regelmäßigkeit startet der „Splitter Verlag“ neue SciFi-Reihen. Wobei die BielefelderInnen so klug sind, immer neue Untergenres zu bedienen – Von brachialer Kriegsaction über sozialkritischen Cyberpunk bis hin zu dystopischen Transhumanismus war in den letzten Jahren so ziemlich alles dabei :-) Mal schauen, welches Untergenre die neue „Colony“-Serie für sich beansprucht... Die Erde hat mal wieder eine ganze Reihe an Kolonisierungsschiffen in den Weltraum geschickt, doch leider ein paar Jährchen zu früh: Während drei Jahre später die ersten Außerirdischen den friedlichen Kontakt mit der Menschheit aufnehmen und ihr so eine technische Revolution ermöglichen, scheitern die unerreichbar weit weg entschwundenen KolonistInnen bei ihren Missionen... Viele Jahre später entbrennt um diese alten Raumschiffe ein Kampf! Denn wenn sie doch mal gefunden werden, wollen sowohl Piraten-Clans und Schmuggler-Ringe als auch die Elite-Erkundungstruppen der Bergungsagentur die wertvolle Fracht (nämlich primär SiederInnen in Schlafkapseln) bergen... Einer dieser Elite-Erkundungstrupps, frisch von der Ausbildung, steht vor seinem ersten „echten“ Einsatz. Eigentlich eine ziemlich einfache Sache, doch als sich an Bord des Kolonisierungsraumschiffwracks plötzlich schießwütige Piraten befinden und das Agentur-Mutterschiff mit Raketen angegriffen wird, eskaliert die Lage rasch. Der Erkundungstrupp, der immerhin einen einzigen Kolonisten aus den Schlafkapseln retten konnte, muss mittels eines Notfall-Raumsprung fliehen und landet in den unbekannten Weiten der Galaxie – Genau neben dem nächsten Kolonierungsraumschiff. Nur hat dieses seine Mission offenbar doch erfolgreich abgeschlossen, denn auf einem Dschungelplaneten ist eine neue Menschensiedlung entstanden – Nur ohne Menschen! Naja, nicht ganz, immerhin ein deformiertes Siedlerkind ist noch übrig, aber das verbirgt ein schreckliches Geheimnis... Das war für so einen dünnen SciFi-Comicband von gerade mal 48 Seiten, die mit allerlei Actionszenen gefüllt sind, jetzt eine doch recht umfangreiche Inhaltsbeschreibung. Und die war auch dringend notwendig, denn „Die Schiffbrüchigen des Alls“ wirft, neben der eigentlichen Handlung, noch überraschend viele Hintergrundinformationen und B-Plot-Anknüpfungspunkte in die Runde – Klar, das ist ja auch der Auftaktband einer ganzen Reihe, da soll man natürlich Lust auf mehr bekommen ;-) Tatsächlich waren es mir hier aber fast schon zu viele Handlungselemente, denn so wirken manche Szenen sehr gehetzt, mitunter stakkatoartig. Das ist natürlich viel besser, als wenn sich die Geschichte ewig hinzieht, aber hier hätten dem Band nochmal zehn Seiten mehr wirklich gut getan – Allein schon, um die Figuren irgendwie einzuführen. Der Elite-Bergungstrupp ist leider viel zu groß und viel zu blass, als dass auch nur eine Figur in Erinnerung geblieben wäre (außer vielleicht das Alien, weil es so ungewöhnlich aussieht, aber ansonsten definieren sich nahezu alle Figuren bisher lediglich über ihre Funktion im Team). Das ist traurig, denn so werden die LeserInnen beispielsweise von unvorhergesehenen Figurentoden überhaupt nicht berührt. Ich hätte mir hier wenigstens schon mal zwei, drei Identifikationsfiguren gewünscht; stattdessen gibt es nur ganz vage Andeutungen, dass da in zukünftigen Bänden vielleicht mal mehr Hintergrundstory und damit auch Konfliktpotential innerhalb des Teams kommen könnte. Schade! Nichtsdestotrotz habe ich diesen Auftaktband mit Vergnügen gelesen. Das liegt einerseits an der vorwärtsdrängenden Geschichte (wie gesagt, etwas zu zügig erzählt, aber besser als zu langatmig ;-)) und andererseits an den sehenswerten Zeichnungen. Die Details der Illustrationen, die Designs & das Worldbuilding, die Inszenierung der Action und auch die passende Kolorierung – Das ist alles sehr ordentlich gelungen, das gefällt mir einfach :-D Ebenso gefällt mir (aber da habe ich bei diesem Verlag, der mir übrigens dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt hat, ja nie Sorgen) die Druckqualität des 48 Seiten starken Hardcovers, sodass der Preis von glatten 15 € für SciFi-Fans völlig vertretbar ist. Fazit: Der Auftaktband „Colony #1 Die Schiffbrüchigen des Alls“ (Link) ist ein flott inszenierter, unterhaltsamer Appetitanreger für eine hoffentlich noch etwas tiefgründiger werdende SciFi-Reihe.
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