So mich meine Erinnerungen nicht trügen, war der erste WildWest-Comic, den ich je in meinen Händen hielt, „Sykes“ (Link) vom „Splitter Verlag“. Den fand ich damals richtig gut, aber auch viel zu kurz. Vom gleichen Kreativduo Pierre Dubois (Autor) und Dimitri Armand (Zeichner) kommt nun der Quasi-Nachfolger, welcher den kompromisslosen Gesetzeshüter Marshal „Sentence“ Sykes erneut gegen fiese Banditen antreten lässt. Den Ruhm soll jedoch der titelgebende Schausteller Texas Jack ernten...
Das gerade erst frisch besiedelte Wyoming wird von einem brutalen Banditen namens Henry „Gunsmoke“ Saul und seinen Komplizen heimgesucht. Mordend und brandschatzend vertreiben sie alle SiedlerInnen, damit sich ein großindustrieller Politiker das fruchtbare Land sichern kann. Die Lage ist so schlimm, dass die Regierung den legendären WildWest-Helden Texas Jack zu Hilfe ruft... Das Problem ist nur, dass dieser ein Schausteller ist, der zwar früher als Schießlehrer beachtliche Erfolge erzielte, aber nie ein echtes Gefecht erlebte. All seine Heldentaten, die willfährig von seinem Biografen veröffentlicht wurden, sind frei erfunden – Für eine erfolgreiche Westernshow mit ein paar trickreichen Revolverschüssen reicht es, aber gegen einen echten Banditen ist er eigentlich, selbst mit gemeinsam mit seinen ZirkuskollegInnen (z.B. einem Fake-Indianer), chancenlos. Da aber niemand von diesem Schwindel erfahren darf, nimmt er den Auftrag doch an – Was sogleich in einer Katastrophe mündet, gerät die Zirkustruppe doch schon kurz nach ihrer Ankunft in Wyoming in einen Hinterhalt! Zum Glück ist Marshal Sykes zur Stelle, doch da hier zwei Alphamännchen mit riesigen Egos aufeinander treffen, dauert es etwas, bis man gemeinsam auf Banditenjagd geht. Und dann ist die Situation plötzlich auch gar nicht, wie sie anfangs eigentlich schien...
„Texas Jack“ ist eine WildWest-Heldenreise, welche den langwierigen Weg des Show-Schützen hin zu einem echten Revolverheld erzählt. Dafür hat Pierre Dubois diesmal wesentlich mehr Zeit, umfasst der Comic doch ganze 128 Seiten gegenüber läppischen 80 in „Sykes“. Wobei diese höhere Seitenanzahl aber auch notwendig ist, müssen doch auch die zahlreichen Nebencharaktere (sowohl Jack als auch Sykes bringen ihre eigenen HandlangerInnen mit) eingeführt werden, die sich auch gern mal aneinander reiben (manchmal auch sexuell ;-)). Wirklich in die Tiefe geht es dabei aber nicht, lediglich die titelgebende Hauptfigur bekommt mehr als zwei, drei Charakterzüge. Das ist gleich dreifach schade, denn 1. verliert das Gebuhle um die sexy Amy O'hara damit an emotionaler Wucht, 2. bleibt Sykes genauso unnahbar wie in seinem eigenen Comic und 3. kann man kaum die Handlungsmotivation des Oberbösewichts Gunsmoke nachvollziehen. Schade, denn es gibt in diesem Comic sehr viele Dialogszenen, die mit komplexeren Figuren noch interessanter gewesen wären. Aber sei es drum, letztlich ist es ein WildWest-Comic, und da will man ja doch vor allem ordentliche Ballerei ;-) Und die gibt es! Dabei sind diese Actionszenen nie ausartend, sondern vielmehr sehr konzentriert: Wenn mal geschossen wird, dann wird eigentlich auch immer getroffen. Die Schießereien sind sogar so konzentriert, dass es kaum mehrere Panels am Stück gibt – So findet die finale Schießerei mit Dutzenden Teilnehmern etwa zu einem sehr großen Teil auf einem zweiseitigen Wimmelbild statt. Zugegeben, das ist keine schlechte Idee, verdeutlicht es doch perfekt das Chaos der Situation! Leider war es das dann aber auch schon mit den kreativen Ideen, denn ansonsten sind die Seiten sehr klassisch aufgebaut. Die Zeichnungen an sich sind mal gut, mal nur solide illustriert, dafür ist die Kolorierung durchweg atmosphärisch – Beim Lesen kommt echtes Western-Feeling auf :-) Die Druckqualität vom „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) ist auch wieder auf gewohntem Niveau, sodass WildWest-Fans bedenkenlos die 24 € für das 128 Seiten starke Hardcover zahlen werden.
Fazit: „Ich hätte mir mehr Seiten für tiefere Charakterzeichnung und noch mehr schöne Bilder gewünscht. Unabhängig davon jedoch ist „Sykes“ jedoch ein durchgehend spannender, sehr atmosphärischer und wirklich schön anzuschauender Comic.“ - Das habe damals ich zum Quasi-Vorgänger „Sykes“ geschrieben und diese Worte gelten uneingeschränkt für „Texas Jack“ (Link)!