Die zweifelsohne spannendste Gesellschaftsspiel-Entdeckung, die ich dieses Jahr machen durfte, war die „Adventure Games“-Reihe aus dem Hause „KOSMOS“. Dabei handelte es sich spielmechanisch um ein typisches Point-&-Click-Adventure, wie man sie aus der goldenen Ära der Computerspiele kennt, nur halt als Kartenspiel. Mit „Die Vulkaninsel“ ist nun bereits der dritte Teil erschienen.
Die bis zu vier SpielerInnen verkörpern in „Die Vulkaninsel“ junge Studierende, welche im Wintersemester 1988/89 am Seminar „Die Geheimnisse unserer Insel“ teilnehmen. Nachdem sie dort die theoretischen Grundlagen des Abenteurerlebens gebüffelt haben, sollen sie als krönenden Abschluss auf einer Exkursion ganz alleine einen gefährlichen Schmugglerring ausheben – Ja, mit der Logik nimmt es das Spiel der Dramatik wegen nicht ganz so genau ;-) Über insgesamt vier Kapitel mit jeweils gut 1,5 – 2 Stunden Spielzeit erstreckt sich die Geschichte. Diese beginnt als klassisches Juniordetektivabenteuer, bei dem man beispielsweise Hinweise wie etwa geheime Kreidezeichen finden muss. Spätestens ab der Hälfte wird es dann aber zunehmend esoterisch (Kinder, die mit Tieren reden können, und über Generationen vererbte Hexerei-Rituale), bevor es final in einer chaotischen Katastrophe mündet (kein Spoiler, denn schon auf dem Cover sieht man ja den Vulkan ausbrechen :-P). Dabei kann die – für meinen Geschmack ein wenig überladene und dadurch unfokussiert wirkende – Geschichte, explizit im dritten und vierten Kapitel, je nach den Entscheidungen der SpielerInnen, ganz schön unterschiedlich verlaufen – Im Gegensatz zu den Einmal-Abenteuern der „EXIT Das Spiel“-Reihe ist man hier fast schon verpflichtet, noch einen zweiten und vielleicht sogar dritten Durchgang zu wagen :-)
Die Spielmechanik hat sich auch im dritten Teil nicht groß verändert: Noch immer übernimmt man eine Spielfigur (die sich in ihrem Studienfach besonders gut auskennt, was aber nicht spielentscheidend ist), mit welcher man die verschiedenen Hotspots der nach und nach aufgedeckten Ortskarten abgrast. Hierzu liest man dann den dazugehörigen Textabschnitt im Spielbuch, was meistens neue Informationen und im Idealfall auch noch neue Gegenstände bringt. Diese kann man dann mittels Zahlencodes miteinander und mit den Hotspots kombinieren, um Rätsel zu lösen oder aber um in der Geschichte voran zu schreiten. Beispielsweise kombiniert man erst eine Dose Katzenfutter mit einem Dosenöffner, um dann die geöffnete Dose mit einer Katze zu kombinieren – Ganz so einfach sind zwar nicht alle Rätselketten (das kaputte Auto wieder in Gang zu bekommen hat unsere Testgruppe fast zur Verzweiflung gebracht :-( allerdings hat man, je nach Lösungsweg, auch mit kleineren Verweisfehlern/Bugs (Link) zu kämpfen, sodass ich einfach mal behaupte, das liegt nicht an unserer Unfähigkeit ;-)), doch meistens kann man sich die Lösung mit etwas Hirnschmalz und Kombinationsgabe gut zurechtreimen. Insgesamt betrachtet fand ich die Rätsel des Vorgängers „Die Monochrome-AG“ (Link) im direkten Vergleich aber wesentlich schlüssiger.
Was ich bei den Spielen der „Adventure Games“-Reihe erneut sehr lobend hervorheben möchte, ist die KOSMOS-Erklär-App. Ich bin bei Brett-/Kartenspielen ja sonst eher konservativ und mag kein Handy am Spieltisch, aber hier ist es ausgerechnet die App, die aus einem netten, aber etwas umständlichen Abenteuerkartenspiel ein familienfreundliches, spannendes Rätselspiel macht: Nicht nur, dass man am Anfang idiotensicher in die Regeln und die Spielvorbereitungen eingeführt wird, man bekommt auch noch sämtliche Texte – die man sonst umständlich blättern müsste und die man, dank der kleinen Schrift, nur bei guten Lichtverhältnissen leicht lesen kann – professionell vorgelesen. Dabei gibt sich der Sprecher auch meistens Mühe, lediglich an einer Stelle hat er wirklich genervt: Obwohl uns das Abenteuer in die südamerikanische Provinz führt, spricht der Einsiedler tiefstes bayrisch. Klar, der Text ist so vom Spielbuch vorgegeben, aber die gesamte Testgruppe fand diese (vermutlich als Witz intendierten) Sprachstücke echt nervig. Hier dürfte „KOSMOS“ (die mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellten) in zukünftigen „Adventure Games“-Teilen gerne darauf achten, dass die Sprachausgabe die SpielerInnen nicht aus der Immersion herausreißt.
Fazit: Ja, gegenüber seinem Vorgänger „Die Monochrome-AG“ schwächelt „Adventure Games: Die Vulkaninsel“ (Link) ein wenig. Irgendwie hab ich das Gefühl, als wäre man bei der Geschichte und den Rätselketten ein wenig überambitioniert gewesen. Nichtsdestotrotz hatte unsere Testgruppe aber wieder viel und vor allem auch lange Spaß – Wer ein Fan der „Adventure Games“-Reihe ist, kann hier wieder bedenkenlos zugreifen!