Der Trend zu Detektiv- & Escape-Gesellschaftsspielen hält ja schon seit ein paar Jahren an, gerade jetzt kurz vor Weihnachten hat man das zweifelsohne noch einmal in aller Deutlichkeit gemerkt; man denke nur an die zahllosen Detektiv-Adventskalender, die wie Pilze aus dem Boden schossen ;-) Natürlich ist da nicht alles Gold was glänzt, aber das Erstlingswerk (Link) des noch jungen Stuttgarter Verlags „Magnificum“ gefiel mir Anfang des Jahres ausnehmend gut. Und nachdem sozusagen das Krimi-Jahr gut begann, wird es da auch gut enden? Vielleicht, denn nun gibt es mit „Das Bankett“ zum Jahresabschluss den nächsten Kriminalfall, der sogar gleich mit einer Erweiterung daherkommt. Na mal schauen, ob meine hohen Erwartungen erfüllt werden... 

 

 

50 Jahre sind eine enorm lange Zeit, gerade wenn es eine Ehe in unserer schnelllebigen Zeit über diese lange Distanz schafft, deshalb kann man das auch mal ordentlich feiern. Besonders, wenn man in Adelskreisen einen Ruf zu verlieren hat. Deshalb kommen die adeligen Stars & Sternchen der Regenbogenpresse an einem verregneten Samstag zusammen, um im Schlosshotel Greiffenroda die Goldene Hochzeit der gräflichen Eheleute von Donnerswarth zu feiern. Und weil man da natürlich ordentlich ranklotzt, anstatt nur zu kleckern, wird auch stolz mit dem Ramanpur-Diamant geprotzt. Und um eben dieses aus dem Tresor verschwundene Geschenk dreht es sich in diesem Kriminalfall, bei dem sich die bis zu sechs SpielerInnen durch allerlei Dokumente, Tondateien und Webseiten wühlen müssen... Das Besondere an diesem Diebstahl ist, dass es kein klassischer Einbruch war. Die Spuren sind eindeutig, hier hat jemand aus dem engsten Familien- oder Freundeskreis den Tresor-Code gekannt und in einem unbeobachteten Moment das wertvolle Stück eingesackt. Aber wer war es? Und wie konnte man unerkannt in das Zimmer schleichen? Das sind zwei der vier Fragen, die man in diesem Kriminalfall beantworten muss. Und dies ist theoretisch gar nicht so schwer (auch wenn wir beim Testspiel kurz vor Schluss noch falsch abgebogen sind ;-)), wenn man sich durch zahlreichen Hinweise und Zeugenaussagen wühlt. Denn auch „Das Bankett #1 Der Raub des Diamanten von Ramanpur“ ist spielmechanisch wieder zu 100 % auf die Deduktion mittels Indizien ausgelegt – Es gibt keine kryptischen Rätsel oder andere Spielereien, hier liegen von Anfang an alle Fakten (z.B. in Form von Audio-Zeugenaussagen und insgesamt 34 Dokumenten wie etwa Gebäude- & Landkarten, Polaroidfotos und natürlich wieder dem ausgedruckten Internet :-P) auf dem Tisch. Im Prinzip muss man sie nur noch alle durcharbeiten und alle darin enthaltenen Informationen miteinander vergleichen, schon hat man den Diebstahl aufgeklärt... Das ist natürlich eine ganz spezielle Art des Detektivspiels, bei dem man es mögen muss, dass man eben nicht stückchenweise von Rätsel zu Rätsel geführt wird. Stattdessen wird man quasi am Anfang von der Masse an Informationen erschlagen. Aber meine Testgruppe mag das und ich mag das auch – Besonders mag ich das, weil diese ganzen Informationen qualitativ äußerst hochwertig präsentiert werden, inklusive liebevoller Details: Beispielsweise haben die Audio-Zeugenaussagen fast schon Hörspielqualität und die verschiedenen Dokumente sind auf passende Papiersorten gedruckt.

 

  

Also wirklich prima, hier hat man wirklich einen ganzen Nachmittag viel Spaß (laut Verlag, der mir übrigens dankenswerterweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung stellte, ungefähr 2 – 4 Stunden lang; bei unser Testgruppe traditionell eher am unteren Ende). Interessant ist dabei, dass einige Fragen ganz bewusst offen bleiben, da sie erst in der Erweiterung „Das Bankett #2 Der Fluch des Diamanten von Ramanpur“ aufgelöst werden sollen. Auf die bin ich schon sehr gespannt, eine Rezension wird bald folgen, aber man muss damit auch umgekehrt eingestehen, dass es eine ganze Menge "roter Heringe" gibt, also Ablenkungsmanöver beziehungsweise (noch) falsche Spuren. Das muss man mögen. 

Fazit: Die Jungs vom „Magnificum“-Verlag haben es erneut geschafft: „Das Bankett #1 Der Raub des Diamanten von Ramanpur“ (Link) ist ein sehr interessanter und äußerst liebevoll ausgestatteter Kriminalfall, der in seinem Detektivspiel-Untergenre „Deduktionskrimi mit Online-Komponente“ zweifelsohne zu den qualitativen Leuchttürmen gehört.