Bernd Eisenstein, der kreative Spieleautor mit eigenem Verlag, hat wieder mal ein neues Strategiespiel auf den Markt gebracht. Nach der gelungenen Kartenspielumsetzung (Link) seines gefeierten „Peloponnes“-Brettspiels war ich natürlich neugierig, wie sich das ebenfalls in der Antike angesiedelte „Phalanxx“ (nur echt mit 2X ;-)) schlagen würde und ob es Bernd schafft, die Kritikpunkte seiner vorherigen Veröffentlichungen auszubessern. So viel sei schon mal verraten: „Phalanxx“ ist ein typischer Bernd, im Guten wie im Schlechten... Vor dem historischen Hintergrund des zerfallenden Weltreiches von Alexander dem Großen treten hier bis zu vier Spieler gegeneinander an, um im Verlauf von drei Epochen die Macht an sich zu reißen. Dies geschieht durch die Erringung von Stärkepunkten, welche man beispielsweise durch die Eroberung von Städten und Oasen, der Ansammlung von Münzen sowie dem Einsatz von Armeen erhält. Dabei agieren die Spieler rundenweise, bis sie alle drei Epochen durchschritten haben. Aber wie genau läuft so eine Runde nun eigentlich ab?
1. Zuerst dürfen sie Epochenkarten kaufen. Diese sind am oberen Spielfeldrand ausgelegt und kosten den jeweiligen Preis, welcher unter dem entsprechenden Kartenfeld aufgedruckt ist (links ist es am teuersten, rechts am billigsten). Wenn der aktive Spieler nun eine Karte kauft, rücken die anderen Karten von links kommend auf (dort liegt der Kartenstapel), sodass eine neue Karte ins Spiel kommt und die vorgerückten, nicht gekauften Karten billiger werden. Da die Karten mit jeder neuen Epoche immer stärker werden, wird so die Verbilligung von alter Technologie spielerisch sehr geschickt umgesetzt – Gut gemacht, Bernd :-D 2. Nun darf der Spieler würfeln, und zwar die drei vom vorherigen Spieler auf die grauen Felder der Aktionskarten abgelegten Würfel. Ist die gewürfelte Summe dabei maximal 8, bekommt er drei Talente (Münzen) an Einkommen. 3. Mit eben jenen drei Würfeln kann der Spieler nun 3 Aktionen durchführen:
- Er kann entweder aus seiner Hand eine Epochenkarte ausspielen, wenn er die dort aufgedruckten Bedingungen erfüllt hat. Außerdem muss er eine Würfelprobe absolvieren, wobei das Ergebnis mindestens den Wert eines seiner drei zuvor geworfenen Würfel haben muss. Dieser wird dann auf ein leeres graues Feld der Aktionskarte gelegt. - Er kann auch eine Region erobern, wobei hier ebenfalls die oben beschriebene Würfelprobe und -ablage absolviert werden muss. Gelingt dies, kann er auf leere Felder und Oasen eine Armeefigur setzen, auf Städte zwei. Sollte das entsprechende Zielfeld von einem anderen Spieler besetzt sein, kommt es zu einem Konflikt. Um diesen auszulösen, muss man erst einmal einen höheren Stärkewert als der Gegner haben sowie eine noch unverbrauchte, aber bereits ausgespielte Militäreinheit (in Form einer Epochenkarte). Diese wird dann um 90° gedreht und verbraucht dabei drei Stärkepunkte. - Ein interessantes Spielelement ist die Möglichkeit, dass man als Spieler Würfel einschieben darf. Dadurch verschiebt man einen Würfel auf einer Aktionskarte durch einen anderen, für die entsprechende Differenz erhält oder bezahlt man Talente. - Oder man kann Einkommen + Würfel tauschen. Gerade der Würfeltausch ist deshalb wichtig, weil manche Epochenkarten bestimmte Farben als Ausspielbedingung fordern. - Außerdem darf man jederzeit während seines Zuges einen gewürfelten Würfel drehen, dies muss man allerdings mit einer Armeefigur bezahlen. Diese wird dann zurück in die Schachtel gelegt und darf nicht mehr verwendet werden.
4. Als letztes muss der aktive Spieler seine drei auf den grauen Feldern befindlichen Würfel weitergeben.
Das geht dann so lang reihum, bis irgendwann keine Epochenkarten mehr nachkommen. Und im Prinzip war es das jetzt schon :-) Wer meine kurze Zusammenfassung nicht auf Anhieb verstanden hat, dem möchte ich keinen Vorwurf machen. Man muss sich generell ein wenig in die Spielmechanik einarbeiten, dabei ist die Spielanleitung leider nicht immer eine große Hilfe. Der Aufbau ist nicht unbedingt didaktisch sinnvoll und hinterließ bei meiner Testgruppe und mir nicht nur beim ersten Regellesen, sondern auch beim zweiten und dritten Mal einige Fragezeichen. Was schade ist, da sich der Zauber der Spielmechaniken erst nach einigem Rumprobieren und Regeldiskutieren erschließt :-( Es gibt übrigens auch noch ein paar wichtige Sonderregeln, die dem Spiel mehr Tiefgang verleihen. Allerdings bewirken sie auch, dass der Einstieg sich noch schwieriger gestaltet: Die „Heldentum“-Sonderkarte beispielsweise krempelt die Konflikt-Regeln komplett um, nun zählt anstatt der Stärkepunkte nämlich die Summe aus orangenen Anführerkarten (welche ebenfalls nochmal Sonderregeln haben) plus violetten Ausrüstungskarten (welche ebenfalls nochmal Sonderregeln haben) abzüglich bereits um 90° gedrehter Epochenkarten. Außerdem kann man Ruhmesgruppen bilden, welche nochmal Punkte bringen. Wer das alles irgendwann verstanden hat, kann sich dann an das Expertenspiel wagen, bei dem jeder Spieler einen dauerhaften individuellen Vorteil genießt. Oder, falls man mal alleine ist, kann man auch den überraschend gut funktionierenden Solo-Modus probieren. In der Einleitung habe ich ja geschrieben, dass „Phalanxx“ ein typischer Bernd ist, im Guten wie im Schlechten. Was meine ich damit?
Gut sind die vielen interessanten Spielmechaniken, gerade das Würfelsystem hat mir gut gefallen und auch die Darstellung des Epochenfortschritts ist gelungen. Und dass man auch gut mal eine Runde alleine zocken kann verdient Lob :-) Außerdem ist das Spielmaterial umfangreich, stabil und für einen Kleinstverlag von guter Qualität. Das Design ist ansprechend, auch das Preis-/Leistungsverhältnis ist bei 29,99 € (Link zum Verlagsshop) durchaus passend. Schlecht ist dagegen die schwache, dafür aber immerhin dreisprachige Anleitung und das nicht ganz optimale Balancing. Außerdem wirkt „Phalanxx“ ein wenig überladen – Weniger wäre tatsächlich mehr! Hier hätte man mit der Fokussierung auf eine einzige, dafür tiefer ausgearbeitete, Spielmechanik sicher mehr bleibenden Eindruck hinterlassen. So hat man neben dem tollen Würfelsystem ein wenig Gebietskontrolle mit Armeeverschiebung, ein wenig Deckbuilding und ein wenig Ressourcenverwaltung. Ein letzter negativer Punkt, welchen ich aber eher als Geschmackssache deklarieren würde, ist das Szenario und das optische Design allgemein. Rein von der Aufmachung, von der Spielbeschreibung und natürlich vom Namen her erwartet man eher ein Kriegsspiel – Und ich glaube ehrlich, dass diese Fehleinschätzung einige potentielle Käufer abschrecken wird :-(
Fazit: Wer eben kein Kriegsspiel erwartet, sondern einfach ein interessantes Gebietskontrolle-Deckbuilding-Würfelspiel im historischen Ambiente (welches man sogar alleine spielen kann), wird mit „Phalanxx“ (Link) nach etwas Einarbeitung sicher einige spaßige Spielrunden haben. Ein typischer Bernd Eisenstein halt :-D