Protagonisten mit mehr oder minder ungewollten Fähigkeiten, abseits des klassischen Super- und Antihelden-Schemas, sind mittlerweile ziemlich beliebt in Comics. Ebenso Cyberpunk-Geschichten und Politik-Thriller. Tatsächlich mag auch ich alle drei Genres. Und dann kommt „Bunte Dimensionen“ plötzlich mit „Der Mann mit der Maske“ daher und verknüpft eben diese drei Genres miteinander! Jetzt habe ich die ersten beiden der insgesamt vierteiligen Reihe gelesen und es stellt sich die Frage: Habe ich gejubelt oder war ich doch nur enttäuscht? „Der Mann mit der Maske“ spielt in einer irgendwie nahen, irgendwie aber doch fernen Zukunft. Bekannte Gegenwartspersonen (etwa Obama als US-Präsident und Luc Besson als Filmschaffender) sind ebenso alltäglich wie fliegende Autos, Cyberpunk-Equipment und sich monatelang unter der Erde versteckende Killerdrohnen. Nicht ganz so alltäglich sind dagegen Anomalien, die verschiedenste Millionenstädte – darunter nun auch Paris – terrorisieren. Die produzierten zu Beginn eigentlich nur harmlose, aber nervige Maschinenblumen und Schimmelgraffitis, mittlerweile aber auch menschenähnliche Gebilde wie einen fliegenden, silbernen Surfer und eine Art Terminatorfrau. Davon ist Sergeant Frank Brafford aber gar nicht mal so beeindruckt...
1. Denn er muss nach einer schweren Verletzung während einer Militäroperation erst einmal zurück ins Leben finden. Doch als ein alter Freund aus Kriegszeiten auftaucht und ihm ein Job beim zwielichtigen Präfekten Beauregard angeboten wird.. Doch ganz uneigennützig stellt dieser den psychisch schwer angeschlagenen Veteran nicht ein, erhofft er sich doch, dass er das Problem mit den Anomalien (Link) lösen kann...
2. Braffords mysteriöse, durch die Anomalien bedingte Verwandlung vom psychisch schwer angeschlagenen Veteran zum Superheld hat ganz Paris in Form einer gewaltigen Explosion mitbekommen. Um dies zu vertuschen, schickt der Präfekt ein Forscherteam in eine angebliche Gaswolke. Doch die Mission läuft anders als erwartet: Die Forscher finden keinen Beweis für die Explosion (wie auch, es war ja nur ein Ablenkungsmanöver ;-)), aber der Sicherheitschef dreht durch und verwandelt sich – wieder durch die Anomalien induziert – in ein gasförmiges Monster... Der Tag des Fuseurs (Link) ist angebrochen! Unglücklicherweise raubt er als erste Amtshandlung gleich mal Braffords Schwester, sodass dieser seine neu gewonnenen Superheldenfähigkeiten ausprobieren kann :-D
Die Geschichte klingt in der Kurzzusammenfassung jetzt vielleicht etwas generisch, aber das ist sie weitestgehend nicht, denn sie entwickelt ihren ganz individuellen Charme. Klar, es gibt einige der üblichen Superheldenstory-Handlungsmuster (beispielsweise das „Monster of the Week“ im 2. Band), aber das sind halt die Genre-Konventionen ;-) Durch das anfangs etwas verwirrende, dann jedoch irgendwann wirklich interessante Cyberpunk-in-der-Gegenwart-Setting und die verschiedenen Handlungsfäden entwickelt man als LeserIn ein echtes Interesse am Fortschritt der Geschichte. Auch die verschiedenen Figuren mit ihren unterschiedlichen Zielen tragen hierzu bei, wenn sie auch teils noch ziemlich blass bleiben. Aber uns stehen ja noch zwei Bände ins Haus, da kann also noch viel passieren... Jetzt, nach der Hälfte dieser Miniserie, hat der Autor Serge Lehman die idealen Grundvoraussetzungen dafür geschaffen: Wir kennen die tragische Hintergrundgeschichte des Protagonisten, wir haben seine Wandlung zum Superhelden erlebt und wie er das erste Monster plattgemacht hat. Zudem wurden alle möglichen Handlungsfäden ausgerollt, sodass man es eigentlich kaum erwarten kann, wie es im Mai 2019 mit „Chimären und Gargylen“ (Link) weitergehen wird. Aber nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch kann „Der Mann mit der Maske“ überzeugen. Dafür sorgt Stéphane Créty, der übrigens einer der wenigen französischen ZeichnerInnen ist, deren Stil ich sofort wiedererkenne: Nach kaum drei Seiten war ich mich bereits sicher, dass hier der gleiche Künstler am Werke war, der schon bei „Acriborea“ (Link) glänzte. Glänzen tut auch der Augsburger Kleinverlag „Bunte Dimensionen“ (welcher mir dankenswerterweise Rezensionsmuster zur Verfügung stellte) mit einer guten Druckqualität, sodass 15 € für je 48 Seiten im Hardcover voll in Ordnung gehen. Fazit: Die ersten beiden Bände der vierteiligen „Der Mann mit der Maske“-Miniserie (Link) konnten mich mit ihrem ungewöhnlichen Mix aus Superhelden-Story, Cyberpunk-Gegenwart und Politik-Thriller überzeugen. Lesenswert!
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