Der mittlerweile gar nicht mehr so kleine „System Matters“-Kleinverlag ist, neben den ganzen schwergewichtigen Dungeon Crawlern, doch primär berühmt für seine „Kleine Reihe“. Das sind liebevoll gestaltete Erzählspiele, bei denen man ohne viel Vorbereitung loslegen kann. In dieser „Kleinen Reihe“ (Link) sticht „Star Crossed“ noch einmal ganz besonders hervor, ist es doch für eine im Rollenspiel-Sektor eher untypische SpielerInnenanzahl gedacht: Nur ganz genau zwei Liebende versuchen hier, sich in ungefähr zwei Stunden Spielzeit ihren Gefühlen zu stellen... Die Tragödie von Romeo und Julia gehört zweifelsohne zu den bekanntesten Geschichten rund um eine Liebe, die nicht sein darf. Und damit sind wir auch schon genau beim Thema von „Star Crossed“: Hier verkörpern zwei SpielerInnen die tragischen Figuren, welche durch irgendwelche Umstände nicht zu ihren Gefühlen stehen wollen/können/dürfen. Dabei kann man sich zu Beginn selbst aussuchen, wie diese Umstände aussehen, denn es werden keinerlei Vorgaben gemacht. Die Spielwelt entsteht im gegenseitigen Konsens und kann sowohl phantastisch (z.B. die Königskinder zweier verfeindeter Fantasy- oder SciFi-Reiche) als auch realitätsnah (z.B. zwei supermaskuline Hetero-Bros, die ihre Gefühle füreinander entdecken) sein – Hauptsache, beide MitspielerInnen fühlen sich wohl dabei. Sollten sie das nicht tun, können sie sofort die X-Card ziehen, welche ein elementarer Bestandteil des Spielprinzips ist. Ebenfalls ein elementarer Bestandteil des Spielprinzips ist ein „Jenga“-Turm, aus welchem die SpielerInnen in jeder der acht Spielszenen ein Holzklötzchen ziehen müssen. Dabei sind diese acht Szenen thematisch geordnet, sie geben somit den erzählerischen Rahmen vor. In Szene 1 trifft man sich beispielsweise das erste Mal, während man in Szene 3 Gemeinsamkeiten findet und sich in Szene 6 eine Meinungsverschiedenheit zuspitzt. In jeder dieser Szenen darf man einen Spielzug ausführen (z.B. mehr oder minder absichtlich Körperkontakt herstellen oder ein privates Geheimnis preisgeben), um Anziehung aufzubauen. Gelingt es, die Szene auszuspielen und dann auch noch erfolgreich ein Holzklötzchen aus dem „Jenga“-Turm zu ziehen, gibt es einen Stern. Diese werden für die Endwertung zusammengezählt: Fällt der Turm vor Ablauf der 8. Szene (un-)absichtlich um, eskalieren die Gefühle und je nach Anzahl der Sterne gibt es entweder die große Liebe oder in mehreren Abstufungen die große Tragödie. Steht der Turm nach acht Spielszenen dagegen noch, konnten die Charaktere ihre Gefühle stattdessen im Zaum halten und gehen ohne großen Aufhebens auseinander... So oder so, am Ende erzählen die beiden SpielerInnen noch einen gemeinsamen Epilog, dann ist das Spiel nach rund eineinhalb bis zwei Stunden vorbei. Klar, „Star Crossed“ muss man mögen – Selbst für das Erzählspiel-Genre ist ein auf romantische Interaktion ausgerichtetes Zwei-Personen-Rollenspiel schon sehr speziell. Umso mehr war ich persönlich überrascht, wie sehr ich mich mit diesem Spielprinzip anfreunden konnte! Die einfachen Regeln werden so idiotensicher erklärt, dass selbst ich wusste, was ich hier eigentlich tun muss. Das gemeinsame Erstellen der Spielwelt und dann das Ausleben der fest vorgegebenen Dramaturgie macht wirklich Freude, zudem birgt der „Jenga“-Turm tatsächlich ein erhebliches Spannungselement. Obwohl das hier mal so überhaupt nicht mein Genre oder auch nur Spielprinzip ist, hat mich „Star Crossed“ doch mit seiner durchdachten Mechanik und der gewohnt großartigen Produktionsqualität von „System Matters“ (Lektorat, Layout, Übersetzung etc.) begeistert. Der Preis von 14,95 € für das 60 Seiten dünne Softcover geht daher völlig in Ordung. Fazit: Ich bin noch immer ein wenig ungläubig, dass mich „Star Crossed“ (Link) so sehr begeistert hat ;-) Mit der „Kleinen Reihe“ hat „System Matters“ ja schon generell eine richtig starke Produktlinie, aber dieses Zwei-Personen-Liebesdrama ist aktuell die Krönung :-D