Man sagt ja immer, dass das Leben die besten Geschichten schreibt. Das mag hier im Hinblick auf die hunderttausenden Toten des Bataveraufstandes 69 n. Chr. ziemlich zynisch klingen, aber das Vierkaiserjahr ist nun einmal ein spannender Hintergrund für dramatische Historiencomics. Ob der niederländische Autor & Zeichner Peter Nuyten dieses Potential auch nutzen wird? Wie in der Einleitung schon geschrieben, war 69 n. Chr. eines der dramatischten Jahre des Römischen Reiches. Denn nach Neros Tod erhoben, neben dem rechtmäßigen Nachfolger Galba, noch drei weitere Anführer den Anspruch auf den Thron. Einer dieser Anwärter ist der Feldherr Vespasian, der gerade den jüdischen Krieg gewinnt und von seinen Legionen bereits als Kaiser ausgerufen wurde. Damit das nun auch der Rest des Reiches tut, sendet er den in Ungnade gefallenen Kommandanten Claudius Batus nach Germanien. Dort soll er den Befehlshaber Julius Civilis dazu überreden, einen Aufstand unter den germanischen Rheintruppen zu initiieren, um in Rom Panik auszulösen. Sein Ansinnen hat zunächst Erfolg, denn der Bataveraufstand erfasst ganz Germanien und der Kaiser Galba fällt einem Attentat zum Opfer. Doch dann werden gleich zwei neue Konkurrenz-Kaiser ausgerufen... Also ganz schön dramatische Ereignisse, aus denen man einen spannenden Comic mit epischen Schlachten und heimtückischen Intrigen kreieren könnte. Aber leider versagt Peter Nuyten dabei auf ganzer Linie :-( Im Prinzip gibt es in diesem Historiencomic keine echte Handlung, sondern eine Abfolge von geschichtlichen Ereignissen, die jeweils in einigen wenigen Panels, ganz selten auch mal über mehrere Seiten, abgehandelt werden. Ich hatte, nach einigen vielversprechenden ersten Seiten, irgendwann das Gefühl als würde ich einfach nur einen im typisch franko-belgischen Stil verzierten Wikipediaeintrag lesen (der wiederum ist übrigens super interessant, Link)). Es fehlen einfach Identifikationsfiguren, mit denen man mitfiebern kann, oder ein erzählerischer roter Faden, der die Handlung dramatisch zuspitzt. Leider gibt es nichts davon, stattdessen werden den LeserInnen reihenweise historische Ereignisse und Personen (die sich noch dazu optisch so stark ähneln, dass man schon ziemlich konzentriert lesen muss, um sie nicht durcheinander zu bringen) um die Ohren gehauen. Hier wird einfach sehr viel Potential verschenkt, was mich sehr traurig macht. Denn, ebenfalls im „Splitter Verlag“ (welche mir in mutiger Weise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte), erschien mit dem geschichtlich gesehen überraschend ähnlichen „Katanga“ (ebenfalls eine reiche Nation, die in vier Teilreiche zerfällt, und ebenfalls viele historische Persönlichkeiten, die ihr eigenes Intrigensüppchen kochen) ein Historiencomic, der fast schon prototypisch aufzeigt, wie man es richtig macht. Wo man in der Comic-Reihe um die Kongo-Krise mitfiebert und die Daumen drückt, hat man in „Auguria #1 Ecce Signum“ eher das Gefühl, als wäre man bei ganz klassischem Frontalunterricht eines kurz vor der Rente stehenden Latein- & Geschichtslehrers. Schade, wirklich schade, wo die Zeichnungen doch eigentlich gefällig sind (wenn auch alle Figuren irgendwie gleich aussehen und manche Perspektive etwas seltsam anmutet) und der Bonusteil interessante Hintergrundinformationen zum Bataveraufstand liefert. Kurz: Für 18,80 € bekommt man keinen spannenden Comic, sondern vielmehr ein 80seitigiges, illustriertes Geschichtsbuch. Fazit: „Auguria #1 Ecce Signum“ (Link) hätte das Potential für einen richtig epischen Historiencomic im franko-belgischen Stil gehabt. Leider beschränkt sich Peter Nuyten jedoch auf die spannungsarme Aneinanderreihung geschichtlicher Ereignisse. Ich weiß, für solche Comics gibt es eine Zielgruppe, aber ich gehöre leider nicht dazu :-(
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