Im letzten Jahr endete eine der besten SciFi-Comicserien, die ich bis dahin gelesen hatte: „Androiden“ (Link) war eine vierteilige Anthologie-Reihe, in der verschiedene Kreativteams auf unterschiedlichste Art und Weise ein gemeinsames Thema (nämlich den titelgebenden Androiden) interpretierten. Einen der besten Bände, nämlich „#1 Wiederauferstehung“ (Link), steuerte damals Jean-Luc Istin bei – Und eben jeder schrieb nun auch den Auftaktband „Islandia“ der fünfteiligen Anthologie-Reihe „Conquest“. Ob er wieder so ein Meisterwerk abliefern wird? In der „Conquest“-Reihe haben sich fünf Weltraumflotten der Menschheit aufgemacht, um in jeweils einer Geschichte einen fremden Planeten zu besiedeln. „Islandia“ heißt der Zielplanet des Auftaktbandes: Ein frostiger Klumpen Eis, auf dem lediglich ein paar archaische Alien-Buschleute leben... Wie, Buschleute sagt man nicht mehr? Hier schon, denn bei den Besiedlern dieses ersten „Conquest“-Bandes handelt es sich um ganz klassische Weltraum-Nazis: Von dem germanisch-völkischen Selbstverständnis über die mit typischen Symbolen verzierte Kleidung bis hin zur Lebensraumthematik ist hier eindeutig erkennbar, wer für dieses Raumfahrervolk das Vorbild war ;-) Die Protagonistin – falls man sie in dieser Geschichtskonstellation so bezeichnen möchte – ist die junge Oberleutnant König, welche das Erstkontaktteam anführt und erst einmal herausfinden soll, wie stark der Widerstand der Islandia-BewohnerInnen ausfallen könnte. So wirklich interessiert sich aber niemand für ihre Erkenntnisse, denn noch während sie erste Freundschaftsbande mit den friedfertigen Eingeborenen knüpft, werden bereits die ersten beiden Stützpunkte errichtet. Alles scheint gut zu gehen, doch schon bald radieren die Außerirdischen (wobei, eigentlich sind hier ja die Menschen die Außerirdischen ;-)) im Handstreich die erste Basis aus! Oberstleutnant König soll den Gegenschlag anführen – Auch wenn sie glaubt, dass die Islandia-BewohnerInnen gar nicht die wahren Aggressoren sind... Aber rebellische Alien-Buschleute bleiben nicht die einzigen Probleme der menschlichen Kolonisationflotte: Auf den Raumschiffen brechen Unruhen aus und plötzlich gibt es auch den ersten Terroranschlag – Befindet sich der wahre Feind etwa unter den Menschen? Das herauszufinden ist die Aufgabe von Oberstleutnant König im 80 Seiten umfassenden, in sich abgeschlossenen Auftaktband. Die Lüftung des Rätsels – oder eher der Rätsel, denn davon gibt es gleich mehrere – bleibt dabei bis zum Ende spannend, auch wenn man sich einige Antworten schon weit vor den ProtagonistInnen denken kann ;-) Denn die verschiedenen Handlungsfäden der Nebenfiguren sind eng verwoben mit dem überraschenden Geheimnis der Protagonistin. Wobei, noch überraschender als ihr Geheimnis ist tatsächlich der Genre-Wechsel innerhalb der Geschichte: Anfangs wirkt das alles noch wie waschechtes Hard-SciFi, doch irgendwann schwenkt der Autor Jean-Luc Istin um zu Science-Fantasy! Mitunter fühlt man sich an „Star Wars“ erinnert (nur ohne Laserschwerter), was aber keinesfalls als Kritik verstanden werden soll, denn mit knalligen Weltraumschlachten, übersinnlicher Action und schlecht zielenden Sturmtrupplern kann man mich ja bekanntermaßen immer begeistern :-D Dabei fiebert man am Ende tatsächlich sogar mit Oberleutnant König mit, denn mit ihrer nachvollziehbaren Motivation wird sie irgendwann greifbar – Und sind wir ehrlich, sie bleibt halt auch einfach das geringere Übel: Einer geläuterten Weltraum-Nazi-Offizierin drückt man am Ende doch mehr die Daumen als einer größenwahnsinnigen Weltraum-Nazi-Wissenschaftlerin oder einem skrupellosen Weltraum-Nazi-Oberbefehlshaber... Hab ich mit dieser Protagonistin und ganz allgemein mit dieser Geschichtskonstellation trotzdem ein paar Bauchschmerzen? Sicherlich, aber letztlich will diese Comic-Antholologie ja eben genau das erreichen; sonst wäre die Menschheit ja nicht der Aggressor, sondern wie sonst immer der heldenhafte Widerstand. Darum kann ich eindeutig eine Kaufempfehlung geben, auch weil die Zeichnungen wirklich gut gelungen sind und weil der „Splitter Verlag“ (der mir dankenswerterweise ein Rezensionsxemplar zur Verfügung stellte) wieder tolle Druckqualität für angemessene 18 € abliefert. Fazit: Zugegeben, „Conquest #1 Islandia“ (Link) ist nicht ganz so tiefsinnig wie die vergleichbare Comic-Anthologie „Androiden“. Aber sie bietet trotzdem eine spannende Geschichte, die dank einer interessanten Prämisse und schönen Zeichnungen begeistert. Eindeutige Kaufempfehlung!
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