Es dauert nicht mehr lange, dann können die TeilnehmerInnen des „Seelenfänger“-Crowdfundings ihre „Fate Core“-Settingbücher aus dem Briefkasten fischen. Aber nicht nur das Rollenspiel an sich, sondern auch einige Zusatzprodukte wurden durch das sehr erfolgreiche Crowdfunding ermöglicht. Beispielsweise die „Geisterland“-Anthologie, welche 13 Kurzgeschichten und 4 davon inspirierte Kurzabenteuer bietet. „Seelenfänger“-Autor Jörg Köster, der übrigens auch eine Kurzgeschichte sowie die Abenteuer beisteuerte, beschrieb in einem Interview hier im Blog (Link) sein Setting als „dunkle Märchen- oder postapokalyptische Fantasy, denn das gefallene Reich in dem "Seelenfänger" spielt, durchlebt gerade seine dunkelste Ära.“ Und weil ein Autor sein Werk eh am besten selbst beschreiben kann, zitiere ich Jörg einfach nochmal weiter: „In einem Kontinent-umspannenden Krieg entging es nur knapp der Vernichtung, als es vom letzten Hoffnungsträger gerettet und gleichzeitig verraten wurde. Ein Fluch sucht seitdem das Täuscherland heim, der die Landesgrenzen mit einem magischen Nebel versiegelte und die Barrieren zur Anderswelt brüchig machte. Dunkle Feenwesen (Sagengestalten und Bestien) suchen seitdem Land und Leute heim. Und das alles passierte einem Land, das ohnehin eine dunkle Geschichte hat: Zerstörerische Magie und Ruhelose Seelen prägten die Vergangenheit. Letztere stehen in besonderem Maß im Mittelpunkt des Settings. Geister waren auch schon vor dem Fluchfall alltäglich und drei Seelenfänger-Orden buhlen mit unterschiedlichen Intentionen um das Recht, ihrer habhaft zu werden. Die Ruhelosen Seelen durchdringen buchstäblich alles und in irgendeiner Form ist jeder schon mit ihnen in Berührung gekommen.“. In diesem Dark Fantasy-Setting spielen nun die 13 Kurzgeschichten, welche von einer ganzen Reihe erfolgreicher und teils sogar preisgekrönter AutorInnen verfasst wurden. Nur exemplarisch nennen möchte ich hier beispielsweise T.S. Orgel, Ralf Sandfuchs, Mike Krzywik-Groß, Gloria H. Manderfeld und Judith C. Vogt. Das Herausgeber-Duo, welches neben dem „Seelenfänger“-Autor auch noch aus dem bekannten Blogger und Herausgeber André Skora besteht, hat hier wirklich ein sehr hochwertiges Line-Up zusammengestellt. Und mit dem „Verlag Torsten Low“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) konnten sie sogar einen sehr renommierten und zudem auf düstere Phantastik spezialisierten Verlag finden... Also alles gut im „Geisterland“? Leider nein, und das hat Gründe, die gar nicht mal so viel mit den verschiedenen AutorInnen zu tun haben, denn die liefern größtenteils sehr ordentlich ab; es gibt aber auch qualitative Ausreißer nach unten (zum Glück selten) und oben (leider zu selten). Dabei stechen gerade die Kurzgeschichten positiv hervor, die sich in irgendeiner Art und Weise vom Rest abheben – Lobend möchte ich hier etwa das als Tagebuch verfasste „Das Traumhaus“ von Gloria H. Manderfeld erwähnen. Aber das ist leider eine der Ausnahmen, denn die meisten Kurzgeschichten wirken doch recht ähnlich: Irgendwo fliegt ein Geist herum, meist ist der Seelenfänger nicht weit – Und das dann mit der Extraportion Düsternis ;-) Okay, das war etwas polemisch, aber im Prinzip zeigt „Geisterland“ exemplarisch die Nachteile einer Anthologie, welche in einem zu eng fokussierten Setting angesiedelt ist. Das fällt nicht so auf, wenn man das 306 Seiten starke Taschenbuch für 14,90 € nur ab und zu zur Hand nimmt; aber eben umso mehr, wenn man gleich mehrere der Kurzgeschichten am Stück wegliest. Gerade bei letzterem Leseverhalten fällt zudem auf, dass man als LeserIn gar nicht so viel von den Hintergründen des „Seelenfänger“-Settings erfährt, was das Leseerlebnis in manchen Kurzgeschichten doch ein wenig generisch macht. Hier kann ich mir gut vorstellen, dass man nach der Lektüre des bald kommenden „Seelenfänger“-Settingbandes wesentlich mehr Freude haben wird – Ich wage zu behaupten, dass man hinterher noch 5 % auf die Gesamtwertung draufschlagen kann (was ich natürlich erst genau sagen kann, wenn ich den Settingband gelesen hab). Darum glaube ich auch, dass die Entscheidung nicht optimal war, die Anthologie (so weit) vor dem „Seelenfänger“-Erscheinungstermin zu veröffentlichen, weil sie mir nicht so wirklich als Appetitanreger geeignet erscheint (im Gegensatz zum "Täuscherland"-Hörspiel (Link)), sondern vielmehr als Dessert die „Seelenfänger“-Spielerfahrung abrunden könnte... Apropos Spielerfahrung: Gefallen hat mir, dass zu vier Kurzgeschichten die passenden Kurzabenteuer beigesteuert wurden. Die sind zwar jeweils nur wenige Seiten lang, aber eine erfahrene „Fate Core“-SpielleiterIn braucht ja eh kaum mehr als zwei, drei Aspekte, um eine epische Spielerfahrung zu bieten ;-) Fazit: „Seelenfänger: Geisterland“ (Link) bietet eine durchaus unterhaltsame, aber letztlich etwas varianzarme Kurzgeschichtensammlung rund um das Dark Fantasy-Setting von Jörg Köster. Aus oben genannten Gründen gebe ich eine etwas vorsichtige Vorabwertung von 75 %, nach der Lektüre des „Seelenfänger“-Settingsbands kann ich mir aber durchaus vorstellen, dass hier noch fünf oder mehr Prozent draufgeschlagen werden könnten...
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