Der renommierte „Splitter Verlag“ hat seine LeserInnen ja schon mehrfach in fernöstliche Gefilde geführt, etwa letztes Jahr mit "Samurai Legenden #1 Furiko" (Link) und „Senseï: Die Schule der einsamen Wölfe“ (Link). Diese durchaus guten Comics waren die Auftaktbände längerer Reihen, während das neuste Werk „Schatten der Shinobi“ nun ein abgeschlossener Sammelband ist. Auch dieser enthält wieder alles, was man von so einem Japano-Comic halt erwartet (Schwertkämpfe, Japano-Kultur, Fantasy, Verrat und sehr viel Blut), letztendlich schlägt er sich im Vergleich aber deutlich schwerer als seine verlagsinterne Konkurrenz... Ein erst drohender, im zweiten Teil des Doppelbandes dann ausbrechender Bürgerkrieg zwischen der japanischen Kaiserin Hiroyo und widerspenstigen Daimyō bildet den erzählerischen Rahmen der Geschichte rund um drei Shinobi Atsushi, Hikaru und Noriko. Diese sind halbdämomische Assassinen-Geschwister, welche mittels Kampf, Infiltration und Verführung (bei der sie das Leben des Opfers während des Liebesspiels einfach aussaugen) jeden noch so schweren Auftrag gewissenhaft ausführen. Ihre Erfolge, etwa die Aufklärung und Auslöschung einer mörderischen Verschwörung im ersten Teil dieses Doppelbandes, sprechen sich herum bis zur von abtrünnigen Daimyō bedrängten Kaiserin Hiroyo. Diese setzt nun alles daran dem Geschwister-Trio eine Falle zu stellen und sie gefangen zu nehmen – Denn die Kaiserin und die Shinobi verbindet ein gemeinsames Schicksal, welches die Zukunft des japanischen Kaiserreichs maßgeblich beeinflussen könnte... Die hierzulande beliebten „Splitter Double“-Sammelbände fassen die im fremdsprachigen Original zweiteiligen Miniserien zu einem einzelnen Band zusammen. Oft merkt man ihnen gar nicht groß die ursprüngliche Zweiteilung an (außer dass es in der Mitte meist einen fiesen Cliffhanger bzw. Zwischenhöhepunkt gibt ;-)), da wirkt die Geschichte wie aus einem Guss. Bei „Schatten der Shinobi“ ist es diesmal aber leider nicht so. Hier beschränkt sich der erste Band zum allergrößten Teil (ca. 80 – 90 % der Seiten) auf eine Episode aus dem Arbeitsleben der ProtagonistInnen. Das wirkt fast schon wie eine Art überlanger und unnötig konfus erzählter Prolog, dessen Verbindungen zur eigentlichen Haupthandlung eher rudimentär ist – Vielleicht fünf, maximal aber zehn Seiten aus diesem ersten Band zum zweiten Band hinzugefügt und es wäre ein sehr netter OneShot geworden :-P So aber beginnt der wirklich interessante, wenn auch recht simple Handlung rund um den Bürgerkrieg und das gemeinsame Schicksal von Shinobi und Kaiserin erst zu einem Zeitpunkt, wo man ein echtes Interesse an den Figuren und der Geschichte eigentlich schon lange verloren hat... Die Prota- und AntagonistInnen sind dabei eigentlich prinzipiell interessant, aber unglaublich dürftig charakterisiert. Warum sie tun, was sie tun – gerade auch, nachdem das große Geheimnis der Geschichte aufgelöst wurde – ist nicht immer nachvollziehbar und glaubwürdig. Die Figuren sind einfach kaum mehr als bedeutungslose Worte brabbelnde Statisten, denen kaum Platz eingeräumt wird, um sich zu entfalten und die LeserInnen emotional abzuholen. Das ist umso trauriger, wenn man bedenkt dass dafür mehr als genug Platz vorhanden gewesen wäre – Der aber lieber für den oben erwähnten überlangen Prolog und vor allem aber für zahllose Kampfszenen vergeudet wird... Letztere will ich dabei aber gar nicht kritisieren, sind diese dynamisch gestalteten Hingucker doch der einzige Grund, warum dieser erzählerisch so dermaßen unter seinen Möglichkeiten bleibende Doppelband eine Daseinsberechtigung hat. Die oft farbenfrohen, sehr gefälligen Zeichnungen werden vom „Splitter Verlag“ (welcher mir dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte) in gewohnt guter Druckqualität in einem 112 Seiten starken Hardcover publiziert, sodass man für 22,80 € einen angemessenen Gegenwert erhält. Fazit: Sonst hat der „Splitter Verlag“ mit seinen fernöstlichen Comics ja immer ein glückliches Händchen, doch diesmal war das leider überhaupt nichts :-( „Schatten der Shinobi“ (Link) ist zwar sehr gefällig gezeichnet, bläht sich durch den nahezu unnötigen ersten Teil des Doppelbandes jedoch zu sehr auf und lässt seinen blutrünstigen Figuren keine Gelegenheit, sich charakterlich zu entfalten – Leider die erste große Enttäuschung dieses Comic-Jahres!
Tags