Die beiden miteinander verschwisterten Cyberpunk-Comicreihen „Travis“ (Link) und „Carmen Mc Callum“ (Link) halte ich bekanntermaßen ja für die Genre-Leuchttürme der franko-belgischen Comickunst. Eine glaubwürdige Near-Future-Dystopie trifft hier auf spannende Geschichten, die mich auch nach jeweils einem Dutzend Bänden noch vollends begeistern können. So auch beim mittlerweile schon vierten, noch nicht abgeschlossenen „Travis“-Zyklus, zu welchem die Bände 11 und 12 gehören.
11. In „Die Kinder von Marcos“ (Link) bekommt Vlad Nyrki – der anfängliche Antagonist der Reihe, der sich mittlerweile aber in seiner Rolle als Weltenretter ganz wohl fühlt – einen sehr persönlichen Auftrag: Sein anfänglicher Feind (1. Zyklus) und nun guter Freund (2. & 3. Zyklus) Steve Travis wird vermisst. Die Spur führt nach Mexiko, einem Land am Abgrund. Zerstört von einem mit autonomen Drohnen, riesigen Killerrobotern und Atombomben geführten Bürgerkrieg zwischen miteinander rivalisierenden Drogenclans und den letzten Resten der Konzernsicherheitstruppen und der UNO-Blauhelme. Und eben in diesem tödlichen Chaos mischen irgendwo auch Travis und sein alter Weggefährte, der Superhacker Pacman, mit.
12. Vlad ist in Mexiko noch immer auf der Suche nach dem verschollenen Travis und gerät von einer brenzligen Situation in die nächste, denn immer wieder hetzen ihn die Killer aus Metall (Link) durch den Dschungel. Doch auch Travis gerät in arge Bedrängnis: Wo er Anfangs nur Rettungsflüge ins von einer Atombombenexplosion verstrahlte, mexikanische Hinterland organisierte, kämpft er mittlerweile Seite an Seite mit der letzten verbliebenen sozialrevolutionären Indio-Widerstandszelle gegen die massive Übermacht der Drogenbarone. Doch er steht aus verlorenem Posten, denn der wahre Feind ist eine alte Bekannte...
Eigentlich könnte ich hier meine Rezension des 3. Zyklus (Link) fast schon wortgleich wiederholen: Wo seine Serienkollegin Carmen Mc Callum nahezu gottgleich immer wieder die Welt (oder neuerdings ganze Weltraumnationen!) rettet, befasst sich Steve Travis viel bodenständiger direkt mit den Problemen vor Ort – In diesem Zyklus also mit Rettungsflügen und sozialrevolutionärem Widerstandskampf im Bürgerkriegsland Mexiko. Dabei gerät er erzählerisch erneut ins Hintertreffen und lässt Vlad deutlich dem Vortritt. Ich hab ja beim letzten Zyklus schon ironisch angemerkt, dass man die Reihe eigentlich von „Travis“ in „Vlad Nyrki“ umbenennen sollte – Aber da der Titelheld im 11. Band nicht mal für ein einzige Seite auftaucht, meine ich das jetzt irgendwie etwas ernster :-P Nichtsdestotrotz taugt Vlad aber (immer mehr) als Protagonist, wenn er auch einen ganz anderen Menschentypus und ein wesentlich höheres Powerlevel verkörpert. Man ist fast schon geneigt, ihn als die männliche Carmen Mc Callum zu bezeichnen – Und das darf man jetzt als Lob verstehen ;-) Zum gesamten, drei Bände umfassenden Zyklus kann ich natürlich noch nichts schreiben. Aber man hat hier deutlich das Gefühl, dass es erzählerisch ein ganz klassischer Dreiakter wird: Im Auftaktband „Die Kinder von Marcos“ wird die chaotische Situation in Mexiko in den Mittelpunkt gerückt. Vlad eilt auf seiner Suche nach Travis quasi von Schlamassel zu Schlamassel und zeigt den LeserInnen damit, dass in dem Bürgerkriegsland schon jede Hoffnung verloren ist. Im Mittelteil „Killer aus Metall“ treffen sich die beiden Protagonisten dann wieder, um hinter die Kulissen des Bürgerkriegs zu schauen und mit der Entdeckung einer alten Feindin quasi den vorläufigen Höhepunkt (natürlich inklusive Cliffhanger) zu erreichen. Ich bin gespannt, wie die Lösung im Zyklus-Abschlussband aussehen wird :-) Neben der spannenden Geschichte bietet der 4. Zyklus auch wieder eine sehr ansehnliche Präsentation: Liebevolle Details, dynamische Action und eine atmosphärische Kolorierung werden Fans der Serie erfreuen – Die Steigerung gegenüber den ersten Bänden ist offensichtlich :-D Gleich gut geblieben ist dagegen die Druckqualität von „Bunte Dimensionen“ (die mir dankenswerterweise Rezensionsmuster zur Verfügung stellten), welche für jeweils 48 Seiten im Hardcover glatte 15 € verlangen. Fazit: In einer sehr guten Cyberpunk-Reihe sticht der 4. „Travis“-Zyklus (Link) noch einmal hervor – Auch wenn der Titelheld bisher merklich im Hintergrund blieb ;-)
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