Der kleine Comic-Verlag „Bunte Dimensionen“ ist ja zumeist für eher martialische Graphic Novels wie „Die verlorene Armee“ etc. bekannt, die auch gerne mal eine Portion Weltkriegs-Pulp (z.B. „Die Eisendivisionen“, „Spynest“) oder SciFi-Trash (“Carmen Mc Callum“) enthalten dürfen. Ins Fantasy-Genre wagen sich die Augsburger da wesentlich seltener, doch mit ihrer neuen Serie „Elya: Die Nebel von Asceltis“ gehen sie nun genau diesen Schritt. Ob es der Auftaktband „Die Geburt“ wohl schaffen wird, mein Interesse an dieser archaisch-heroischen Fantasy-Welt zu wecken? Der Ausgangspunkt der Handlung klingt schon mal sehr interessant: Der verstoßene Königssohn Erwal, eigentlich rechtmäßiger Thronerbe, möchte zur Beerdigung des Vaters in seine alte Heimat zurückkehren. Sein jüngerer Bruder, der nun aktuelle Herrscher Yslain, gestattet ihm dies. Wie sich noch herausstellen wird, ist dies nicht die klügste Entscheidung ;-) Aber eigentlich hat Yslain auch andere Probleme: In seinem Königreich sterben die Bäume des Lebens, anstatt Sylven (so eine Art Baumkinder) zu gebären... Durch allerlei unerfreuliche Ereignisse entschlüpft dem Mutterbaum dann aber doch ein solch magisches Geschöpf, welches sogleich von den fiesen Häschern des Usurpator gejagt wird. Irgendwann wird sie im Gebirge gestellt, doch ein alter Schwertmeister beschützt sie und nimmt sich ihrer an... Tja, mhm, wenn ich mir die Zusammenfassung jetzt so durchlese, wirkt die Handlung der 48 Seiten umfassenden Graphic Novel eigentlich sehr übersichtlich. Dem Autor Nicolas Jarry gelingt es aber ziemlich geschickt, beim ersten Durchlesen durch verschiedene Handlungsstränge, einige Sprünge in die Vergangenheit und zahlreiche – letztendlich eher unwichtige – Figuren eine „gefühlte Komplexität“ zu erschaffen. Dabei liest sich gerade die zweite Hälfte, wenn fast alle Figuren eingeführt wurden und es endlich mal richtig zur Sache geht, durchaus spannend und unterhaltsam. Trotz dessen verblieb ich als Leser jedoch mit dem ein oder anderen Fragezeichen zurück, da der Autor direkt mit der Geschichte los startet, ohne zuvor die Welt zu erklären oder die Figuren ausreichend einzuführen. Gerade bei den homöopathisch charakterisierten Nebenfiguren schludert er gar schauderhaft, was letztendlich dazu führte, dass ich das halbe Buch über fest davon überzeugt war, dass der König seine Oma pimpert... Hier wäre dringend notwendig gewesen zu erläutern, dass diese Fantasywesen (scheinbar Menschen, aber ohne Iris und Pupille) auch in jungen Jahren graue Haare haben und dass eben jene, vom Alter her undefinierbar gezeichnete, Sexgespielin nicht irgendeine Oma, sondern die Frau des Königs ist. Letztendlich musste ich mir nach dem Ende des Buches einige Zusammenhänge rückwirkend zusammenreimen, was eigentlich nicht Sinn der Sache eines Auftaktbandes sein sollte... Vielleicht ist „Elya: Die Nebel von Asceltis #1 Die Geburt“ aber auch als ein die Welt und die Vorgeschichte vorstellender Prolog gedacht, der mit einem Umfang von irgendwas zwischen einem halben und dem ganzen Auftaktband einfach viel zu lang geraten ist... Wo die Geschichte also nur so halb überzeugt, reißen es die atmosphärischen Zeichnungen mal wieder raus. Sie sind sehr gefällig, ansprechend koloriert und wirken bei den wenigen Actionszenen durchaus dynamisch. Ansprechend durch die gute Druckqualität der „Bunten Dimensionen“ (welche mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt haben) präsentiert, geht der Preis von 14 € für ein 48 Seiten umfassendes Hardcover durchaus in Ordnung. Fazit: Selten hat mich eine Graphic Novel so zwiespältig zurückgelassen wie „Elya: Die Nebel von Asceltis #1 Die Geburt“ (Link), denn selten hat sich ein Auftaktband so sehr wie ein überlanger Prolog angefühlt – Welcher einerseits mit einer im Kern so simplen Geschichte so viel Verwirrung stiftet, andererseits aber so sehr das Verlangen nach dem zweiten Teil anfeuert... Auch im Anbetracht der atmosphärischen Zeichnungen überwiegt bei mir persönlich aber das „andererseits“, sodass ich Fantasy-Fans durchaus empfehlen kann, hier mal reinzuschnuppern :-)
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