Manchmal lohnt es sich wirklich, einfach mal auf Expertinnen und Experten zu hören. Beispielsweise auf Max, den Presse-Menschen und Rezensionsexemplar-Vergeber vom „Splitter Verlag“. Der hat nämlich damals, als er zu Gast in meinem Podcast (Link) war, die SciFi-Reihe „Phobos“ empfohlen. Und tatsächlich war der Auftaktband (Link) großartig! Aber kann die Comic-Serie das Niveau halten? Eine kleine Rekapitulation der bisherigen Ereignisse muss natürlich sein: In der nahen Zukunft wurde die NASA an die Privatwirtschaft verkauft. Und wie das halt so ist mit der Privatwirtschaft, denkt die sich für maximale Gewinne immer wieder neue Sachen aus. Was läge da also näher als eine von anderen Konzernen werbewirksam gesponserte Mars-Mission, die man mit allerlei TV-Drama würzt? Denn noch ist die menschliche Technologie nicht weit genug, dass man nach einer Mars-Landung wieder zurück zu Erde kommt. Die kreative Lösung: Man schickt sechs männliche und sechs weibliche Freiwillige auf die lange Reise, damit sie sich während dem Raumflug per Speeddating kennenlernen, letztlich heiraten und dann im Alleingang den Mars bevölkern. Genial, oder? Und noch genialer ist es natürlich, dass man das als TV-Show aufzieht, damit die ganze Welt zusehen kann und ordentlich Werbeeinnahmen generiert. Was soll da schon schiefgehen? Schon der Titel des Auftaktbandes verriet jedoch, dass die Mars-Besiedlung zum Scheitern verurteilt ist. Das weiß aber nur ein ganz kleiner Kreis an Verantwortlichen – Und das Wissen darum führt leider schnell mal zu einem ungeplanten Ableben ;-) Denn Serena McBee, die als Moderatorin, Regisseurin und Firmenvorsitzende alle Fäden der TV-Sendung in der Hand hält, will den baldigen Fehlschlag nutzen, um auf einer Welle des Mitgefühls direkt in das Amt der US-Vizepräsidentin hineinzuschlittern... Doch trotz aller mörderischen Vorsichtsmaßnahmen kann sie doch nicht verhindern, dass die französische Dating-Kandidatin Leonor kurz vor ihrem Abflug ein Handy mit den alles entscheidenden Informationen zugesteckt bekommt, und dass der Sohn eines Mordopfers anfängt Fragen zu stellen. Aber das Entlarven des tödlichen Raumfahrtprojekts wird in diesem ersten, erneut 80 Seiten starken Fortsetzungsband eher zur Nebensache, wenn man mal vom Cliffhanger-Finale absieht. Denn noch viel mehr als im ersten Band geht es um die Irrungen & Wirrungen der Realityshow, denn Leonor und ihre fünf Konkurrentinnen wetteifern, trotz aller weiblicher Solidarität, natürlich um die hübschesten Jungs und damit um die besten Gene für ihre zukünftigen Kinder. Dabei sticht die Protagonistin eher unrühmlich hervor, da sie sich mit ihrem kühlen Verhalten und ihren rationalen Entscheidungen so gar nicht für das emotionale Trash-TV eignet. Selbst die Comic-Lesenden werden hier fast schon ein wenig genervt von ihr sein, besonders da ihre „Gefühle“ zu letztlich zwei Kandidaten eher Behauptungen bleiben und da ihr großes Geheimnis einfach lachhaft ist. Also wirklich lachhaft, wenn man es ins Verhältnis setzt zu den emotionalen und mitunter auch körperlichen Päckchen, welche die anderen elf KandidatInnen mit sich herumtragen. Hier schwächelt Leonors Charakterzeichnung stark, denn ein eigentlich so rationaler Mensch würde wegen einem Feuermal (oder ist es ein riesiges Muttermal? Egal, eigentlich sieht das Ding in Drachenform ziemlich cool aus...) nicht solch einen Aufriss machen. Andererseits ist dieser SciFi-Comic, bei all seinen antikapitalistischen & dystopischen Themen, doch auch eine Satire auf das Konzept von Trash-Datingshows, sodass bestimmte, für mich als eher übertrieben wirkende Verhaltensweisen der KandidatInnen (beispielsweise auch eine Blitz-Verlobung nach gefühlt zwei oder drei 6-Minuten-Dates und das publikumswirksame Einritzen des Namens der Angebeteten mit einem Messer in die Haut, natürlich auf Herzhöhe) wohl als bewusstes Stilmittel der Übertreibung anzusehen ist. Fazit: „Phobos #2 Die Spielregel“ (Link) kann nicht ganz an das Niveau des Auftaktbandes anknüpfen, dafür nervt mich das (Anti-)Datingshow-Verhalten der Protagonistin Leonor mittlerweile zu sehr. Da die anderen Handlungsstränge um die Aufdeckung des geplanten Fehlschlages aber Potential haben, die Zeichnungen weiterhin gefallen und das Cliffhanger-Finale verspricht, dass nicht mehr gedatet wird, können Fans des Auftaktbandes hier weiterhin bedenkenlos zugreifen.
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