Ich weiß gar nicht, ob man es schon als Tradtion bezeichnen darf, wenn zwei Jahre hintereinander die gleiche Weihnachtsaktion (Link) durchgeführt wird? Egal, worum geht es überhaupt? Das Nerdige Quartett, daher meine geschätzten Kolleg*innen Gloria von Nerd-Gedanken (Link), André von Würfelheld (Link), Ingo von Greifenklaue (Link) und ich, gibt jedes Jahr seine ganz persönlichen Geschenktipps. An jedem Adventssonntag präsentiert ein anderer Blog ein anderes Themengebiet: Filme/Serien und Rollenspiele haben wir hinter uns, diesmal gibts Comics, den Abschluss machen am 4. Advent die Literatur-Tipps. Als kleinen Bonus habe ich einen echten Stargast und ausgewiesenen Comicexperten dazu geholt (seine Expertise erkennt man schon daran, dass er meinen Lieblingscomic empfiehlt ;-)). Daher: Viel Spaß! Ladies first :-) Gloria hat nur Nerd-Gedanken im Kopf:
Valerian & Veronique 13: Die große Grenze - Nach dem Untergang der Erde sind die verbliebenen Menschen weit über die Galaxis verstreut, ehemalige Raum-Zeit-Agenten wie Valerian und Veronique müssen sich mit Gelegenheitsjobs durchschlagen. Die beiden erhalten den Auftrag, mysteriösen Anschlägen in Nuklearanlagen auf der Erde des 20. Jahrhunderts nachzugehen, die sich recht bald als gezielte Aktionen erweisen - ausgelöst von einem weiteren Zeitreisenden. Neben einer spannenden Geschichte vermittelt dieser Band auch die Hoffnungslosigkeit der Menschen, die nun ohne Heimatplaneten in der Galaxis gestrandet sind. Besonders beeindruckt haben mich beim ersten Lesen die vielfältigen Aliendesigns und die mit wenigen, eindrucksvollen Linearts erzeugte Stimmung. Dieser Band war für mich der Einstieg in die Valerian & Veronique-Reihe, den ich nie bereut habe. Star Wars: Prinzessin Leia - Nach der Zerstörung von Alderaan durch den Todesstern bleibt den verliebenen Alderaanern, die nicht gemeinsam mit ihrem Planeten untergegangen sind, wenig Halt im Dahintreiben der Galaxis. Prinzessin Leia Organa widmet sich in diesem dynamischen Comicband ganz der Aufgabe, ihr verlorenes Volk wieder zusammen zu bringen und diesem eine neue Identität zu geben - und entwickelt sich selbst während dieser schwierigen Arbeit weiter. Dieses Comic kann ich allen Leia-Fans nur wärmstens ans Herz legen, da er sich wunderbar in die bisherige Geschichte einpasst und eine der herausragendsten Persönlichkeiten auf neue Weise beleuchtet. Yoko Tsuno 6: Die dritte Sonne von Vinea - Die Elektronikspezialistin Yoko Tsuno und ihre beiden Freunde reisen mit der Vineanerin Khany zu deren vor vielen Jahren verlassenen Heimatplaneten, der durch eine ungünstige Sonnenkonstellation unbewohnbar geworden sein soll. Doch als sie nach einem langen Raumflug in Stasis dort eintreffen, zeigt sich, dass es durchaus noch Leben auf Vinea gibt - nur eben anders, als es die Vineaner erwartet hatten, und ganz gewiss nicht ungefährlich! Wer Abenteuergeschichten mit einer taffen Heldin mag, macht gerade mit den frühen Bänden von Yoko Tsuno nicht viel falsch. Für mich war 'Die dritte Sonne von Vinea" der erste Comic, an den ich mich erinnere und der Auslöser für meine Liebe zur Science Fiction und fernen Welten - also sozusagen die Einstiegsdroge.
André, der Würfelheld im nerdigen Quartett, hält sich traditionell etwas kürzer:
Die Flüsse von London - Seit den Dresden-Files war ich immer auf der Suche nach einer weiteren Reihe. Mit dieser Reihe bin ich fündig geworden. Schön das sich Panini nun der grafischen Umsetzung angenommen hat. Schnell Storyverläufe, gelungene Charaktere und ein schöne grafische Umsetzung. Der Blick hat sich mehr als gelohnt. Archangel - William Gibson at its best. Und wie immer, ist das Werk streitbar. Nicht jeder kommt halt mir Gibsons Stil klar. Er ist gewohnt mit etwas brachialer Sprache, kruder Story und dazu ein passenden Illustrationen. Für mich ein Musthave. Die drei Geister von Tesla Band 1 - Das stokavische Geheimnis - Großformatiges Alternate History-Szenario, bei dem Tesla einige Wunderwaffen erschaffen und zum Teil versteckt hat und sich nun selbst versteckt. Das ganze wird geschildert aus Sicht eines neu hinzugezogenen Nachbarsjungen, der als Mutprobe einen Brief an den schrulligen Alten überbringen soll - zugleich sind ihm aber auch die Nazis schon auf seiner Spur. Insgesamt 3 Bände.
Auch Szene-Urgestein Ingo a.k.a. Greifenklaue hat drei vorzügliche Tipps:
Mein erster Tipp ist eine etwas ältere Reihe: Mouse Guard - Selten habe ich eine so athmosphärisch dichte, mittelalterliche Reihe gelesen - zumal eigentlich gar kein Mittelalter herrscht. Denn wir sind in der Welt der Mäuse in uns unbekannten Gestaden, die bedroht ist von allerley Wildgetier - einzig Menschen existieren nicht. Während Mäuse und z.B. auch Dachse antromorphisiert werden, passiert das mit dem Rest nicht. Die einzelnen Dörfer der Mäuse sind isoliert voneinander, einzig die Mouseguard überwacht die Wege und begleitet Warentransport, übermittelt Nachrichten und Befehle oder beschützt Reisende. Drei eigene Bände stehen drei Gastanthologien gegenüber, bei dem sich Gastkünstler im Stil frei austoben konnten und so diese Geschichten auch Geschichten im Kontext der Mouse Guard bilden. Manch eine mag auch geflunkert oder frei erfunden sein, weswegen sie nicht unbedingt unter den Kanon fallen. Freaks of the Heartland - ein gelungener, bedrückender Horror{?}-Comic, der im mittleren Westen der USA spielt, ist der zweite Tipp. Der jüngere Bruder von Trevor, Will, ist im Stall angekettet, weil er ein missgestalteter, etwas tumber Gigant ist. Trevor muss ihn füttern und spielt mit ihm heimlich nachts und tobt über die Felder. Der Vater führt ein strenges Regime und nachdem ein anderes dieser Geschöpfe ein Schwein getötet hat, eskaliert die Situation. Bedrückend die Stimmung eingefangen, sehr emotional, man kann sich sehr gut reinversetzen. Als drittes darf ich Usagi Yojimbo nicht vergessen, erneut ein Comic mit Tieren und dem gefährlichsten Hasen der Welt - naja, abgesehen von dem in Ritter der Kokusnuss ... Ein Hase als Ronin, das kann doch nur albern werden!? Falsch gedacht, Usagi Yojimbo erzählt in vielen kurzen Geschichten (bzw. in Band 3 „Der Samurai“ auch zusammenhängend) sehr dicht, atmosphärisch und auf den Punkt gebracht aus dem feudalen Japan. Auch wenn es schonmal Humor gibt (und die süßen Echsen, die überall rumkauern und fiepen…), gibt es keine Albernheiten. Zu großen Teilen ernste Geschichten, die einfach fesseln, daher auch alles am Stück gelesen. Dieses Jahr zum GCT gab es einen kostenlosen Probeband, den es leicht im Internet gibt (oder mich anschreiben, ich hab da nämlich extra viele von genommen).
Ich oute mich auch dieses Jahr als echter Fanboy vom "Splitter Verlag" ;-)
Black Hammer - Wenn sich Comic-Größen wie Mark Millar, Mike Mignola und James Robinson mit ihren Lob nur so überbieten und wenn die Szenekenner schon unumwunden Vergleiche mit dem heiligen Gral „Watchman“ ziehen... Dann, ja dann haben wir hier einen ziemlich gehypten Comic :-D Und ich sage das selten, aber absolut zurecht! Die gealterten Recken rund um den mittlerweile verstorbenen Black Hammer waren früher, im goldenen Zeitalter der Superhelden, weltbekannte Stars. Doch mittlerweile sind sie nahezu vergessen, denn beim Kampf gegen den Antigott wurden sie in eine Paralleldimension geschleudert. Gut, immerhin ist diese Paralleldimension das Abbild einer kleinen Farmerstadt im mittleren Westen der USA - Doch für ehemalige Superhelden, die Action und Krawall gewöhnt sind, ist diese scheinbare Idylle (aus deren wenigen Quadratmeilen umfassenden Gebiet sie auch nicht ausbrechen können) die Hölle auf Erden, bei der ihre eigenen Probleme ihr größer Feind sind. Die „Black Hammer"-Reihe, von der in Deutschland aktuell zwei Sammelbände sowie ein SpinOff erschienen sind, nähert sich dem goldenen Zeitalter der Comic-Superhelden mit einem ungewöhnlichen, aber spannenden Ansatz: Eine dysfunktionale Familie, die an ihrer erzwungenen Bedeutungslosigkeit zerbricht. Großartig und unbedingt lesenswert :-D Die Erektion - Der renommierte „Splitter Verlag“ rühmt sich ja mit dem Werbeslogan „Comics für Erwachsene“. Selten haben diese Worte besser zu einer Graphic Novel gepasst als zum Auftaktband der zweiteiligen Miniserie „Die Erektion“. Ein Langzeitpärchen in der (erotischen) Midlife-Crisis, das an der Erkenntnis des Älterwerdens und an lange unter den Teppich gekehrten Problemen auseinanderzubrechen droht – So eine deprimierende Geschichte will man halt wirklich nur Erwachsenen zumuten ;-) Die Geschichte mit ihren durch und durch ambivalenten ProtagonistInnen unterhält sehr gut, macht aber keinen "Spaß" im klassischen Sinn! Denn in „Die Erektion“ werden die großen Themen der (primär weiblichen) Midlife-Crisis besprochen und das auf eine teils diskussionswürdige, weil moralisch fragwürdige und übergriffige Weise. Gerade dieser Thematik wegen ist die zweibändige Miniserie dann auch kein Feel-Good-Comic, stattdessen möchte ich lieber Parallelen mit dem feministischen Gedichtband „Milk & Honey“ von Rupi Kaur ziehen: Man fühlt sich bei der Lektüre auf eine gute Art schlecht und hinterher merkt man, wie man durch das Reflektieren des Themas emotional gereift ist – Ja, das sind große Worte, aber sie werden dieser Miniserie mehr als gerecht! KILL or be KILLED - Im Gegensatz zu den vorherigen beiden Tipps gibt es hier nur einen Satz, der die bisher erschienen drei (von vier) Sammelbände perfekt zusammenfasst: Ich hab selten eine Reihe erlebt, die durch das Psycho-Serienmörder-Thema so viel falsch machen könnte, aber einfach alles richtig macht!
Und, ihr habt ihn lange erwartet, jetzt kommt noch ein echter Stargast! Markus a.k.a. "breedstorm" ist ein in der Comic-Szene sehr bekannter Podcaster, der als Mitglied der Comic-Cookies (Link) regelmäßig seine Expertise auf die iTunes-, Spotify- und Youtube-HörerInnen loslässt :-D
Im Folgenden soll es um 3 Comics gehen, die ich zu Weihnachten verschenken würde, und die auch für Leser geeignet sind, die nicht regelmäßig Comics lesen. Weihnachts-Stories sind nicht dabei, da die bei mir meist nicht zünden. ;-) Blankets - Liebesgeschichten sind eigentlich nicht mein Ding, aber "Blankets" ist so viel mehr. Craig Thompson berichtet über sein Heranwachsen in einen sehr christlich geprägten Elternhaus, seinen Bruder, und natürlich seine damalige große Liebe Raina. Die Probleme, die sich durch Religion und Sexualität ergeben sind ebenso großartig bebildert wie die Interaktion von Graigs und Rainas Familienmitgliedern. Für jeden geeignet, der schon einmal verliebt war, und sicher der Comic, den ich bislang am meisten verschenkt habe. Hermann Comics – künstlerisch wertvoll - Ein bisschen Humor darf niemals fehlen, und mit Cartoons kann man wenig falsch machen. Das neue Heft von Maxim Christof Seehagen aus dem Hause Plem Plem Productions hat alles, was man sich von guten Cartoons erhofft. Die Gags sind auf dem Punkt, denn wer kennt sie nicht, die augenrollende Partnerin und die Schwiegermutter mit sadistischen Zügen, unter denen Hermann leiden muss? Für gerade mal 4,90 € bekommt man feines Heft, mit dem man Lachen in die Gesichter der Beschenkten zaubern kann. Wer Herrmann noch nicht kennt, kann sich auf der Homepage einen guten Einblick verschaffen. Dark Night: Eine wahre Batman-Geschichte - Okay, ich mag autobiographische Comics. Paul Dini, der u.a. für die Trickfilmserie Batman gezeichnet hat, verarbeitet in diesem Band seine traumatischen Erlebnisse, als er Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Es gehört viel Mut dazu, soviel von sich preiszugeben wie er es hier tut. Von den ersten Kindheitserlebnissen über den Misserfolg bei den Damen und die eigene Unfähigkeit, sich gegen die Angreifer zu verteidigen lässt Dini nichts aus. Eine Batman-Story, in der die alte Fledermaus als das vorkommt, was sie ist: eine Fiktion, eine Idee.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und einen gesegneten 3. Advent :-)
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